Fast 100.000 Asylentscheidungen auf Prüfstand
31. Mai 2017Wie Bundesinnenminister Thomas de Maizière in Berlin mitteilte, soll die sogenannte Widerrufsprüfung in allen Fällen von Männern im Alter von 18 bis etwa 40 Jahren aus den zehn maßgeblichen Herkunftsländern Asylsuchender vorgezogen werden. Diese Prüfungen sind nach dem Gesetz nach drei Jahren vorgesehen.
"Fall Franco A. eine krasse Fehlentscheidung"
Mit dem Vorziehen der Prüfungen wären auch all jene einbezogen, die im Zuge der Fluchtbewegung ab dem Spätsommer 2015 nach Deutschland kamen und deren Verfahren teilweise schriftlich abgewickelt wurden, weil das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in dieser Zeit stark belastet war. Nach Angaben von Amtsleiterin Jutta Cordt betreffen die Nachprüfungen 80.000 bis 100.000 Fälle. Mit den Widerrufsprüfungen soll im Sommer begonnen werden, wenn das Amt voraussichtlich den immer noch bestehenden Stau der Anträge ab 2015 abgebaut hat.
De Maizière betonte erneut, die Entscheidung im Fall Franco A. sei eine "krasse Fehlentscheidung" gewesen. Der Bundeswehrsoldat, der Ende April wegen Terrorverdachts festgenommen worden war, hatte sich beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge als syrischer Asylbewerber ausgegeben und einen Flüchtlingsstatus zugesprochen bekommen. Der Fall offenbarte Ungereimtheiten bei der Bearbeitung von Asylanträgen.
45 Prozent Mängel bei Verfahren von Afghanen
Unter anderem überraschte es, dass Franco A. nicht arabisch sprach. Um Fehler wie in diesem Fall künftig zu vermeiden, überprüfte das BAMF bereits rund 2.000 Fälle. Dabei sollte auch herausgefunden werden, ob die bei Franco A. zutage getretenen Mängel systematischer Natur sind. De Maizière sagte, unter den 2.000 überprüften Fällen habe es keinen vergleichbaren Vorgang gegeben. Dennoch seien Verfahrensmängel offengelegt worden. Nach seinen Worten gibt es beim Bundesamt vor allem Probleme bei der Dokumentation.
Zuvor hatten bereits Medien von solchen Problemen berichtet. Laut den Zeitungen "Die Welt" und "Nürnberger Nachrichten" wurden etwa bei Antragstellern aus Afghanistan Mängel bei der Dokumentation bei mehr als 45 Prozent der überprüften Entscheidungen festgestellt. Bei Syrern lag die Quote bei fast 20 Prozent.
sti/uh (afp, epd)