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Traum vom "fairen" Handy

Marcus Lütticke25. Januar 2013

Viele Hersteller von Smartphones machen Milliardengewinne. Doch davon kommt bei den Arbeitern, die die Handys produzieren, nur wenig an. Ein Unternehmer aus den Niederlanden will das ändern.

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Schematische Darstellung vom Aufbau eines fair produzierten Mobiltelefons (Foto: FairPhone)
Bild: FairPhone

Was hat der Bürgerkrieg im Kongo mit meinem Handys zu tun? Eine ganze Menge, sagen die Köpfe hinter "Fairphone". Sie arbeiten in den Niederlanden an der Entwicklung eines Smartphones, das sich nicht durch technische Innovationen auszeichnet, sondern durch die Art der Produktion und die dabei verwendeten Materialien: Nachhaltigkeit, menschenwürdige Arbeitsbedingungen bei der Gewinnung der Rohstoffe und der Herstellung, sowie der Schutz der Umwelt stehen für die Macher im Vordergrund.

Für die Produktion eines Smartphones wird eine Vielzahl an sogenannten "seltenen Erden" und anderen Rohstoffen benötigt, die inzwischen häufig als "Konfliktmetalle" bezeichnet werden. Wie der Name schon andeutet, kommen diese Metalle aus Gegenden, in denen Bürgerkrieg herrscht und Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung sind. Viele stammen aus dem rohstoffreichen Kongo, wo sie unter gefährlichen Arbeitsbedingungen, teilweise von Kindern, gefördert werden. Die Gewinne aus dem Verkauf dienen häufig bewaffneten Banden zur Aufstockung ihrer Waffenarsenale. Größter Lieferant von seltenen Erden weltweit ist allerdings China. Da die Gewinnung der seltenen Erden meist über Säuren erfolgt, mit denen die Metalle aus den Bohrlöchern gewaschen werden, bleibt dabei vergifteter Schlamm zurück. In China sind dadurch ganze Landstriche verwüstet und Dörfer verseucht.

Zwei Kinder stehen in schmutzigem Wasser und versuchen, etwas zu reinigen (Foto: AFP/Getty Images)
Kinderarbeit in einer Kupfermine im KongoBild: AFP/Getty Images

Hersteller entziehen sich der Verantwortung

Für die Hersteller von Handys ist es aufgrund zahlreicher Zwischenhändler schwierig nachzuvollziehen, woher die Rohstoffe für ihre Geräte stammen. Aber für Johanna Kusch von Germanwatch, die sich intensiv mit dem Thema Unternehmensverantwortung in der Mobilfunkbranche auseinandergesetzt hat, steht fest: Die Hersteller könnten deutlich mehr tun. "Die Behauptung, die Unternehmen hätten gar keine Möglichkeit  zurückzuverfolgen woher die einzelnen Rohstoffe kommen, ist in der Form nicht zu halten. Mehrere Studien haben gezeigt, dass es durchaus möglich ist die Rohstoffe bis zu den Minen hin zurückzuverfolgen." Die Hersteller müssten ihre Marktmacht einfach viel deutlicher ausspielen.

Portrait von Johanna Kusch Germanwatch (Foto: privat)
Johanna Kusch von GermanwatchBild: Privat

Genau hier setzt der niederländische Start-Up-Unternehmer Bas van Abel an. Er arbeitet mit seinem Team an der Entwicklung des "Fairphone", einem Smartphone das auf fair gehandelten Rohstoffen und guten Arbeitsbedingungen bei allen Herstellungsschritten basieren soll. Bereits im Herbst sollen die ersten Geräte auf den Markt kommen. "Fairphone soll dem Kunden eine Alternative bieten, und der ganzen Branche Anstöße geben und sie inspirieren", sagte van Abel im Gespräch mit der Deutschen Welle. Für ihn steht fest, dass sein Projekt nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist. Aber eine steigende Nachfrage nach diesen Geräten könnte Druck auf die Marktführer der Branche ausüben. 

Erste Bestellungen für das "Fairphone"

Bisher steht nur der niederländische Telefonkonzern KPN als Abnehmer einer vierstelligen Stückzahl des fair gehandelten Smartphones fest, das ohne Vertrag zwischen 250 und 300 Euro kosten soll. Aufgrund von Nachfragen der eigenen Kunden hat sich jedoch auch schon ein deutscher Mobilfunkriese bei van Abel gemeldet um Gespräche zu führen.

Obwohl es immer wieder Berichte über die schlechten Arbeitsbedingungen in den chinesischen Fabriken gibt, in denen beispielsweise Apple seine iPhones zusammenbauen lässt, setzt auch Fairphone auf China als Produktionsstandort. "Um das System zu verbessern, muss man sich den Problemen vor Ort stellen und dort schrittweise die Zustände verbessern", so van Abel. Fairphone wolle seine Fabriken sorgfältig auswählen und seinen Einfluss als Auftraggeber geltend machen.

Chinesische Arbeiterinnen setzen Handys zusammen (Foto: dapd)
Arbeiterinnen in einer chinesischen Handy-FabrikBild: dapd

Kleiner Schritt - große Wirkung

Für Johanna Kusch von Germanwatch ein guter Ansatz. Da die Lohnkosten bei der Handyproduktion verschwindend gering seien, sieht Sie hier große Spielräume für Verbesserungen: Wenn der Anteil der Lohnkosten bei einem Handy von einem auf zwei Prozent ansteigt, könne ein Arbeiter in China 50 Prozent mehr verdienen, so Kusch.

Ein vollkommen fair gehandeltes Smartphone wird jedoch auch das Fairphone nicht sein. "Dafür sind einfach zu viele Stellen am Produktionsprozess beteiligt“, gibt Bas van Abel freimütig zu. Darum ist sein Anspruch, das fairste Handy zu produzieren, das es auf dem Markt gibt.