Kritik an Kanzlerin vom "Merkelianer" Laschet
16. Februar 2020Der Europapolitik von Kanzlerin Angela Merkel und der Bundesregierung fehlte nach Ansicht von CDU-Vize Armin Laschet in den vergangenen Jahren oft Mut und Tempo. "Heute macht der französische Präsident Vorschläge, wir brauchen zu lange bis man reagiert", sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident bei der Münchner Sicherheitskonferenz. Deutschland müsse, etwa bei der ab Sommer anstehenden deutschen EU-Ratspräsidentschaft, wieder wie in der Kanzlerschaft von Helmut Kohl große Initiativen für Europa entwickeln und für die Umsetzung werben. Insgesamt müsse sich die Bundesregierung in ihrer Europapolitik wieder mehr zutrauen - so wie eben Kohl in den 1980er Jahren. Laschet: "Das muss man sich mal vorstellen, dass man den Leuten gesagt hat: Gebt die D-Mark auf. Solchen Mut bräuchte man heute."
Engagierte Antwort auf Macron gewünscht
Der CDU-Politiker - und gebürtige Aachener- verwies auch auf die Rede von Emmanuel Macron an der Pariser Sorbonne-Universität vom Herbst 2017. Damals hatte Macron bereits eine europäische Krisen-Intervention gefordert. Der französische Präsident habe damals "substanzielle Vorschläge" zu Europa gemacht, betonte Laschet. Der vor einem Jahr unterzeichnete Aachener Vertrag zwischen Deutschland und Frankreich sei nur "ein Stück dieser Antwort".
Auf die Nachfrage, ob er - der als "Merkelianer" wohlbekannte Christdemokrat - mit seiner Kritik die Kanzlerin meine, sagte Laschet, dass er sich 2017 eine engagierte Antwort auf Macron gewünscht hätte, "schneller und auch im Diskurs mit ihm". Der nordrhein-westfälische Regierungschef, der derzeit in der Union zu den aussichtsreichsten Kandidaten für den CDU-Vorsitz und damit auch für die nächste Kanzlerkandidatur zählt, sprach sich zudem dafür aus, dass Deutschland künftig wieder mit Frankreich daran arbeiten sollte, Europa voranzubringen.
"Nicht die Zeit für große europäische Visionen"
Die schwarz-rote Bundesregierung habe zwar das Motto "Ein neuer Aufbruch für Europa" über ihren Koalitionsvertrag geschrieben, "davon hat man bisher aber nicht so viel gemerkt". Eine Erklärung für die Trägheit seien möglicherweise die fundamentalen Krisen, die die jüngste Zeit geprägt hätten, angefangen von der Schulden- und der Migrationskrise bis hin zum Brexit. "In dieser Zeit war vielleicht nicht die Zeit für große europäische Visionen", sagte Laschet.
Laschet sprach sich in München auch für eine von Deutschland bislang weitgehend abgelehnte Erhöhung der Staatsausgaben zugunsten der EU aus. Nach dem Brexit müsse die Bundesrepublik finanziell mehr Verantwortung in Europa übernehmen. Er sei sich sicher, dass diese Meinung zur finanziellen Verantwortung in der CDU mehrheitlich unterstützt werde, so Laschet weiter.
Armin Laschet, Jens Spahn, Friedrich Merz
In den kommenden Tagen will die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer, die am vergangenen Montag ihren Rückzug angekündigt hatte, mit den möglichen Kandidaten für ihre Nachfolge sprechen. Dafür sind - neben Laschet - auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und der frühere Unionsfraktionschef Friedrich Merz im Gespräch.
sti/rb (afp, dpa)