Das schwere Erbe der Diktatur
12. September 2013"Unsere Generation hat kein Recht, unseren Kindern und Enkelkindern denselben Hass und dieselben Streitigkeiten weiterzugeben, die soviel Schmerz verursacht haben", sagte Präsident Sebastián Piñera zum 40. Jahrestag des Staatsstreichs gegen den Sozialisten Salvador Allende. Ziel müsse die Versöhnung sein, so Piñera nach einer Messe im Regierungspalast. Es sei an der Zeit, das Trauma der Vergangenheit zu überwinden.
Die Suche nach der Wahrheit muss weitergehen
Die Oppositionsführer des Landes, die unter anderem eine bessere Aufklärung der früheren Geschehnisse fordern, blieben den offiziellen Gedenkfeiern fern. Die Tochter des 1973 gestürzten Präsidenten, Isabel Allende, erklärte bei einer Ehrung ihres Vaters, sie glaube nicht an "erzwungene Versöhnungen". Hindernis für eine Vergebung sei, dass die Wahrheit noch immer nicht bekannt sei. "Es gibt Angehörige, die immer noch nicht die Überreste von Vermissten finden konnten", sagte Allende.
Mehrere tausend Menschen zogen am Salvador-Allende-Denkmal vorbei, wo sie Blumen niederlegten. Allerdings blieben die Gedenkveranstaltungen nicht durchgängig friedlich: Bei Demonstrationen in der Hauptstadt Santiago de Chile wurden nach Polizeiangaben fast 70 Menschen festgenommen.
Nach dem Putsch gegen Allende am 11. September 1973 begannen unter der Führung von General Augusto Pinochet 17 Jahre grausame Diktatur in Chile. In der Zeit wurden bis zu 38.000 Menschen gefoltert oder getötet. Allende selbst wurde wenige Stunden nach dem Putsch tot in seinem Amtsitz La Moneda aufgefunden. Der Sozialist hatte Selbstmord begangen. Er wollte damit offensichtlich seiner Erschießung durch die Schergen der Militärjunta zuvorkommen.
Die Nation ist tief gespalten
Chile gilt auch 40 Jahre nach dem Militärputsch als gespalten. Die einen wollen die Vergangenheit ruhen lassen, andere fordern, die Verbrechen der Pinochet-Diktatur müssten aufgearbeitet werden. Die Spaltung zeigt sich auch im Vorfeld der Präsidentschaftswahl, die in zwei Monaten ansteht.
Die Väter der beiden Kandidatinnen Michelle Bachelet und Evelyn Matthei waren befreundete Luftwaffengeneräle. Bachelets Vater widersetzte sich dem Putsch, wurde gefoltert und verschleppt. Der Vater von Evelyn Matthei hingegen war Mitglied der Militärjunta und unterstützte Pinochet. Präsidentschaftskandidatin Evelyn Matthei lehnt es ab, sich deshalb für ihren Vater zu entschuldigen. Michelle Bachelet dagegen thematisiert den Putsch und die Diktatur im Wahlkampf.
haz/sc (dpa, ap, ARD)