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Wahlen unter Beobachtung

12. Dezember 2010

Mehr als 1,6 Millionen Kosovaren haben ein neues Parlament gewählt - streng beobachtet von der EU. Als Favorit galt die Demokratische Partei des Ministerpräsidenten Thaci.

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Ein Mann geht an Wahlplakaten an einer Wand im Kosovo vorbei (Foto: AP)
Manipulationen werden befürchtetBild: AP
Wahlzettelkästen hinter Gittern (Foto: AP)
Hoffen auf eine hohe Wahlbeteiligung im KosovoBild: AP

Die Wahlen waren ein wichtiger Test für die junge Demokratie im Kosovo. Die Europäische Union, das Europaparlament und andere europäische Institutionen wollten ganz genau beobachten, ob es am Sonntag (12.12.2010) Manipulationen und Wahlfälschungen wie in der Vergangenheit gab. "Es sind die ersten Parlamentswahlen seit der Unabhängigkeit des Kosovo", sagt die Berichterstatterin des Europäischen Parlaments für das Kosovo, Ulrike Lunacek, im Vorfeld.

Das Wichtigste sei, eine Regierung zu bekommen, "die sich tatsächlich stärker aufstellt und sagt: 'Wir gehen das an, was auch in dem Fortschrittbericht der EU kritisiert wird'", so Lunacek weiter. Damit meinte sie vor allem die Korruption in der öffentlichen Auftragsvergabe, wo klare Richtlinien und mehr Transparenz bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen gefordert werden. "Dafür braucht man eine starke Opposition."

Wahlfälschungen nicht ausgeschlossen

Kosovaren auf einer Wahlveranstaltung (Foto: AP)
Viele Parteien buhlen um die Gunst der WählerBild: AP

Die größten Herausforderungen für die Wahlen waren Lunacek zufolge, eine hohe Wahlbeteiligung zu erreichen und Wahlfälschungen zu verhindern. Die europäischen Institutionen, die kosovarischen politischen Parteien sowie viele Nicht-Regierungsorganisationen hatten mehr als 32.000 Beobachter entsendet.

Der Übergangspräsident Kosovos, Jakup Krasniqi, zeigte sich schon im Vorfeld der Wahlen überzeugt, dass es keine Wahlfälschungen geben werde. "Es stimmt, dass es viele akkreditierte Beobachter von politischen Partien geben wird. Sie möchten sicherstellen, dass die Stimmen der Bürger auch dahin gehen, wohin sie es möchten. Das ist positiv, weil sich nach den Wahlen keine der politischen Parteien beschwerden kann."

Außenansicht vom Sitz der Regierung in Belgrad (Foto: DW)
Belgrad interveniert erneutBild: DW

Für die 120 Sitze im kosovarischen Parlament kandidierten 29 politische Parteien und Wahlbündnisse, davon acht serbische. Im Kosovo gibt es eine sogenannte positive Diskriminierung, wonach die Minderheiten schon vor den Wahlen mindestens 20 garantierte Plätze im Parlament haben. Zehn davon gehören der serbischen Minderheit und zehn den übrigen Minderheiten.

Serben sind zum Boykott aufgerufen

Die Regierung in Belgrad hatte auch dieses Mal die Serben im Kosovo zu einem Boykott der Wahlen aufgerufen. Serbien lehnt die Unabhängigkeitserklärung der selbsternannten Entität Kosovo ab. "Die internationale Gemeinschaft hat nichts getan, um die Rahmenbedingungen für die Abhaltung von Wahlen zu schaffen", erklärte der serbische Minister für den Kosovo, Goran Bogdanovic. "Die Wahlen sind nicht von der OSZE, UNMIK oder EULEX organisiert, sondern vom sogenannten Kosovo-Parlament, das Serbien und eine große Mehrheit der Serben nicht anerkennen", sagte Bogdanovic.

Dennoch wollten laut Umfragen mehr Serben als in der Vergangenheit zur Wahlurne gehen. Bogdanovic betonte, dass Belgrad keine Sanktionen gegen diese Leute verhängen würde. Die kosovarische Regierung und die internationale Gemeinschaft plädierten für eine rege Wahlbeteiligung. "Seitens der Europäischen Union und des EU-Parlaments gab es ganz klar die Aufforderung und den Wunsch auch an die Serben: Bitte geht wählen! Es ist Euer Land, es wird auch Euer Parlament gewählt. Ihr habt acht serbische Parteien, die antreten werden. Geht wählen, nehmt Euer Schicksal in eigene Hand", sagte EU-Wahlbeobachterin Lunacek.

Aufruf zur Stimmabgabe

Profilaufnahmen im kosovarischen Parlament von Ministerpräsident Hashim Thaci (Foto: dpa)
Neuer, alter Premier? Hashim ThaciBild: dpa

Dieser Appell galt nicht nur den Minderheiten, sondern auch den Albanern, die im Kosovo mehr als 90 Prozent der Bevölkerung stellen. Vor drei Jahren hatten nur etwas mehr als 40 Prozent ihre Stimme abgegeben. Nach dem Enthusiasmus und der Euphorie nach der Befreiung des Kosovo von den serbischen Truppen 1999 ist die Mehrheit der Kosovaren enttäuscht. Das jüngste Land der Welt hat die höchste Arbeitslosenquote Europas, Korruption und Kriminalität sind verbreitet und die Hoffnung auf eine schnelle Besserung gering. Ein Albaner sagte resigniert: "Die Regierung hat nicht umgesetzt, was sie versprochen hat. Sie haben uns 24 Stunden Strom pro Tag versprochen, und wir haben keinen Strom. Sie haben versprochen, die Löhne zu erhöhen, und das ist nicht passiert. Jetzt machen sie die gleichen Versprechungen, aber man kann niemandem mehr trauen. Wir wissen nicht mehr, wem wir unsere Stimme geben sollen."

Umfragen zufolge hat die Demokratische Partei des aktuellen Ministerpräsidenten Hashim Thaci die besten Chancen, diese Wahlen zu gewinnen. Ihr bisheriger Koalitionspartner, die Demokratische Liga des Kosovo, wird einiges an Stimmen einbüßen müssen. Dennoch bleibt sie die zweitgrößte politische Kraft im Kosovo. Der größte Gewinner dieser Wahlen wird laut Meinungsforschern die extremistische Bewegung "Vetvendosja" sein, die sich für die Vereinigung von Kosovo und Albanien einsetzt. Die Analysten schließen jedoch Überraschungen nicht aus - mit der Begründung, dass alle Umfragen von den politischen Parteien bestellt worden sind.

Autor: Bahri Cani

Redaktion: Mirjana Dikic/ Julia Kuckelkorn