De Maizière fordert Entlastung im Kosovo
10. Oktober 2012Vor dem Treffen mit seinen 27 NATO-Kollegen macht Bundesverteidigungsminister Thomas De Maizière (rechts im Bild) Druck. Vor Journalisten kritisierte er in Brüssel, die benötigte Truppenstärke für die Kosovo-Mission KFOR werde derzeit nur durch den nahezu permanenten Einsatz von Reservekräften erreicht. Darunter litten vor allem Deutschland, Österreich und Italien, die zuletzt drei Mal in Folge die Einsatzreserve gestellt hätten und dadurch überlastet würden.
Bei den NATO-Partnerstaaten will der Minister an diesem Mittwoch auf den Missstand hinweisen und auf Anpassungen dringen, sagte De Maizière. In der jetzigen Stärke sei die formale Truppenobergrenze von rund 5.700 Mann inklusive 800 Reservisten jedenfalls nicht praxistauglich. "Entweder man braucht mehr Soldaten, dann muss man es auch sagen." Oder aber nicht, dann dürfe es allerdings auch keinen dauerhaften Einsatz von Reservekräften geben. Deutschland ist mit rund 1300 Soldaten der größte Truppensteller der KFOR-Mission.
Von Süd nach Nord verschieben
Eine mögliche Lösung sieht der Minister darin, vorhandene Truppe umzugruppieren. So könnten Verbände im weitgehend befriedeten Süden des Landes ausgedünnt und dafür im unruhigeren Norden aufgestockt werden. "Die Sicherheitslage im Kosovo ist unterschiedlich, sie ist im Süden deutlich besser als im Norden", sagte de Maizière. "Das muss auch eine Abbildung in den militärischen Planungen finden." NATO-Vertreter berichteten am Mittwoch, der Vorstoß des Ministers sei "auf einhellige Zustimung" gestoßen.
Unzufrieden zeigte sich der Minister auch mit der reduzierten EU-Polizei- und Justizmission EULEX im Kosovo: "Wenn die NATO-Reserve aktiviert wird, können nicht gleichzeitig Polizeikräfte abgezogen werden." Eigentlich sollten bei Gefahrensituationen primär kosovarische Sicherheitskräfte ausrücken, alternativ EULEX-Polizisten und erst im Notfall NATO-Soldaten. Mittlerweile habe sich diese Reihenfolge aber umgekehrt, kritisierte De Maizière. Auch die seinem Eindruck nach mangelnde Akzeptanz der kosovarischen Sicherheitskräfte und EULEX-Mission in der einheimischen Bevölkerung bereite ihm Sorge.
Das Kosovo erklärte im Februar 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien. Die Regierung in Belgrad und die serbische Minderheit im Kosovo erkennen die Souveränität des Landes jedoch nicht an. Besonders im Norden sind die ethnischen Spannungen groß. Dort sind die Konflikte zwischen der Mehrheit der Albaner und der serbischen Minderheit zuletzt immer wieder in Gewalt umgeschlagen.
Minister beraten über Grobplan für Afghanistan
Bei dem Treffen in Brüssel wollen die NATO-Minister auch die Militärs beauftragen, ein Mandat für einen neuen Militäreinsatz in Afghanistan ab 2015 zu erarbeiten. Nach dem Abzug der Kampfeinheiten der internationalen Schutztruppe ISAF bis Ende 2014 sollen NATO-Soldaten die afghanischen Truppen ausbilden. Bisher steht noch nicht fest, wie stark die Ausbildungsmission sein wird und wie viele Kampfsoldaten für den Schutz der Ausbilder nötig sein werden.
De Maizière kritisierte in diesem Zusammenhang "Insider-Angriffe" aus den afghanischen Sicherheitskräften heraus als "empörend und besorgniserregend". "Wir werden dem afghanischen Verteidigungsminister Bismillah Mohammadi heute sagen, dass er alles tun muss, was in seiner Macht steht, um das zu verhindern."
Allen folgt Stavridis
Die Verteidigungsminister der Allianz beschlossen derweil nach Angaben von Diplomaten, dass der bisherige Kommandeur der Afghanistan-Schutztruppe ISAR, US-General John Allen (im Bild oben links), neuer NATO-Oberkommandeur werden soll. Allen soll Anfang 2013 die Nachfolge von US-Admiral James Stavridis antreten. Dieser war seit Juli 2009 im militärischen NATO-Hauptquartier im belgischen Mons der für alle Einsätze zuständige Oberkommandeur der Allianz. Als Leiter der Afghanistan-Schutztruppe ist US-General Joseph Dunford vorgesehen, bisher stellvertretender Chef der US-Marineinfanterie.
kle/gmf (dapd, afp, dpa, rtr)