Deutsche Polizei leistet internationale Hilfe
1. März 2006Deutschland hat Afghanistan auch für die Zukunft seine Hilfe beim Aufbau der Polizei zugesichert. "Deutschland sieht es als seine vorrangige Aufgabe an, die afghanische Polizei durch eine Vielzahl von Ausbildungs- und Ausstattungsprojekten umfassend zu unterstützen", betonte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble am Dienstag (28.2.2006) zur Eröffnung der internationalen Afghanistan-Konferenz in Katars Hauptstadt Doha.
Deutschland wird damit seine führende Rolle beim Aufbau der afghanischen Polizei beibehalten. Von 2002 bis 2005 wurden dafür 58 Millionen Euro bereitgestellt. Für 2006 sind nochmals zwölf Millionen vorgesehen. Mit deutscher Hilfe konnten bislang mehr als 63.000 Polizisten aus- oder fortgebildet werden.
Auslandseinsätze der deutschen Polizei "stark im Trend"
Doch deutsche Polizisten kommen nicht nur in Afghanistan zum Einsatz. Peter Jördening, Referent für Auslandseinsätze in der Geschäftsstelle internationale Polizeimissionen im Bundesinnenministerium, macht sogar einen "starken Trend" hin zu Auslandseinsätzen deutscher Polizisten aus. Weltweit seien derzeit 353 Beamte der Bundespolizei (ehemals Bundesgrenzschutz) und Landespolizei an neun Missionen beteiligt.
Deutsche Polizisten kommen im Rahmen von EU-Missionen in Bosnien, Mazedonien, Palästina und im Sudan zum Einsatz. Außerdem nehmen sie an UN-Missionen im Kosovo, in Georgien und Liberia teil. Der Einsatz deutscher Polizisten in Afghanistan beruht dagegen auf einem bilateralen Abkommen.
Funktionierende Polizei wichtig für die Stabilisierung eines Landes
Seit dem ersten Auslandseinsatz deutscher Polizisten 1989 bis 1994 in Namibia ist die Zahl deutscher Polizeibeamter im Ausland stetig gewachsen. Der Grund liegt für Jördening, der 2003 bis 2004 Leiter des Projektbüros der deutschen Polizei in Kabul war, auf der Hand: "Ohne eine funktionierende Polizei kann die Stabilisierung eines Landes nicht gelingen. Das ist eine Lektion, die man aus zahlreichen Friedenseinsätzen gezogen hat."
Doch diese Erkenntnis hat sich nur sehr langsam durchgesetzt. "In der öffentlichen Wahrnehmung, aber auch in vielen internationalen Institutionen wurde die Rolle der Polizei beim 'nation building' bis weit in die 1990er Jahre hinein unterschätzt", sagt Thorsten Stodiek vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg.
Zu geringe Befugnisse
Zwar hat mittlerweile ein Umdenken stattgefunden. So messen die UN wie auch die EU und die OSZE der Polizei eine immer größere Bedeutung zu. Doch die im Ausland eingesetzten Polizisten verfügen zumeist nur über geringe Befugnisse. So nimmt beispielsweise die deutsche Polizei in Afghanistan keine Vollzugsaufgaben wahr. "Dort geht also kein Polizist auf die Straße und nimmt Leute fest oder regelt den Verkehr", stellt BMI-Mann Jördening klar. Lediglich im Kosovo verfügt die deutsche Polizei über ein Exekutivmandat. In allen anderen Ländern widmet sie sich primär der Ausbildung der lokalen Polizei.
Dabei sei es grundsätzlich sinnvoller, die Polizei mit einem Exekutivmandat auszustatten, wenn es um die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit geht, betont Politikwissenschaftler Stodiek. "Denn die Polizei ist im Gegensatz zum Militär genau zu diesem Zweck ausgerüstet und trainiert."
Mehr Polizisten für Auslandseinsätze bleiben Wunschvorstellung
Doch mag es noch so sinnvoll sein, mehr Polizisten und weniger Soldaten zum Wiederaufbau in ein Land zu schicken, um die Militärlastigkeit vieler internationaler Interventionen zu reduzieren: Das Militär wird auch weiterhin oftmals Polizeiaufgaben übernehmen müssen. "Denn leider sind die Mitgliedsstaaten von UN, EU und OSZE nicht bereit, dem Bedeutungszuwachs der Polizei durch eine größere Ressourcenbereitstellung gerecht zu werden", sagt der Experte für internationale Polizei Stodiek.
So bräuchte man in Afghanistan über 25.000 Polizisten, um für ähnliche Verhältnisse wie im Kosovo zu sorgen, wo die UN mit 3700 Polizisten das bislang größte Polizeikontingent in Friedensmissionen stellen. "Das ist aber eine Wunschvorstellung. International ist das nicht machbar", so die ernüchternde Einschätzung von Stodiek.
Deutsche Polizisten gehen freiwillig ins Ausland
Einem verstärkten Auslandseinsatz speziell deutscher Polizisten steht dabei aber auch das umstrittene Prinzip der Freiwilligkeit entgegen. Im Gegensatz zu Polizisten beispielsweise der französischen Gendarmerie können ihre deutschen Kollegen nicht gezwungen werden, an einem Auslandseinsatz teilzunehmen. So hängt das Gelingen der für den April geplanten zweiten UN-Mission zum Polizeiaufbau im Sudan nicht zuletzt auch von der Bereitwilligkeit der deutschen Polizisten ab, sich in das afrikanische Land versetzen zu lassen.