Mutanten und Masken quer durch Deutschland
23. Februar 2021Bund und Länder wollen Mitte kommender Woche über ein gemeinsames Öffnungskonzept entscheiden, das den Bürgern Erleichterungen bringen soll. Bis dahin droht allerdings der Wildwuchs bei den Corona-Maßnahmen Blüten zu treiben. Während einige Politiker einen konkreten Stufenplan zum Ausstieg aus den Corona-Maßnahmen fordern und mit entsprechenden Ideen vorpreschen, verschärft Hamburg schon wieder seine Maskenpflicht.
Angesichts steigender Corona-Infektionszahlen und dem vermehrten Auftreten von Virus-Mutanten müsse davon ausgegangen werden, dass ab dem Wochenende an allen Orten der Stadt Hamburg Masken getragen werden müssen, an denen Abstände nicht eingehalten werden können, sagte Senatssprecher Marcel Schweitzer. Das habe der Senat beschlossen. Dies gelte insbesondere für stark besuchte Orte wie Stadtpark, Jungfernstieg oder Landungsbrücken. Lockerungen - wie eine vielfach geforderte vorzeitige Öffnung der Blumenläden und Gartencenter - habe der rot-grüne Senat nicht beschlossen. "Das können wir nicht verantworten." Schweitzer kündigte auch Schwerpunktkontrollen der Polizei an.
Anders sieht es in Bayern aus. Der Freistaat erlaubt ab Anfang März wieder körpernahe Dienstleistungen. Für die Anbieter von Fußpflege, Maniküre oder Gesichtspflege gälten ab dann die gleichen Regelungen wie für Friseure, sagte Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU). Im Handel dürfen Gartenmärkte, Blumenläden, Gärtnereien, Baumschulen und Baumärkte wieder Kunden empfangen. Zudem dürfen Musikschulen wieder Einzelunterricht anbieten in den Regionen, in denen die Inzidenz unter 100 liege.
Zugleich räumte Herrmann ein, dass sich die Corona-Mutanten immer weiter ausbreiten. In der siebten Kalenderwoche seien bei 151 von 365 untersuchten Corona-Proben Veränderungen auf dem Spike-Protein festgestellt worden. Das entspreche einem Anteil von 41,4 Prozent. "Nüchtern gesprochen haben wir es mit einer zweiten Epidemie zu tun", sagte Herrmann nach einer Kabinettssitzung.
Hotelöffnungen für Gäste mit negativem Corona-Test?
Und auch Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger äußerte sich nach der Kabinettsitzung in München. Ab Ostern sollen Hotels und Gaststätten nach seiner Ansicht wieder Gäste mit einem negativen Corona-Test beherbergen dürfen. "Hier muss Richtung Ostern eine Perspektive kommen", sagte der Freie-Wähler-Chef. Auf Nachfrage erklärte Aiwanger, dass eine geordnete Öffnung der Außengastronomie "in Richtung Ostern" zudem ein "strategischer Schachzug" sei. So könnten die Bedürfnisse der Menschen nach mehr Aufenthalten an der frischen Luft bei frühlingshaftem Wetter "in geordneter Form" befriedigt werden.
Rheinland-Pfalz erlaubt "Termin-Shopping" bei Brautkleidern
In Rheinland-Pfalz soll Einkaufen im Bekleidungsgeschäft ab 1. März nach Terminvereinbarung wieder möglich sein. Nach vorheriger Vereinbarung könnten Einzeltermine vergeben werden und immer nur ein Hausstand das Geschäft betreten, teilte Ministerpräsidentin Malu Dreyer mit. "Das ist zum Beispiel für Bekleidungsgeschäfte und Brautmodenläden eine Perspektive." Bei den Einzelterminen gelte die Maskenpflicht und die Pflicht zur Kontakterfassung.
Wie in einigen anderen Bundesländern auch, dürfen in Rheinland-Pfalz Gartencenter und Baumärkte im Freien ab Montag wieder öffnen. Außenbereiche der Baumärkte dürfen nur "gartencentertypisches Sortiment" verkaufen.
Insgesamt ist die Sorge vor der Ausbreitung besonders ansteckender Coronavirus-Varianten in Deutschland groß, auch wenn die Mutanten längst in Deutschland angekommen sind. Daher werden die von der EU kritisierten Grenzkontrollen an den Übergängen zu Tschechien und dem österreichischen Bundesland Tirol bis zum 3. März verlängert. Die beiden genannten Gebiete waren von der Bundesregierung zu sogenannten Virusvariantengebieten erklärt worden.
Laschet hofft auf Sieg über Corona bis Februar 2022
Der neue CDU-Vorsitzende, Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet, denkt inzwischen in deutlich längeren Zeitszenarien und äußerte die Hoffnung auf ein Ende der Corona-Pandemie und ihrer Auswirkungen in spätestens einem Jahr. Er hoffe, "dass wir so viele Impfungen haben, dass wir wieder im normalen Leben sind und vielleicht auch wieder Karneval feiern", sagte Laschet in Düsseldorf. Und er machte auch deutlich, dass die Ministerpräsidenten der Länder bei ihren Beratungen mit Kanzlerin Angela Merkel in der kommenden Woche Perspektiven für eine weitere Lockerung des Lockdowns aufzeigen werden. "Dass eine Perspektive erkennbar ist, wo wird es hingehen, damit rechne ich bei dieser Ministerpräsidentenkonferenz", sagt Laschet. "Für Öffnungen müssten auch mehr Faktoren als Inzidenzen eine Rolle spielen."
Das Robert-Koch-Institut (RKI) hat an diesem Dienstag 3883 neue Positiv-Tests auf den Erreger SARS-CoV-2 gemeldet. Das sind knapp 30 Fälle mehr als vor einer Woche. Die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz sinkt leicht auf 60,5 von zuletzt 61,0. Ziel von Bund und Ländern ist ein Wert von 50, um das Gesundheitssystem zu entlasten. Ab einem dauerhaften Wert von unter 35 haben sie weitere Lockdown-Öffnungen in Aussicht gestellt.
qu/ehl (dpa, rtr, afp)