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Aufsteiger Darmstadt 98

Thomas Klein7. August 2015

Die Geschichte des SV Darmstadt 98 grenzt an ein Märchen. Innerhalb von nur drei Jahren marschiert der Verein von Liga drei in die Bundesliga. Auf Bayern München und Co. dürfte eine echte Herausforderung warten.

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Deutschland SV Darmstadt - Fans
Bild: picture-alliance/dpa/R. Holschneider

Als der neue Spielplan für die anstehende Bundesliga-Saison rauskam, dürften viele Darmstädter immer noch ungläubig geschaut und sich gleich mehrmals gekniffen haben. Darmstadt 98 in der Bundesliga? Das hätte vor drei Jahren wohl niemand für möglich gehalten. Denn 2012 waren die Gesichter lang und die Trauer groß. Der damalige Drittligist war am letzten Spieltag sportlich bereits abgestiegen. Doch durch die Insolvenz von Kickers Offenbach hielten die "Lilien" damals die Klasse und schafften im folgenden Jahr sogar den überraschenden Aufstieg in die 2. Liga.

Mit Dirk Schuster auf der Trainerbank starteten die 98er als Abstiegskandidat Nummer eins in die neue Saison. Doch anders als gedacht, spielte der Club von Beginn an um die oberen Plätze mit. Mit vielen überzeugenden Auftritten und unbändigem Einsatz aller Vereinsmitglieder gelang Darmstadt im Mai dieses Jahres dann tatsächlich das Fußballwunder - der Aufstieg in die Bundesliga. "Jeder von uns ist in der letzten Runde für den anderen gelaufen, gerannt, gestorben. Und genau das müssen wir wieder machen: Eklig sein und dazwischenhauen", fordert Stürmer Dominik Stroh-Engel.

"Mentalität schlägt Qualität"

Die dem Aufstieg folgende endlos scheinende Party ist mittlerweile zu Ende und die Planungen für die erste Bundesliga-Saison seit 34 Jahren sind fast abgeschlossen. Besonders am Kader musste und muss Trainer Schuster basteln, denn die meisten der Spieler haben keinerlei Erstliga-Erfahrung. Für die Verantwortlichen ist die Suche nach geeigneten Profis daher eine große Herausforderung. Bislang hat der Coach wegen des geringen Etats vor allem auf Spieler gebaut, die bei anderen Vereinen gescheitert oder ausgemustert waren. Dabei war es ihm besonders wichtig, dass die Chemie im Team stimmte. "Mentalität schlägt Qualität" lautete sein Credo. Nun Spieler zu finden, die finanzierbar und charakterlich einwandfrei sind und zugleich den deutlich höheren Anforderungen der Bundesliga genügen, gestaltet sich deutlich schwieriger.

Deutschland SV Darmstadt - Trainer Dirk Schuster
Dirk Schuster hat in Darmstadt vieles bewirkt und will jetzt das nächste "Wunder", den Klassenerhalt, schaffenBild: picture-alliance/dpa/D. Naupold

"Wenn man besser sein will als andere, dann muss man weitermachen, wenn andere aufhören", sagt Präsident Rüdiger Fritsch. Neuzugänge wie Jan Rosenthal von Eintracht Frankfurt, Konstantin Rausch vom VfB Stuttgart und Peter Niemeyer von Hertha BSC bringen einige Bundesliga-Erfahrung mit und erhöhen die Qualität im Kader deutlich. "Wir werden unsere Darmstädter Tugenden in die Waagschale werfen - und da müssen die Gegner erst mal dagegenhalten, wenn sie gegen uns punkten wollen." Mindestens die Relegation soll am Ende herausspringen. "Wir können nicht scheitern", sagt Fritsch. "Wenn man gerade erst eines der größten Märchen der Fußballgeschichte geschrieben hat, kann das unmöglich ein Misserfolg sein. Wir haben nichts zu verlieren."

Arena ist marode und unrentabel

Neben der Unbekümmertheit könnte den Darmstädtern auch das Stadion helfen. Das "Böllenfalltor" zeichnet sich nicht durch moderne Kabinen, teure Businessseats oder luxuriöse Logen aus, sondern lässt die Herzen der Fußballromantiker höher schlagen. Im Grunde hat sich der "Sportplatz" seit über dreißig Jahren kaum oder gar nicht verändert. Wer den "Charme" des Fußballs sucht, wird ihn hier finden. Doch bei aller Begeisterung der Fußballtraditionalisten - die Arena ist marode und unrentabel. Es soll zwar laut Oberbürgermeister Jochen Partsch eine neue Spielstätte gebaut werden, doch vor 2018 wird die nicht fertig sein. Zunächst können die "Lilien" aber weiter im alten Stadion spielen. Die Auflagen der Deutschen Fußball Liga (DFL) für die kommende Saison wurden erfüllt.

Deutschland SV Darmstadt - Gästekabine
Auf diese Kabinen dürfen sich die hochbezahlten Profis von Bayern München und Co. freuenBild: picture-alliance/dpa/A. Hirtz

"Haben Mammutaufgabe vor uns"

Dennoch werden auf den Club neue Aufgaben und Strukturen zukommen, wenn erst einmal der FC Bayern, Borussia Dortmund oder Schalke 04 vor der Tür stehen. "Die Herausforderung ist es, das Kleine, Familiäre dabei aufrechtzuerhalten. Unser neues Leitbild "Aus Tradition anders" verpflichtet uns da. Man muss nicht jedem ausgetrampelten Pfad nachgehen", betont Fritsch. Die Darmstädter wissen das zu schätzen. Die Euphorie in der Stadt wenige Tage vor Saisonstart ist spürbar und soll möglichst lange anhalten. Auch nach mehreren Niederlagen hintereinander befürchtet der Präsident nicht, dass die Stimmung kippen könnte. "Unsere Fans wissen, wo wir herkommen. Wer sich zweieinhalb Stunden auf die Gegengerade, in die Nord- oder Südkurve stellt, der hat wirklich Interesse am Fußball. Und diese Menschen wissen, dass wir eine Mammutaufgabe vor uns haben und werden uns bis zum Ende unterstützten."