Der Fall Xiao: Verschleppt, verhaftet, verurteilt
19. August 2022Xiao Jianhua zählte zu den einflussreichsten und wohlhabendsten Menschen Chinas, bis er 2017 aus dem Four-Seasons-Hotel in Hongkong verschwand. Für die damals noch unabhängigen Medien in der Sonderverwaltungszone war schnell klar, dass der Geschäftsmann, dem Verbindungen bis in höchste Kreise der Kommunistischen Partei Chinas nachgesagt wurden, von chinesischen Agenten entführt worden war. Danach hatte man von Xiao nichts mehr gehört und gesehen.
Bis im vergangenen Monat ein Korruptionsprozess gegen ihn eröffnet wurde. Der Prozessverlauf liegt im Dunkeln, doch die Richter in Shanghai verurteilten den Finanztycoon, der kanadischer Staatsbürger ist, wegen verschiedener Finanzverbrechen. Xiao und die von ihm gegründete Investmentgruppe Tomorrow Holdings, die sich auf Beteiligungen an Staatsfirmen, Immobilien, Banken und Versicherungen konzentriert, hätten sich des "Verbrechens der Bestechung" und der Veruntreuung schuldig gemacht.
Von 2001 bis 2021 hätten Xiao und Tomorrow Holdings Vermögenswerte in Höhe von umgerechnet mehr als 99 Millionen Euro an Regierungsbeamte verschenkt, um sich der Finanzaufsicht zu entziehen und unrechtmäßige Interessen zu verfolgen, heißt es in einer Erklärung des Gerichts.
Der Angeklagte kooperierte für ein "gnädiges Urteil"
Neben seiner 13 Jahre langen Haftstrafe muss Xiao auch mit umgerechnet rund 940.000 Euro für seine angeblichen Verfehlungen büßen. Die Tomorrow Group muss knapp acht Milliarden Euro wegen Veruntreuung und Bestechung in die Staatskasse zahlen. Xiao und sein Unternehmen hätten sich schuldig bekannt und mit den Behörden bei der Wiedererlangung des illegal erworbenen Vermögens kooperiert, so das Gericht weiter. Deswegen sei das Urteil gnädig ausgefallen.
Xiao hatte nach seinem Studium in den späten 1980er Jahren mit dem Verkauf von Computern begonnen und in den folgenden Jahrzehnten ein Imperium aufgebaut, zu dem auch Banken und Versicherungen gehörten. Neun der mit der Gruppe verbundenen Institute waren vor zwei Jahren im Rahmen einer Razzia von den chinesische Aufsichtsbehörden beschlagnahmt worden.
rb/djo (AFP, AP, dpa, Reuters)