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"Den Friedensprozess voranbringen"

Christoph Hasselbach10. Juni 2015

Feleknas Uca wuchs in Deutschland auf. Sie hat die deutsche und die türkische Staatsbürgerschaft. Jetzt hat sie einen Sitz im neuen türkischen Parlament errungen. Im DW-Gespräch beschreibt sie ihre Ziele.

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Feleknas Uca Foto: imago/ZUMA Press
Feleknas Uca am WahltagBild: imago/ZUMA Press

Deutsche Welle: Frau Uca, Sie tauschen ein Leben in Deutschland oder Brüssel, wo Sie zeitweilig Europaabgeordnete waren, gegen ein politisches Leben in der Türkei ein. Warum tun Sie das?

Feleknas Uca: Weil ich die Menschen hier unterstützen möchte bei den Veränderungen, bei einer neuen, demokratischen Verfassung, für den Frieden und für Frauenrechte. Und ich möchte die Erfahrungen, die ich in Europa gesammelt habe, hier im Praktischen umsetzen.

Sie sind in Deutschland aufgewachsen. Akzeptieren Sie die Leute in Ihrem Wahlkreis trotzdem als ihre Vertreterin?

Hier ja. Seit dem Jahr 2000 bin ich hier in Diyarbakir und anderen kurdischen Städten immer wieder auf Veranstaltungen gewesen, bei Seminaren, Konferenzen, Anhörungen, und deswegen bin ich hier nicht fremd.

Was ist Ihr wichtigstes Anliegen als Abgeordnete?

Das Wichtigste für mich als Abgeordnete ist, den Friedensprozess in der Türkei voranzubringen. Gerade in den letzten Tagen hat es Ausschreitungen und Übergriffe auf Kurden in Diyarbakir gegeben. Es geht auch um die Verfassung. In der jetzigen türkischen Verfassung ist von "einem Land, einer Sprache, einer Religion" die Rede. Hier gibt es dagegen die Mehrsprachigkeit, viele verschiedene Religionen, Kulturen, verschiedene Identitäten leben hier zusammen. Und damit sie hier genauso anerkannt werden, muss diese Verfassung verändert werden.

Anhänger der HDP feiern Foto: Reuters/O. Orsal
Die HDP hat bei der Wahl die Zehn-Prozent-Hürde deutlich übersprungen und zog damit ins türkische Parlament einBild: Reuters/O. Orsal

Warum, glauben Sie, hat Ihre Partei, die kurdische HDP, mit rund 13 Prozent so gut abgeschnitten?

Im Wahlkampf haben wir verschiedene Religionen, Nationalitäten und gesellschaftliche Gruppen angesprochen. Wir haben auch eine Quote. In jeder Stadt, wo wir Kandidaten aufgestellt hatten, hatten wir einen Listenplatz mit einer Frau, einen Listenplatz mit einem Mann. Wir sind im Wahlkampf dafür eingetreten, dass verschiedene Religionen, Nationalitäten, Sprachen, Identitäten frei zusammenleben und frei Politik ausüben können. Das Projekt für den Frieden, für mehr Gerechtigkeit, für Frauenrechte, Gleichberechtigung der Frau auch in der Gesellschaft, das alles ist gut angekommen.

Erwarten Sie jetzt politische Spannungen zwischen der AKP und Präsident Erdogan auf der einen Seite und den Kurden und Ihrer Partei auf der anderen?

Wir hatten seit dem Wahlkampf über hundert Angriffe auf Parteibüros. Man hat versteckte Bomben in Parteibüros geschickt. Auf offener Straße laufen sie mit Waffen herum, schießen um sich, haben einen Kollegen von uns in seiner Wohnung aufgesucht und hingerichtet. Die Situation ist sehr angespannt. Vor den Augen der türkischen Regierung, vor den Augen der Polizeibehörden, vor den Augen der Kameras wird um sich geschossen, einfach auf der Straße, ohne zu fragen, wer das ist. Zivilisten werden auf offener Straße einfach erschossen.

Wie sehen Sie die Zukunft der Kurden in der Türkei? Streben Sie ein unabhängiges Kurdistan an?

Die Kurden streben hier gleiche Rechte wie die türkische Bevölkerung an, ihre Sprache, Kultur, Identität ausüben zu können - aber innerhalb der Türkei.

Fürchten Sie um Ihre persönliche Sicherheit?

Das habe ich schon vorher getan. Wir bekommen Morddrohungen, Drohungen über soziale Medien. Seit der Kandidatur in den letzten Monaten ist das noch extremer geworden.

Die 38-jährige kurdische Jesidin Feleknas Uca war in Norddeutschland für die Linken-Vorgängerpartei PDS aktiv und saß einige Jahre für die Partei Die Linke im Europaparlament. Seit der jüngsten Parlamentswahl in der Türkei ist sie Abgeordnete der Kurdenpartei HDP.