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Eklat und neue Vorwürfe

1. März 2007

Im Fall des ehemaligen Guantanamo-Häftlings Murat Kurnaz hat der Ex-Guantanamo-Beauftragte der US-Regierung Vorwürfe gegen die frühere Bundesregierung erhoben. Zudem vermisst der BND-Untersuchungsausschuss Akten.

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Murat Kurnaz, Quelle: AP
Der Deutsch-Türke Murat KurnazBild: AP

Die fehlenden Akten behindern die Arbeit des Untersuchungsausschusses des Bundestages. Im BND (Bundesnachrichtendienst)-Ausschuss kam es deshalb zum Eklat. Das Gremium weigerte sich, wegen der fehlenden Dossiers die Befragung hochrangiger Geheimdienstexperten vorzunehmen.

Siegfried Kauder vor Mikrofonen (Quelle: dpa)
Siegfried Kauder (links) nimmt am Donnerstag (1.3.2007) zur Verschiebung der Zeugenvernehmung im BND-Ausschuss wegen fehlender Akten StellungBild: picture-alliance/dpa

Der Ausschuss-Vorsitzende Siegfried Kauder vertagte nach einem entsprechenden Beschluss des Gremiums die Befragung des früheren BND-Chefs August Hanning und des früheren Geheimdienst-Koordinators Ernst Uhrlau auf den 8. März. Entscheidende Akten des Bremer Landesamtes für Verfassungsschutz, die seit Wochen angefordert gewesen seien, lägen trotz Mahnung und Nachfrage weiterhin nicht vor. Die Arbeit des Gremiums setze die Kenntnis von Unterlagen über die Beobachtung von Kurnaz voraus: "So ist eine Arbeit des Untersuchungsausschusses nicht möglich", erklärte Kauder.

Wollte sich Kurnaz den Taliban anschließen?

Aus den vermissten Dokumenten sollen Hinweise auf die vermutete Gefährlichkeit des in Bremen geborenen Türken hervorgehen. Auf Grund dieser Erkenntnisse hatten hochrangige Regierungs- und Geheimdienstvertreter auf einer Sitzung am 29. Oktober 2002 unter Leitung des damaligen Kanzleramtschefs Frank-Walter Steinmeier entschieden, die Rückkehr von Kurnaz nach Deutschland im Falle von dessen Freilassung durch die Amerikaner zu verhindern und sein Recht auf dauerhaften Aufenthalt zu tilgen.

Der SPD-Obmann im Ausschuss, Thomas Oppermann, erklärte, es gehe bei den Akten um Quellenberichte, wonach Kurnaz seine Reise nach Pakistan drei Wochen nach den Terrorangriffen auf die USA am 11. September 2001 dazu habe benutzen wollen, sich den Taliban anzuschließen und für sie kämpfen. Er sprach sich für eine komplette Veröffentlichung der Bremer Akten aus, weil die Geheimniskrämerei um sie immer neue Verwirrungen stifte.

Erneut Vorwürfe gegen Steinmeier

Pierre Richard Prosper
Pierre Richard Prosper (Archivbild)Bild: AP

Der Ex-Guantanamo-Beauftragte der US-Regierung Pierre Prosper hat dem ARD-Magazin "Monitor" gesagt, die rot-grüne Bundesregierung habe sich im Gegensatz zu Erklärungen Steinmeiers nicht für die Freilassung des ehemaligen Guantanamo-Häftlings eingesetzt. Der für Kriegsverbrechen zuständige Beauftragte des US-Außenministeriums sagte "Monitor", von deutscher Seite sei keine Aufforderung zur Freilassung von Kurnaz gekommen. "Die deutsche Bundesregierung hat sich bezüglich des Kurnaz-Falles niemals an uns gewendet, und ich habe auch keinen Hinweis meines Vorgesetzten, Außenminister Colin Powell, erhalten." Prosper betonte, die US-Seite wäre sofort in Freilassungsverhandlungen eingetreten, wenn es entsprechende deutsche Signale gegeben hätte.

Steinmeiers Sprecher Martin Jäger nannte den Bericht am Donnerstag "nicht nachvollziehbar" und wies die Behauptungen Prospers zurück. "Die Bundesregierung hat sich vielmehr ab 2002 wiederholt und auf unterschiedlichen Ebenen für Herrn Kurnaz eingesetzt," sagte er. (kas)