De Maizière: Türkei muss Vorwürfe klären
18. April 2017Bundesinnenminister Thomas de Maizière (Archivbild) hat die Türkei nach dem Verfassungsreferendum aufgerufen, Vorwürfen zum Wahlablauf entschieden nachzugehen. "Jetzt muss rasch Klärung darüber hergestellt werden, ob die Abstimmung fair und sauber abgelaufen ist, soweit man unter den derzeitigen Umständen in der Türkei überhaupt davon sprechen kann", sagte der CDU-Politiker der Zeitung "Rheinische Post".
De Maizière sprach die Hoffnung aus, dass die türkische Regierung "vernünftig" mit dem Ergebnis des Referendums umgehe und eine weitere Eskalation verhindere. Mit Blick auf den hohen Anteil an Ja-Stimmen von Türken, die in der Bundesrepublik leben, erklärte der Minister: "Ich erwarte, dass sich gerade die Türken und die Deutsch-Türken in Deutschland an einer Debatte zu einer konstruktiven gemeinsamen Zukunft beteiligen." Ein "weiteres Auseinanderdriften unserer Kulturkreise" könne und dürfe es nicht geben.
Özdemir: "Wir brauchen eine Integrationsoffensive"
Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir sagte der "Passauer Neuen Presse", das Abstimmungsverhalten der Türken in Deutschland erschrecke ihn. "Wir brauchen eine Integrationsoffensive." Jetzt rächten sich Versäumnisse von CDU und SPD in den vergangenen Jahrzehnten. In der "Bild"-Zeitung verlangte Özdemir von den Türken in Deutschland ein Bekenntnis zu ihrer neuen Heimat: Man müsse sich "ganz zu den Werten und zur Verfassung unseres Landes bekennen, wenn man hier auf Dauer glücklich werden will".
Nach Angaben der türkischen Wahlkommission hatten 63,1 Prozent der in der Bundesrepublik lebenden Türken und Deutsch-Türken mit doppelter Staatsbürgerschaft für das Erdogan-Lager gestimmt, während es in der Türkei selbst nur 51,4 Prozent Ja-Stimmen gab.
Eine internationale Wahlbeobachtermission aus Vertretern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und des Europarats hatte am Montag gerügt, Befürworter und Gegner eines Präsidialsystems hätten beim Referendum nicht die gleichen Möglichkeiten gehabt. Die Beobachter kritisierten einen "Missbrauch staatlicher Ressourcen" des Lagers von Staatschef Recep Tayyip Erdogan. Der Präsident soll mit der Verfassungsreform weitreichende Machtbefugnisse zulasten des Parlaments erhalten.
Erdogan erklärte zu den Vorwürfen, man nehme die Berichte der Wahlbeobachter nicht ernst, dafür gebe es keinen Grund. Denn: "Dieses Land hat die demokratischsten Wahlen durchgeführt - wie sie kein einziges Land im Westen je erlebt hat."
jj/sti (dpa, afp, rtr)