Deutliche Mehrheit für EU-Beitritt
22. Januar 2012Wie die Wahlkommission unter Berufung auf bisherige Teilergebnisse in Zagreb mitteilte, stimmten am Sonntag rund 67 Prozent der Wähler für eine EU-Mitgliedschaft ihres Landes. Kroatien will im kommenden Jahr in die Europäische Union aufgenommen werden. Dem Termin müssen die 27 Mitgliedsländer noch zustimmen, was aber als Formsache gilt.
Mäßige Beteiligung bei Abstimmung
Allerdings gibt es bei der ganzen Zustimmung einen Schönheitsfehler: die niedrige Beteiligung. Der Wahlkommission zufolge hatten bis wenige Stunden vor Ende der Abstimmung nur knapp 34 Prozent der Stimmberechtigten ihr Kreuz gemacht. Dass so wenige zu den Urnen gingen, führte der erst kürzlich angetretene Regierungschef Zoran Milanovic auf die Enttäuschung der Bürger über die Politik zurück. "Die Menschen sind offensichtlich enttäuscht - das ist eine Botschaft, die der Situation des Landes geschuldet ist, und eine Botschaft an meine Regierung", sagte er.
Die vor allem vom Adria-Tourismus abhängige Wirtschaft des Landes hat seit gut drei Jahren mit einer Rezession zu kämpfen. Und auch für dieses Jahr stehen die Prognosen für ein Wirtschaftswachstum schlecht. Da die Europäische Union derzeit selbst mit einer Schuldenkrise kämpft, fragten Kritiker des Beitritts danach, was die Gemeinschaft Kroatien denn zu bieten habe. Zudem verwiesen sie auf einen möglichen Verlust von Souveränität und nationaler Identität.
"Ganz Europa mein Zuhause"
Alle großen Parteien des Landes unterstützen jedoch den Weg in die EU. "Ich freue mich darauf, wenn ganz Europa mein Zuhause wird", sagte Präsident Ivo Josipovic bei seiner Stimmabgabe. Der Beitritt Kroatiens zur EU wäre ein "Wendepunkt zum Besseren in der Geschichte Kroatiens“. Die Verhandlungen über eine Mitgliedschaft laufen seit 2005 zwischen Zagreb und Brüssel. Allerdings gerieten sie wegen eines Grenzkonflikts mit Slowenien immer wieder ins Stocken. Im Dezember unterzeichnete Kroatien, das 1991 seine Unabhängigkeit von Jugoslawien erklärt hatte, schließlich den Beitrittsvertrag. Von den einstigen jugoslawischen Teilrepubliken gehört bisher nur Slowenien der EU an. Serbien, Montenegro, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina bewerben sich aber ebenfalls um die Mitgliedschaft.
Autor: Marko Langer (rtr, dapd, AFP)
Redaktion: Hans Ziegler