Berliner Skepsis bei Zypernhilfe
18. März 2013Große Skepsis bei Grünen und SPD, ein klares Nein der Linksfraktion, erhebliches Grummeln auch bei vielen Politikern der Regierungskoalition: So einfach wie bislang wird es der Regierung diesmal nicht fallen, die Euro-Rettungshilfe für das insgesamt fünfte EU-Land, Zypern, durch das Parlament zu bringen. Die Regierung braucht sowohl ein Mandat des Bundestages für die Verhandlungen, der damit auch über die deutsche Position mitentscheidet. Und sie braucht die endgültige Zustimmung zur Zypernhilfe, die der Bundestag im April geben könnte.
Milliarden für Griechenland, Irland, Spanien, Portugal: Stets stimmte der deutsche Bundestag dem Kurs der Bundesregierung zu, wenn auch mit erheblichen Bedenken. Und stets konnte sich Angela Merkel darauf verlassen, dass die Oppositionsparteien SPD und Grünen im Grundsatz für die Euro-Rettung stimmten. Das könnte diesmal anders sein.
Auch Schäuble will Kleinanleger verschonen
Am Sonnabend (16.3.) hatten sich die EU-Finanzminister auf ein Rettungspaket für Zypern geeinigt. Dort ist vor allem der völlig überdimensionierte Bankbereich ins Trudeln geraten, nachdem Zypern Anleger aus Russland, Großbritannien und aus Griechenland jahrelang mit niedrigen Steuern auf die Insel gelockt hatte. Immer wieder war auch der Vorwurf der Geldwäsche erhoben worden. Jetzt soll dem Land mit zehn Milliarden aus dem Euro-Rettungsfonds geholfen werden - angesichts der dreistelligen Milliardensummen für Griechenland ist das wenig. Aber als Gegenleistung sollen alle Anleger, auch kleine mit Sparsummen unter 100.000 Euro, eine einmalige Zwangsabgabe leisten.
Vor allem Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) habe im Kreise der EU-Finanzminister darauf gedrungen, berichten einige Medien. Schäuble wies das zurück, Zypern selbst, die EU-Kommission und die Europäische Zentralbank hätten auch die Kleinanleger zur Kasse bitten wollen.
Deutsche Politiker sehen vor allem zwei Dinge mit Sorge: Ist es richtig, einem EU-Land mit Steuergeld zu helfen, das zuvor dubiose Anleger aus Russland zur Anlage eingeladen hat? Die Geldwäsche müsse konsequent bekämpft werden, so Grüne und SPD. Auch Koalitionspolitiker wie die Euro-Skeptiker Wolfgang Bosbach (CDU) und Frank Schäffler (FDP) sehen das ähnlich. Vor allem aber entzündet sich der Streit am Tabubruch der Beteiligung von Kleinanlegern, die bisher in der Euro-Krise nirgendwo belangt wurden. Dass auch der kleine Mann mit seinen mühsam ersparten Euros für die Fehlleistungen der Banken bluten muss, könnte die Zypern-Hilfe zu Fall bringen - wenn sich an den Details nichts ändert. Zumindest Spareinlagen bis zu 25.000 Euro müssten ganz von der Abgabe freigestellt werden, fordern viele deutsche Politiker.
Merkel muss Korrekturen durchsetzen
Schon bislang war die Euro-Rettungspolitik für die deutsche Regierungschefin stets eine Zitterpartie. Wiederholt verfehlte Angela Merkel in den vergangenen drei Jahren, seit der ersten Finanzhilfe für Griechenland am 7. Mai 2010, bei den Abstimmungen die sogenannte Kanzlermehrheit, also die Mehrheit aller Mandate im Parlament. Dennoch bekamen die insgesamt zwölf Beschlüsse zur Euro-Rettung - neben den Rettungspaketen für die einzelnen Länder auch die zu den Euro-Rettungsfonds EFSF und ESM und zum Fiskalpakt - stets die Mehrheit, weil SPD und Grüne zustimmten. Aber immer stieg auch die Zahl der Skeptiker.
Wenn das Zypern-Paket im Parlament keine Mehrheit bekommt, wäre das auch eine Folge des Frusts, der sich bei vielen Parlamentariern in der Euro-Krise aufgestaut hat. Zumal der Bundeskanzlerin immer wieder vorgeworfen wurde, ihre Euro-Politik nicht genügend zu erklären; sogar Bundespräsident Joachim Gauck äußerte das öffentlich. Außerdem beginnt der Bundestagswahlkampf, eine Parlamentsschlappe wäre für Merkel da besonders brenzlig. Schon allein deshalb wird die Regierung im EU-Rahmen noch auf Korrekturen der Zypern-Hilfe drängen. Zuletzt hatte die Regierung beim Thema Euro-Rettung eine erste schmerzliche Niederlage im Inland erlitten. Der Bundesrat, die Länderkammer, hatte mit seiner Mehrheit von SPD und Grünen die Umsetzung des EU-Fiskalpakts gestoppt, den der Bundestag schon beschlossen hatte und der in Europa schon in Kraft ist.