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Der Iran gibt Gas

Das Gespräch führte Manfred Götzke13. Juni 2005

Im Nahen Osten ist der Iran so einflussreich wie nie zuvor. Einziger Gegenspieler in der Region: die USA. Im DW-WORLD-Interview spricht der iranische Publizist Bahmann Nirumand über die Außenpolitik des Landes.

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Auf dem Markt in TeheranBild: AP

DW-WORLD: Mit dem Sturz Saddam Husseins hat der Iran einen seiner Todfeinde verloren. Hat das Land strategisch vom Irakkrieg profitiert, oder hat es an Einfluss verloren, weil die USA jetzt auch noch im Irak präsent sind?

Bahman Nirumand: Der Irakkrieg hat dem Iran sowohl geschadet als auch genutzt. Geschadet, weil die USA militärisch noch näher gekommen sind. In allen Nachbarstaaten des Irans sind US-Truppen stationiert, somit ist der Irak eine zusätzliche Gefahr. Auf der anderen Seite haben im Irak nach dem Sturz Saddam Husseins die Schiiten die Macht übernommen. Zu den irakischen Schiiten haben immer schon gute Kontakte bestanden, jetzt sind die Beziehungen sehr gut und der Einfluss des Iran im Irak wächst.

Der Iran ist das größte Land in der Region. Kann man von einer Konkurrenz um die regionale Vorherrschaft zwischen Iran und den USA sprechen?

Karte mit Kaspischem Meer
Iran und seine NachbarnBild: AP

Der Iran kann militärisch natürlich nicht mit den USA konkurrieren. Deshalb ist das Land bemüht, politisch und wirtschaftlich in der Region an Einfluss zu gewinnen. Insofern kann man schon von einer Konkurrenz sprechen. So wächst der Einfluss Irans in den Staaten am persischen Golf, es ist bemüht die Beziehungen weiter zu entwickeln. Mit Ägypten sind inoffiziell Verhandlungen aufgenommen worden und auch mit Saudi-Arabien. Auch die Beziehungen zu Russland sind verstärkt worden. Russland engagiert sich wirtschaftlich im Iran. Vor allem in der Atomtechnologie - die Russen sind am Bau des Reaktors in Buschehr beteiligt.

Der Iran versucht darüber hinaus, seinen Einfluss im Kaukasus zu vergrößern, Gasexporte nach Armenien und Pakistan sind geplant.

Das ist richtig. Aber auch in Tadschikistan will sich der Iran engagieren. Außerdem plant das Land eine Gas-Pipeline über Pakistan nach Indien. Ein Problem bei den Verhandlungen sind zwar die Spannungen zwischen Indien und Pakistan, dennoch sind die Verhandlungen recht weit fortgeschritten. Und auch China will Gas aus dem Iran importieren.

Derzeit ist jedoch die EU der wichtigste Handelspartner des Iran. Leidet das Verhältnis an den Verhandlungen zwischen EU und Iran über das Atomprogramm?

Iran Atomanlage in Isfahan Uran
Atomanlage in IsfahanBild: AP

Das Verhältnis ist ziemlich kompliziert, denn die Verhandlungen laufen schon seit zwei Jahren und sind in eine Sackgasse geraten. Die EU will eine dauerhafte Aussetzung des Atomprogramms. Die Iraner haben es derzeit nur kurzfristig gestoppt, damit die Verhandlungen beginnen konnten. Die EU bietet dem Iran im Gegenzug ein neues Handelsabkommen. Doch bisher ist da keine Einigung in Sicht. Vor einigen Tagen gab es das letzte Treffen in Genf, ohne Ergebnis. In Spätestens zwei Monaten will die EU einen Katalog mit konkreten Forderungen vorlegen. Doch es sieht nicht so aus, als könnten diese von Iran eingehalten werden. Solange die USA ihre Zustimmung dazu nicht erteilen, kann es nicht zu einer Einigung kommen.

Glauben Sie, dass ein iranischer Präsident Rafsandschani bei den Verhandlungen mehr erreichen kann als die derzeitige Regierung?

Ich denke, dass er in dieser Frage einiges erreichen könnte, wegen seiner Macht im Land und seines internationalen Ansehens. Schon jetzt aber versucht Rafsandschani Kontakte zu USA aufzubauen. Doch wenn er die Wahl gewinnt, wird er das Parlament gegen sich haben. Das hat kürzlich beschlossen, die Urananreicherung wieder aufzunehmen.

Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass der Iran demnächst Atomwaffen hat?

Es gibt Gründe genug, die dafür sprechen, dass der Iran den Bau der Atombombe für nötig hält. Erstens ist das Land das größte in der Region und Nachbarländer wie Indien, Pakistan und vor allem Israel verfügen bereits über Atomwaffen. Da ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Iraner sich sagen, warum wir nicht auch wir. Zweitens haben die Iraner gesehen, dass ein Land viel schwerer anzugreifen ist, wenn es Atomwaffen hat - wie das Beispiel Nordkorea zeigt. Außerdem will der Iran zur Regionalmacht aufsteigen. Auf der anderen Seite ist der Druck der internationalen Gemeinschaft sehr stark. Die USA haben sogar mehrfach mit militärischer Intervention gedroht. Die Meinungen unter den Staatsführern sind daher gespalten. Man sagt natürlich offiziell immer, das iranische Atomprogramm sei friedlich, aber ich denke einige Vorbereitungen zum Bau von Atomwaffen sind bereits getroffen worden.

Wie viel kann der Präsident überhaupt erreichen, wenn Parlament und Wächterrat seine Positionen nicht unterstützen?

Ayatollah Ali Khamenei, Irans oberster Geistlicher
Revolutionsführer Ayatollah Ali KhameneiBild: AP

Wenn er das Parlament gegen sich hat und den Revolutionsführer, dann kann er eigentlich kaum etwas machen, auch der amtierende Präsident Chatami ist genau daran gescheitert.

Welche Bedeutung hat die Wahl denn dann noch?

Die Wahl ist dennoch von Bedeutung, denn wenn die Islamisten auch noch den Präsidenten stellen würden, hätten wir im Iran sozusagen einen Einheitsstaat. Wenn Rafsandschani Präsident würde, dann bliebe zumindest ein gewisser Handlungsspielraum. Aber an sich ist die Wahl in der Tat eine Farce, wenn man bedenkt, dass 1000 Kandidaten vom Wächterrat nicht zugelassen worden sind. Die Führung will sagen, das sind freie Wahlen, wir haben hier Demokratie, aber davon kann man kaum sprechen, wenn so viele Kandidaten gar nicht erst zugelassen werden.

Bahman Nirumand war bis kurz vor der Revolution im Iran als Vorstand einer Oppositionsgruppe gegen die Mullahs aktiv. Vor 27 Jahren ist er nach Deutschland gekommen, da das Engagement zu gefährlich wurde. Er arbeitet als Buchautor und Journalist und schreibt den "Iranreport", der monatlich bei der Heinrich-Böll-Stiftung erscheint.