Deutsche Bank: Scherbengericht der Aktionäre?
23. Mai 2019Sechs Euro und 58 Cent. Soviel kostete eine Aktie der Deutschen Bank am Dienstag. Oder besser: so wenig. Nie in den vergangenen 45 Jahren war das Papier von Deutschlands noch immer größtem Geldhaus billiger. Und das unmittelbar vor der Hauptversammlung mit Aktionären, die seit Jahren eigentlich Kummer gewöhnt sind. Aber das dürfte noch mehr Wasser auf ihre Mühlen sein - und sie werden ihrem Ärger in der Frankfurter Festhalle ordentlich Luft machen.
Im Mittelpunkt der Kritik steht einmal mehr Paul Achleitner, der seit 2012 den Aufsichtsrat der Bank leitet. Damals mit vielen Vorschusslorbeeren willkommen geheißen, ist er nun der Blitzableiter für die Wut vieler Aktionäre. Kein Wunder: Seither hat die Aktie satte 72 Prozent verloren, trotz des zweimaligen Wechsels auf dem Chefsessel der Bank. Achleitner installierte die Doppelspitze Anshu Jain und Jürgen Fitschen. Nach drei Jahren feuerte Achleitner Jain und ersetzte ihn im Sommer 2015 durch den fleißigen, aber glücklosen Briten John Cryan. Der übernahm ein Jahr später nach dem Abgang von Jürgen Fitschen die alleinige Führung, wurde aber nach zwei weiteren Jahren durch Christian Sewing ersetzt.
Immer nur schlechte Nachrichten
All diese Personalrochaden haben bisher nicht geholfen, die Bank in die Erfolgsspur zurückzuführen. Allenfalls ist es gelungen, das Haus zu stabilisieren, nachhaltig aber ist das alles nicht. Die kleinste Meldung reicht aus, um den Aktienkurs noch weiter in den Keller zu drücken. Sei es die Geschichte um die finanziellen Verbindungen der Deutschen Bank mit Donald Trump aus dessen Zeit als mehr oder weniger erfolgreicher Immobilien-Tycoon, seien es neue Razzien im Zusammenhang mit den sogenannten Panama-Papers in der vergangenen Woche. Auch wenn die Deutsche Bank dieses Mal gar nicht betroffen war, sondern nur ihre Kunden, wurden doch sofort wieder die Erinnerungen wach an Ende November des vergangenen Jahres, als gleich 170 Ermittler die Räume der Bank durchsucht hatten.
Auch die schlecht kommunizierten Versuche einer Fusion mit der Commerzbank haben weiter am Image der Deutschen Bank gekratzt, auch wenn sie eher durch die Politik in diese Verhandlungen gedrängt wurde.
Es könnte eng werden für Achleitner und Co
Entsprechend liegen der Hauptversammlung etliche Anträge vor, die verlangen, dem Aufsichtschef (und auch dem Vorstand) die Entlastung zu verweigern oder härter noch: Paul Achleitner abzuberufen. Das gab es in der Vergangenheit zwar auch schon, doch in diesem Jahr ist etwas anders: Denn erstmals haben mit Glass Lewis und ISS zwei bedeutende sogenannte Stimmrechtsberater ihren Kunden empfohlen, Aufsichtsrat und Vorstand nicht zu entlasten. Beide Berater beeinflussen geschätzt 40 Prozent der Stimmrechte. Viele große Aktionäre halten sich in der Regel an solche Empfehlungen, sprich: Das könnte eng werden für Achleitner, Sewing und Co. Auch sollen nach Medienberichten nun auch einige Großaktionäre unzufrieden mit Achleitner sein und eine Nachfolge-Regelung fordern. Zur Erinnerung: Auf der Hauptversammlung des Jahres 2015 wurde die damalige Doppelspitze Jain und Fitschen mit nur 61 Prozent Zustimmung entlastet (üblich sind in der Regel über 90 Prozent). Einen Monat später trat Anshu Jain zurück.
Wie eng es neuerdings werden kann, war ja gerade erst zu besichtigen auf der Hauptversammlung des Agrarchemiekonzerns Bayer vor knapp vier Wochen. Vor dem Hintergrund des Monsanto-Desasters und dem dramatischen Wertverlust der Bayer-Aktieverweigerten die Aktionäre erstmals in der jüngeren deutschen Wirtschaftsgeschichte dem Vorstandschef die Entlastung. Zwar ist, weil dies zunächst keine formalen Folgen hat, Werner Baumann noch immer im Amt, aber nur weil ihm der Aufsichtsrat in einer nächtlichen Krisensitzung direkt nach dem Aktionärstreffen das Vertrauen aussprach. Ein Mitglied des Bayer-Aufsichtsrates ist übrigens: Paul Achleitner.
Natürlich versuchen Vorstand und Aufsichtsrat der Deutschen Bank im Vorfeld, die Aktionäre zu beruhigen. Man habe die Bank doch stabilisiert, alle großen Rechtsrisiken seien abgearbeitet, bei der Umsetzung der neuen Strategie sei man vorangekommen. Im vergangenen Jahr wurde in der Tat erstmals wieder ein kleiner Gewinn erwirtschaftet, doch der Start ins neue Jahr verlief eher müde, so dass Christian Sewing die Ertragsprognose für 2019 lieber gleich wieder einkassierte. All das hebt die Laune der Aktionäre keinesfalls, erst recht nicht die jüngste Studie der Bankanalysten der schweizerischen UBS: Sie empfehlen den Aktionären, Deutsche-Bank-Aktien zu verkaufen und liefern gleich noch ein aktuelles Kursziel für die Aktie mit: 5,70 Euro innerhalb der nächsten zwölf Monate. Ein Minus von 14 Prozent im Vergleich zum derzeitigen Kurs. Das tut wirklich weh.