50 Jahre IAEA
29. Juli 2007Irak, Iran, Nordkorea: Immer, wenn es Streit um Nuklearfragen gibt, ist die Wiener Atomenergie-Behörde IAEA zur Stelle. Diese Rolle findet weltweit Anerkennung - manchmal sogar bei den von der IAEA kontrollierten Staaten - und brachte der Behörde sowie ihrem ägyptischen Generaldirektor, Mohamed el Baradei, 2005 den Friedensnobelpreis ein.
Den Anstoß zu ihrer Gründung hatte US-Präsident Dwight D. Eisenhower gegeben. Er erhoffte sich von einer solchen Behörde vor allem mehr Transparenz: "Wenn die Völker der Welt eine intelligente Suche nach Frieden durchführen wollen, dann müssen sie die wichtigsten Fakten der heutigen Existenz kennen", forderte er in einer Rede vor der UN-Vollversammlung am 8. Dezember 1953.
Düstere Perspektiven
Acht Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, den amerikanischen Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki, sowie vier Jahre nach dem ersten Atombombentest der damaligen Sowjetunion stand die Welt vor einer ungewissen, äußerst gefährlichen Zukunft. Die Atombomben waren inzwischen 25 Mal so stark wie noch zum Ende des Zweiten Weltkrieges, und das Wettrüsten der verschiedenen Staaten schuf eine düstere Perspektive.
Gleichzeitig aber war man sich auch der positiven Aspekte der Atomforschung bei friedlicher Nutzung bewusst. Eisenhower entwarf daher den Plan "Atom für den Frieden": "Wenn dieser Furcht erregende Trend des atomaren Aufrüstens umgekehrt werden kann, dann kann diese größte aller zerstörerischen Kräfte sich zu einem Segen entwickeln - zum Nutzen der ganzen Menschheit", so seine Hoffnung.
Unter dem Eindruck des Kalten Krieges
Unter Obhut der Vereinten Nationen sollte die von ihm geforderte Atomenergie-Agentur für atomare Abrüstung, Nichtverbreitung und friedliche Nutzung der Atomenergie zuständig sein. Darunter fielen auch die Lagerung, der Schutz und die Verteilung spaltbaren Materials, um dem friedlichen Streben der Menschheit zu dienen.
Am 29. Juli 1957 verabschiedeten dann 81 Staaten einstimmig die Statuten der IAEA, und die Behörde mit Sitz in Wien nahm ihre Arbeit auf. Derweil verschärfte sich der Ost-West-Konflikt, und erst nach der kubanischen Raketen-Krise 1962 erklärten sich die Supermächte USA und Sowjetunion wenigstens grundsätzlich zu der Notwendigkeit einer atomaren Rüstungskontrolle bereit. Beide hatten bereits Dutzende anderer Länder mit Atomtechnologie versorgt. Diese Versorgung und deren Kontrolle sollte nun schrittweise der IAEA übertragen werden. Ausgenommen waren die Staaten, die keine Hilfe der IAEA in Anspruch nahmen: in erster Linie die alten Atommächte USA und Sowjetunion sowie Großbritannien, Frankreich und China.
Mehr als nur Gebell
Die IAEA ist daher nicht allein der nukleare "Wachhund", sondern auch zuständig für den Transfer ziviler, friedlicher Nukleartechnologie in Entwicklungsländer. Diese findet vor allem im medizinischen Bereich Anwendung - etwa in der Nuklearmedizin, der Diagnostik von Krankheiten oder der Strahlentherapie.
Während die Entwicklung und Weitergabe solcher Technologien immer schon eine Erfolgsstory der IAEA waren, gestalteten sich die Abrüstung und Nichtverbreitung von Atomwaffen weitaus problematischer. 1970 trat deswegen das "Nichtverbreitungs-Abkommen" (NPT) in Kraft, in dem sich inzwischen 189 Staaten verpflichten, keine Atomwaffen zu entwickeln, zu erwerben oder weiterzugeben. Ausgenommen waren nur Staaten, die bereits vor 1967 im Besitz von Atomwaffen waren. Und das sind die fünf permanenten Mitglieder des UN-Sicherheitsrates.
Israel hingegen verfügt möglicherweise bereits seit Ende der fünfziger Jahre über Atomwaffen, ist dem Vertrag aber nie beigetreten - ebenso wie Indien und Pakistan. Wollten diese drei Staaten beitreten, dann müssten sie auf Atomwaffen verzichten und sich dem Kontroll-Regime der IAEA unterwerfen, dem "Sicherungsabkommen" ("safeguards agreement"), das seit 1971 gilt.
Weniger Geld als die Wiener Polizei
Heute beinhaltet dies nicht mehr nur lediglich die "Anmeldung" nuklearen Materials. Vielmehr versuche die Organisation auch, den Staat und seine nuklearen Pläne als Ganzes zu betrachten, erklärt Jill Cooley, die amerikanische Direktorin der Abteilung. Daher gebe es ein Zusatzprotokoll, das Inspektoren der IAEA freien Zugang zu den Atomanlagen der Unterzeichner erlaube. Dafür sei jedoch die Kooperationsbereitschaft der Staaten nötig. In den Fällen Irak, Iran und Nordkorea habe es daran oftmals gemangelt. Außerdem habe man es immer häufiger mit geheimen Transaktionen und Informationen von Nuklearmaterial zu tun, "Firmen, die auf unterstaatlicher Ebene agieren. Und das muss mit neuen Techniken und Kontrollmechanismen behandelt werden", sagt die Expertin.
Ebenso wie die Vereinten Nationen wird die IAEA durch ihre 144 Mitglieder entsprechend ihrer Wirtschaftskraft finanziert. Ihr Haushalt beläuft sich auf rund 300 Millionen Dollar - das ist weniger, als die Polizei von Wien zur Verfügung hat. Und neben finanziellen Problemen gibt es natürlich auch politische: Immer wieder versuchen die "alten" Atommächte, im Gouverneursrat Einfluss auf die Entscheidungen der IAEA zu nehmen. Im Falle des Irak, Nordkorea oder Iran etwa standen die IAEA und ihr Generaldirektor in Opposition zu Washington: Dort wollte man eine schärfere Linie verfolgen, während die IAEA auf Verhandlungen, neue Kontrollen und vor allem mehr Geduld setzte.
Darüber hinaus hat sich die Agentur aber weitgehende Unabhängigkeit bewahrt. Auch bei nationalen Fragen zum Atomausstieg mache man den Ländern keine Vorschriften, noch nicht einmal Empfehlungen, so der stellvertretende Generaldirektor Werner Burkart. Das gelte auch für den deutschen Atomausstieg: "Die Agentur hat sich nie als Promotions-Organisation der Kernindustrie verstanden. Wir haben immer geholfen, sicher rein zu gehen, sicher drin zu bleiben und auch sicher wieder raus zu gehen."