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Explosive Stimmung in Kiew

Roman Goncharenko11. Dezember 2013

In den Morgenstunden haben sich in Kiew dramatische Szenen abgespielt. Die Polizei versuchte, die seit Wochen protestierenden Demonstranten zurückzudrängen. Auf beiden Seiten soll es Verletzte gegeben haben.

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Oppositionelle Demonstranten feiern auf den Barrikaden den Rückzug der Polizei (Foto: REUTERS/Konstantin Chernichkin)
Bild: Reuters

Kiew leuchtet in diesen Stunden wieder orange, wie 2004 bei der sogenannten "Orangefarbenen Revolution". Nur diesmal sind es die orangenen Helme der Demonstranten, die das Bild auf dem Chreschtschatik-Boulevard und auf dem Maidan Nesaleschnosti (Platz der Unabhängigkeit) prägen. Regierungsgegner versuchen, sich damit vor den Schlagstöcken der Polizei zu schützen. Und sie haben gute Gründe dafür.

In der Nacht auf Mittwoch (11.12.2013) rückten Sondereinheiten der Polizei auf das Lager der Demonstranten auf dem Maidan vor. Bei Behörden heißt es, man wolle den Gerichtsbeschluss umsetzen, durch den Demonstrationen in der Stadtmitte verboten wurden. Hunderttausende protestieren in Kiew seit Wochen gegen die Regierungsentscheidung, eine Annäherung an die Europäische Union und die Unterzeichung eines Assoziierungsabkommens auszusetzen. Auch Gewalt gegen Demonstranten in den vergangenen Tagen brachte viele Menschen auf die Straßen. In der vergangenen Nacht soll es Verletzte auf beiden Seiten gegeben haben.

Kämpfe zwischen Demonstranten und Polizisten in Kiew (Foto: GENYA SAVILOV/AFP/Getty Images)
Angespannte Lage in KiewBild: Getty Images/Afp/Genya Savilov

Ruslana appelliert an Kiewer

Augenzeugen berichten, dass zum Zeitpunkt der Polizeiaktion in der vergangenen Nacht rund 2000 bis 3000 Protestler bei klirrender Kälte in der Stadtmitte ausgeharrt haben. Die Sängerin und Eurovision-Siegerin Ruslana, die seit Wochen zu den Anführern der Proteste zählt, rief von der Bühne die Kiewer auf, in die Stadtmitte zu kommen. Ihr Appell wurde live im Fernsehen übertragen. Noch in der Nacht begannen die Menschen, in die Stadtmitte zu strömen. Die Behörden sperrten dabei Ausgänge aus zwei U-Bahn-Stationen ab - offenbar, um den Zustrom der Demonstranten zu drosseln.

In den Morgenstunden kamen jedoch immer mehr Menschen in die Stadt. Es sind vor allem Studenten, die in kleinen Gruppen Richtung Maidan über vereiste und verschneite Straßen laufen. Doch es gibt auch ältere Kiewer, die an den Protesten teilnehmen. "Wir sind extra noch in der Nacht von unserer Datscha bei Kiew abgereist, um hier zu sein", sagte eine Rentnerin, die zusammen mit ihren Mann auf dem Maidan steht, der DW. Den Versuch der Polizei, die Protestler zu verdrängen nannte sie "eine Schande".

Aggressive Stimmung

Polizisten verstecken sich hinter einem Bus, während Demonstranten Wasser auf sie spritzen (Foto: EPA/ROMAN PILIPEY)
Demonstranten leisten GegenwehrBild: picture-alliance/dpa

Generell ist die Stimmung in der Stadtmitte explosiv. Auf vielen Wänden kleben Aufrufe, die dem ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch den Tod wünschen. Vor dem von Demonstranten seit Tagen besetzten Gebäude der Stadtverwaltung spielten sich am Morgen dramatische Szenen ab. In diesem Gebäude am Chreschtschatik 36 übernachten Hunderte Demonstranten und werden von Freiwilligen mit Essen versorgt.

Nach 8 Uhr Kiewer Zeit schaffte es die Polizei, drei Busse zu dem mit Holztischen verbarrikadierten Eingang vorzufahren. Die Demonstranten spritzten daraufhin eiskaltes Wasser mit einem Schlauch vom ersten Stock auf die Busse und auf die uniformierten Polizisten. Die Menschenmenge auf der Straße wird immer aggressiver. Viele rufen "Bandu het'!" (Weg mit der Bande). Die Botschaft geht an die Regierung und den Präsidenten. Dass die Proteste wie bisher friedlich bleiben, scheint kaum mehr möglich.