Der König der Wintersportler
19. Februar 2014Unter den Augen des norwegischen Königs Harald V. krönte sich ein anderer Norweger in Sotschi zum König aller Wintersportler: Ole Einar Björndalen ist der erfolgreichste Winter-Olympionik. Mit einem wie so oft am Schießstand konzentrierten und in der Loipe furiosen Rennen holte der Biathlon-Altmeister gemeinsam mit seinen drei Teamkollegen Tora Berger, Tiril Eckhoff und Emil Hegle Svendsen bei der olympischen Premiere der Mixedstaffel Gold. Es war die 13. olympische Medaille für Björndalen, der damit seinen Landsmann Björn Dählie, den legendären Langläufer Norwegens, an der Spitze der Rekordbücher ablöste.
Den Rekord von Dählie zu übertrumpfen - das war das letzte große sportliche Ziel seiner beeindruckenden Biathlon-Karriere. Der 40-Jährige blickt auf eine lange Erfolgsbilanz zurück. Neben 13 Olympia-Medaillen sammelte er 19 WM-Titel und über 90 Weltcupsiege. Die Motivation zu diesen Leistungen kam stets von innen. "Ich weiß, ich kann schnell laufen. Aber ich kann wohl noch schneller und besser schießen. Es gibt immer Möglichkeiten, sich zu verbessern", erklärt Björndalen, der gut Deutsch spricht, da er seit Jahren in Osttirol in Österreich lebt. Er gibt zu, dass es am Anfang seiner Karriere einfacher, aber nicht unbedingt besser war. "Früher gab es drei, vier, fünf richtig gute Biathleten. Jetzt sind es 15 bis 20, die immer auf sehr hohem Niveau konstant sind und daher ist es schwieriger, Rennen zu gewinnen. Genau das motiviert mich aber."
Perfektionist und Gleichgewichtskünstler
Ohnehin ist Motivation nicht sein Problem. Björndalens Erfolgsgeheimnis liegt wohl in seiner Disziplin. Ob Sommer oder Winter, der Norweger arbeitet akribisch und manchmal bis zur Erschöpfung an seiner Form. Vier Jahre lang trainierte er auf Sotschi hin und brachte seinen Körper noch einmal in Topform. "Ich habe systematisch trainiert und habe eine sehr gute Mannschaft, mit der ich mich immer messen kann. Dahinter stehen sehr gute Trainer", sagte Björndalen dem ZDF. Sein Erfolgsrezept klingt ziemlich simpel und ist doch bewundernswert: "Ich habe einen ziemlich starken Willen. Ich habe nie Probleme zu trainieren, bin immer motiviert. Zudem bin ich verletzungsfrei geblieben. Das war ein gutes Jahr für mich", freute sich Björndalen nach seiner Sprint-Goldmedaille in Sotschi.
Björndalen stammt aus einer einfachen Bauernfamilie aus Drammen, im Südosten Norwegens. Er hat vier Geschwister - seine beiden Brüder waren früher ebenfalls als Profiathleten aktiv. Mit Dag und Hans Anton bildeten die drei Jungs Anfang der 1990er Jahre das "Team Björndalen". Aber Ole Einar war und ist der erfolgreichste, vermutlich weil er ein Perfektionist und Gleichgewichtskünstler ist. So zog er sich einmal als Kind während einer Show im norwegischen Fernsehen auf einem Seil balancierend bis auf die Unterhose aus und auch wieder an. Als technisch hervorragender Skater hatte er nie Probleme mit dem Laufen, wohingegen im Schießen seine große Schwäche liegt. Durch mehrstündiges tägliches Training schaffte er es jedoch, seine Form im Schießen kontinuierlich zu steigern. Aber noch heute entscheidet sich seine Platzierung am Schießstand.
"Das Alter spüre ich nicht"
Wegen seiner unstillbaren Gier nach Siegen wurde er in der Biathlon-Szene einst mit dem Beinamen "der Kannibale" geadelt. "Jeder Athlet hasst es zu verlieren. Das ist auch bei mir so", sagt er. "Ich werde immer darum kämpfen zu gewinnen. Man wird vielleicht erwachsener, man akzeptiert, dass einige manchmal besser sind. Aber im Grunde genommen bin ich ehrgeizig und will immer gewinnen. Verlieren ist einfach nicht schön."
Das gilt auch noch heute. Mit 40 Jahren ist Björndalen genauso hungrig nach Siegen wie früher. An sein Alter denkt er dabei nicht. "Ich denke, die Topleistung ist immer noch da." Man müsse beim Training nur genauer sein als früher, meinte der Spitzenathlet vor seiner sechsten Teilnahme an Olympischen Spielen. "Das Alter selbst spüre ich nicht so. Aber die anderen Athleten sind besser geworden. Sie lassen dich keine Fehler mehr machen. Man muss perfekte Rennen machen, sonst hat man keine Chance zu gewinnen."
Nach der Karriere wird es "wohl ein bisschen ruhiger"
Die letzten zwei, drei Saisons waren wohl die schwersten in seiner Karriere. Er hatte sich an einem Holzklotz verhoben und bekam Probleme mit der Bandscheibe - erste Spuren seines Alters. Dann wurde das Scheitern seiner Ehe mit der früheren italienischen Biathletin Nathalie Santer bekannt. Doch dank seines Trainingsfleißes fühlt er sich körperlich und psychisch wieder topfit und zeigte dies auch bei seinem letzten großen Sportereignis als aktiver Athlet: Die Spiele in Sotschi sind für Björndalen für den Abschied vom Biathlon. Oder nicht? So richtig loslassen kann Björndalen nicht vom Biathlon, so scheint es. Was kommt nach seiner sportlichen Karriere? "Es wird wohl ein bisschen ruhiger, ich will nicht mehr so viel unterwegs sein, Zeit mit der Familie verbringen." Dem Biathlon seinem Sport, wird er wohl erhalten bleiben: Björndalen würde gerne ganz junge Sportler trainieren und seine langjährigen Erfahrungen an sie weitergeben.