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Deutsch-griechische Wirtschaftsbeziehungen

5. Oktober 2011

Geschäfte mit den Griechen? Genau das will Wirtschaftsminister Philipp Rösler und reist mit einer Unternehmensdelegation nach Athen. Deutsche und griechische Firmen sollen über Kooperationen beraten.

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Symbolbild: Handel zwischen Deutschland und Griechenland (Grafik: DW)
Bild: AP/DW

Während sich die Meldungen über eine mögliche Insolvenz Griechenlands und über die nächsten Hilfszahlungen überschlagen, fliegt der deutsche Wirtschaftsminister Philipp Rösler am Donnerstag (06.10.2011) mit einer Unternehmerdelegation für zwei Tage nach Athen.

Freund oder Feind?

Vizekanzler und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (Foto: picture alliance / dpa)
Vizekanzler und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP)Bild: picture-alliance/dpa

Zwar war der Minister, gleichzeitig Vorsitzender der mitregierenden FDP, in den letzten Wochen in die Schlagzeilen geraten, weil er als einziges Mitglied der deutschen Regierung die Insolvenz Griechenlands ins Auge fasste. Zudem ließ er in seinem Ministerium Eckpunkte erarbeiten, wie hochverschuldete Euro-Staaten in einem geordneten Insolvenzverfahren saniert werden können. Aber Rösler ist gleichzeitig auch der einzige deutsche Minister, der konkrete Anstrengungen unternimmt, damit die griechische Realwirtschaft gestärkt wird.

Kredite für das notleidende Land seien das eine, argumentiert Rösler, aber ohne die Steigerung von Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit der griechischen Wirtschaft, werde die jetzt geleistete Finanzhilfe wirkungslos verpuffen und Griechenland zu einem Fass ohne Boden. Deshalb besucht Philipp Rösler mit Vertretern aus rund 50 deutschen Unternehmen Griechenland, um, wie er sagt, "als Türöffner dafür zu sorgen, dass man zu persönlichen Kontakten kommt."

Besseres Klima für Investitionen

Hans-Peter Keitel, Präsident des Bundesverbandes der Industrie (BDI) (Foto: dapd)
Hans-Peter Keitel, Präsident des Bundesverbandes der Industrie (BDI)Bild: dapd

Die Anregung dazu kam von der deutschen Wirtschaft selbst. Unternehmen, die in Griechenland investiert haben oder auch die Absicht hatten, es tun, wurden nicht selten enttäuscht: Die bürokratischen Hürden zur Gründung eines Unternehmens sind hoch, die Verwaltung ist wenig effektiv und transparent, die Justiz arbeitet zu langsam und Korruption ist nichts Unbekanntes. Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Hans-Peter Keitel, war früher Vorstandschef des deutschen Baukonzerns Hochtief, der den Athener Flughafen gebaut hat. Er spricht aus eigener Erfahrung, wenn er sagt, dass das derzeitige Investitionsklima in Griechenland ausländischen Investoren kaum Anlass biete, sich dort zu engagieren. "Genau deshalb", so Keitel, "sind wir seit fast einem Jahr im Gespräch mit der griechischen Industrie, der Wirtschaft und der Politik, wie man das Investitionsklima verbessern kann."

Überschaubare, aber wichtige Mission

Dazu soll die Athen-Reise der Wirtschaftsdelegation einen Beitrag leisten. Doch werden die deutschen Unternehmer nicht über griechische Staatsbetriebe und -immobilien verhandeln, die in den nächsten drei Jahren für 50 Milliarden Euro privatisiert werden sollen. Nicht weil viele Experten diesen Plan für unrealistisch halten, sondern weil es sich bei den mitreisenden deutschen Firmen um kleinere und mittlere Unternehmen handelt. Es sind vor allem Betriebe aus dem Bereich erneuerbarer Energien, der touristischen Infrastruktur, der Wasserwirtschaft oder auch der Informationstechnologie.

Martin Knapp, Geschäftsführer der Deutsch-Griechischen Industrie- und Handelskammer in Athen (Foto: DW)
Martin Knapp, Geschäftsführer der Deutsch-Griechischen Industrie- und Handelskammer in AthenBild: DW

Gerade in diesem Sektor bestehen große Potentiale für eine Zusammenarbeit, so der Geschäftsführer der Deutsch-Griechischen Industrie- und Handelskammer in Athen, Martin Knapp. In Griechenland, so Knapp, gäbe es gut ausgebildete Wissenschaftler, insbesondere in den technischen Berufen. Viele von ihnen, vor allem Jungakademiker, seien arbeitslos und auf dem Sprung ins Ausland. Sie könnten aber von deutschen IT-Unternehmen um vieles günstiger auch in Griechenland beschäftigt werden. "Wenn jemand Software herstellt", so Martin Knapp, "warum soll er in Hamburg, München oder Frankfurt sitzen, wenn er das an den Gestaden des Mittelmeers machen kann?"

Vielleicht wird ja etwas daraus werden. Immerhin haben über die Hälfte der mitreisenden deutschen Firmen den Wunsch geäußert, sich mit griechischen Firmen aus dem gleichen Wirtschaftszweig zu treffen. Realistisch betrachtet ist das Ziel dieser Wirtschaftsmission nach Athen überschaubar: Deutsche Investoren sollen für Projekte in Griechenland interessiert werden und mit griechischen Unternehmern zusammenkommen. Das hört sich nach wenig an. In einer Zeit aber, in der das Land so viel Vertrauen im Ausland verspielt hat, ist das aber unvergleichlich viel.

Autor: Panagiotis Kouparanis
Redaktion: Henrik Böhme