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Menschen und Rechte

Ulrike Mast-Kirschning 25. Dezember 2007

Terrorismus und Gewalt, Armut und Menschenhandel, Folter und Diskriminierung - die Würde der Menschen war auch im zurückliegenden Jahr 2007 in großen Teilen der Welt antastbar. Ein Rückblick.

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Guantanamo-HäftlingBild: AP

Zuletzt war da zum Beispiel Pakistan. "Es war dunkel, wir waren in Einzelhaft. Niemand durfte mit uns reden. Sie haben uns noch nicht einmal erlaubt, zur Toilette zu gehen", so schildert Rechtsanwalt Ramazn Chaudry seine Verhaftung. Er ist einer von vielen Juristen, Journalisten und Oppositionellen, die im Rahmen des von Pervez Musharraf verhängten Ausnahmenzustandes festgenommen wurden. "Die Maßnahmen, die angeblich zum Schutz Pakistans ergriffen wurden, sind tatsächlich dazu da, grundlegende Menschenrechte auszuhöhlen", urteilt die Vorsitzende der deutschen Sektion von Amnesty International, Barbara Lochbihler.

Berliner Demonstration für Menschenrechte in China
Berliner Demonstration für Menschenrechte in ChinaBild: AP

Auch im Nachbarland Afghanistan ist die Lage der Menschenrechte nach wie vor schlecht. Im Herbst wurden neue Fälle von Folter in afghanischen Gefängnissen sowie von verschwundenen Personen bekannt. Die Menschenrechtsorganisation amnesty international wirft der Internationalen Schutztruppe ISAF vor, sich zum Komplizen von Folter und Misshandlung zu machen, weil sie Festgenommene an afghanische Behörden übergebe.

Der zentrale Schandfleck

In Sachen Antiterrorkampf war die Politik in Deutschland, in Europa und in den USA weiterhin mit einem zentralen Schandfleck beschäftigt: Guantanamo und die geheimen CIA-Flüge, mit denen Festgenommene in Länder und Gefängnisse transportiert wurden, in denen man es mit dem Folterverbot nicht so genau nimmt. Das hatte Folgen in der Menschenrechtsdebatte vieler Länder, erklärt Experte Wolfgang Heinz, Mitarbeiter beim Deutschen Institut für Menschenrecht in Berlin: "Nach 2001 haben auch fundamentale Menschenrechte, wie das Folterverbot, an Bedeutung verloren angesichts der überall verkündeten Notwendigkeit, gegen Terrorismus vorzugehen."

Schätzungsweise 305 Gefangene sind immer noch in Guantanamo inhaftiert, trotz zahlreicher Appelle von Menschenrechtlern und Politikern, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel, das Lager zu schließen. Einige Häftlinge will die US-Regierung vor den umstrittenen Militärtribunalen anhören. Seit Anfang Dezember befasst sich jedoch der Oberste Gerichtshof der USA erneut mit den Rechten der Häftlinge. Michael Ratner, Chef des Centers for Constitutional Rights, das sich seit Einrichtung des Lagers im Jahr 2002 um die juristische Vertretung der Häftlinge kümmert: "Da stehen wir nun, sechs Jahre später, ohne dass auch nur einer der Gefangenen je eine faire Anhörung bekommen hätte. Ich komme mir vor wie Sisyphos in der griechischen Sage, der den Stein auf einen Hügel wälzen muss, der immer wieder herunterrollt."

Deutschland Bundestag Untersuchungsausschuß Murat Kurnaz
Murat KurnazBild: AP

Schon zweimal haben die obersten US-Richter die Regierung Bush zurückgepfiffen und geurteilt, dass auch Terrorverdächtige durch die amerikanische Verfassung geschützt sind. In den kommenden Monaten soll der Supreme Court nun die Frage beantworten, ob die Guantanamo-Häftlinge zivile Gerichte anrufen dürfen.

Welche Methoden?

Viereinhalb Jahre saß Murat Kurnaz aus Bremen in Guantanamo ein. Der Bundesregierung wird vorgeworfen, nicht genügend für dessen Freilassung getan zu haben. Sein Fall wird jetzt in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss über den Bundesnachrichtendienst behandelt. Ein weiterer Ausschuss befasst sich mit den CIA-Gefangenenflügen und der vermuteten, aber bislang von der deutschen Bundesregierung bestrittenen Zusammenarbeit zwischen deutschen und amerikanischen Behörden. Menschenrechtsexperte Heinz erwartet, dass es als Folge im zu einer Verbesserung der Kontrolle von Nachrichtendiensten kommen wird. "Offensichtlich gibt es Diskussionen zwischen europäischen Ländern und den USA darüber, welche Methoden bei der Bekämpfung des Terrorismus nicht akzeptabel sind", sagt Heinz.

Die klare Ablehnung von Folter durch praktisch alle europäischen Staaten, die klare Ablehnung von übergesetzlichen oder außergesetzlichen Überstellungen von Gefangenen, diese Wende in der Folge der Terroranschläge seit dem 11. September 2001 können nationale und internationalen Menschenrechtsorganisationen durchaus als Erfolg verbuchen.

Erfreuliche Entwicklungen

Auf UN-Ebene gab es zumindest zwei erfreuliche Entwicklungen: Der Ausschuss für soziale, humanitäre und kulturelle Fragen der UN-Vollversammlung verabschiedete am 15. November eine Resolution für eine weltweite Abschaffung der Todesstrafe. Außerdem: Im Rahmen einer feierlichen Zeremonie wurde das Internationale Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen am 6. Februar 2007 in Paris von 57 Staaten unterzeichnet. Die große Zustimmung zu dieser neuen Menschenrechts-Konvention lässt darauf hoffen, dass bald alle UN-Mitgliedsländer zu den Unterzeichnern gehören werden.

Amnesty International zu Todesstrafe Irene Khan
Irene KhanBild: AP

Die Lage der Menschenrechte bleibt aber in vielen Ländern prekär - in Birma etwa, wo im November ein Aufstand der Bevölkerung brutal beendet wurde. In Russland, wo die Meinungsfreiheit und das Recht auf freie Wahlen auf der Strecke bleiben. In Afrika, wo Potentaten und Korruption die Entwicklung behindern. Oder in China, wo die Menschenrechte ein halbes Jahr vor den Olympischen Spielen noch weit von völkerrechtlich verbindlich geltenden Regeln entfernt sind. Viele Baustellen, an denen der 2007 neu konstituierte Menschenrechtsrat gefordert ist.

Geist gegen Angst

Es sei dem Menschenrechtsrat aber schon gelungen, eine Struktur festzulegen, die Hoffnung macht, sagt der Menschenrechtsexperte Heinz. Die EU habe dabei eine sehr konstruktive Rolle gespielt. Ob aber allein die Aktivitäten des Menschenrechtsrates der Würde und den Rechten der Menschen wieder mehr Geltung verschaffen können?

"Die Aushöhlung von Menschenrechten kann nur aufgehalten werden durch einen stärkeren Geist von globaler Solidarität, durch die Beendigung einer Politik der Angst, ein Empfinden dafür, dass Menschenrechte einen wirklichen Wert haben, dass die zersplitterte Welt wieder zusammengefügt werden kann durch die Universalität und Individualität der Menschenrechte", forderte Irene Khan, Generalsekretärin von Amnesty International in London

Eine große Aufgabe für das kommende 60. Jahr der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.