Deutsche Bürger stehen gegen Rechtsextremismus und AfD auf
20. Januar 2024In Deutschland sind mehr als 200.000 Menschen gegen Rechtsextremismus auf die Straße gegangen. Rund 35.000 Menschen versammelten sich nach Polizeiangaben in Frankfurt am Main. In Hannover zählte die Polizei ebenfalls rund 35.000 Demonstranten. Kundgebungen gab es auch in zahlreichen weiteren Städten.
Die Kundgebung in Frankfurt stand unter dem Motto "Demokratie verteidigen - Frankfurt gegen AfD und Rechtsruck". Aufgerufen hatte das "Koala-Kollektiv", ein breites Bündnis aus Zivilgesellschaft, Gewerkschaften und weiteren Nichtregierungsorganisationen. Beteiligt war auch die Bildungsstätte Anne Frank. Der große Zustrom machte es nötig, den Bereich der Kundgebung vom Marktplatz Römer auf die umliegenden Straßen und Plätze auszuweiten. Im Anschluss an die eigentliche Kundgebung formierte sich ein Demonstrationszug durch die Innenstadt.
Bei der Kundgebung auf dem Opernplatz in Hannover sprachen unter anderem Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und der frühere Bundespräsident Christian Wulff (CDU). Dieser erinnerte daran, dass auf den Tag genau vor 82 Jahren die Wannseekonferenz in Berlin stattgefunden habe. Sie sei zum Symbol geplanter, systematisierter Tötung der Juden Europas geworden. "Deshalb dürfen wir nie wieder zulassen, dass in Deutschland über die Selektion von Menschen nach Herkunft, nach Aussehen, nach Religion, nach Handicap oder irgendeinem Kriterium beraten wird", sagte Wulff.
Weil rief die Zuhörerinnen und Zuhörer dazu auf, im eigenen Umfeld klare Kante gegen rechts zu zeigen und für Menschenrechte und Demokratie einzutreten. "Das, was ihr hier zeigt, ist gelebter Verfassungsschutz." Die AfD und die Rechtsextremen verschöben die Grenzen des Sag- und Denkbaren nach rechts. "Migrantinnen und Migranten, seien sie kurz hier oder auch in der vierten Generation, sie alle sind Teil unserer Gemeinschaft", unterstrich Weil.
In Kassel in sprach die Polizei von 12.000 Teilnehmern - das waren zwölfmal so viele, wie erwartet worden waren. Teilnehmer trugen Plakate bei sich mit Aufschriften wie "Nazis und Antisemiten müssen ausgebürgert werden" und "Zusammen gegen Extremisten für Demokratie". Auch im hessischen Gießen gingen mehr als 12.000 Demonstranten unter dem Motto "Gießen wehrt sich! Nie wieder ist jetzt!" auf die Straße. In Dortmund schätzten die Behörden die Zahl der Teilnehmer auf 30.000, in Wuppertal auf etwa 7000. Dort stand die Demonstration unter dem Motto "Gemeinsam und solidarisch! Gegen Ausgrenzung, Hass und Hetze!".
In Thüringens Landeshauptstadt Erfurt war der Domplatz am Nachmittag überfüllt. "Klare Kante gegen Nazis" und "Wir haben keinen Bock auf Höcke", hieß es auf Plakaten. Björn Höcke ist der rechtsextreme Landeschef der AfD ("Alternative für Deutschland"). Die Zahl der Teilnehmenden wurde mit 9000 angegeben. In Halle/Saale demonstrierten laut Polizei rund 16.000 Menschen.
Mit bis zu 25.000 wurde die Zahl der Teilnehmenden auf dem Marktplatz in Karlsruhe angegeben. Vorgesehen war dort vor dem Hintergrund der Diskussionen über ein AfD-Verbot auch ein Demonstrationszug zum Bundesverfassungsgericht. Tausende Menschen gingen ebenso in Bayern auf die Straße, darunter laut Polizei mindestens 15.000 in Nürnberg. Weitere Kundgebungsorte waren Braunschweig und Heidelberg.
Anlass für die Proteste, die am Sonntag in Berlin, München und anderen Städten weitergehen sollen, sind Enthüllungen des Netzwerks "Correctiv" über ein rechtsextremes Geheimtreffen in Potsdam. Dort war über Pläne für eine massenhafte Abschiebung von Menschen mit Migrationshintergrund beraten worden sowie von weiteren Deutschen, die sich beispielsweise für Geflüchtete einsetzen. Unter anderem nahmen daran Mitglieder der AfD wie auch der rechtskonservativen Werteunion teil, die an diesem Samstag die Gründung einer eigenen Partei beschloss. Die Demonstrationen richten sich aber auch grundsätzlich gegen ein Erstarken des Rechtsextremismus in Deutschland.
sti/jj (afp, dpa, epd)