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Papandreou Wirtschaft

27. September 2011

Griechenlands Premier Papandreou hat vor deutschen Unternehmern seinen Willen bekräftigt, die Schuldenkrise zu bewältigen. Auf deutsche Direktinvestitionen kann er dabei aber nicht hoffen.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin auf dem Kongress des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) neben BDI-Präsident Hans-Peter Keitel mit dem griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou. (Foto: dapd)
Kanzlerin Merkel mit BDI-Präsident Keitel und dem griechischen Premier PapandreouBild: dapd

Es sind einmal mehr Tage der Wahrheit für Griechenland. Schließlich steht nicht nur die Auszahlung der nächsten Milliarden-Tranche aus dem Hilfspaket von EU und Internationalem Währungsfonds vor der Tür. Und damit verbunden immer der Hinweis: Fließt das Geld nicht, ist Athen demnächst zahlungsunfähig. Zudem muss der Deutsche Bundestag am Donnerstag (29.09.2011) über die Erweiterung des Rettungsschirms abstimmen. Und das alles vor einem konjunkturellen Hintergrund, der alles andere als hoffnungsvoll stimmt.

Papandreou gibt den Obama

Ministerpräsident Giorgos Papandreou auf dem BDI-Kongress in Berlin (Foto: dapd)
Fordert mehr Respekt: Giorgos PapandreouBild: dapd

Daher war die Rede des griechischen Premiers Giorgos Papandreou am Dienstag in Berlin mit großer Spannung erwartet worden. Eingeladen hatte ihn der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), einer der mächtigsten Interessenverbände Deutschlands. Auf dessen alljährlichem "Tag der deutschen Industrie" trifft sich das Who is who der Unternehmer Deutschlands. Papandreou gab sich in Berlin kämpferisch, zitierte mit "Yes, we can" sogar den US-Präsidenten Barack Obama und verlangte mehr Respekt und Anerkennung für die Reformbemühungen seiner Regierung. Schließlich habe man 2010 das Defizit drastisch reduziert – Deutschland hätte dafür vergleichsweise 125 Milliarden Euro sparen müssen.

Einladung zum Investieren

Man stehe zu seinen Zusagen, unterstrich der Gast aus Athen, man werde alle Verpflichtungen erfüllen. "Wir sind kein armes Land, wir waren nur schlecht gemanagt", erklärte Papandreou. Nun sei man auf einem schmerzhaften Weg. Aber es gebe Lichtblicke. So habe man den Export um 40 Prozent steigern können. Jetzt wolle man in Solaranlagen investieren, um den Strom zum Beispiel nach Deutschland zu exportieren. Gleichzeitig lud Papandreou deutsche Unternehmen ein, in Griechenland zu investieren.

Noch viele Hürden

Der Präsident des Bundesverbandes der Industrie (BDI), Hans-Peter Keitel, am Dienstag (27.09.11) in Berlin (Foto: dapd)
Zurückhaltend mit Zusagen: BDI-Chef Hans-Peter KeitelBild: dapd

Die Wirtschaftsvertreter spendeten dem Premier zwar viel Beifall und zollten ihm Respekt. Allerdings sieht die deutsche Industrie derzeit kaum Chancen für Direktinvestitionen in Griechenland. Das Investitionsklima dort sei nicht so, "um in großem Stil zu investieren", erwiderte BDI-Chef Hans-Peter Keitel. Nötig sei ein "klares Signal" an ausländische Investoren. Dabei geht es, so war zu hören, um ungeklärte Streitfälle aus der Vergangenheit und die Zahlungsmoral im Land.

Klare Ansage der Kanzlerin

Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem BDI-Kongress am Dienstag in Berlin (Foto: dapd)
Unterstützung für den Premier von Kanzlerin MerkelBild: dapd

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ergriff vor den Wirtschaftsvertretern das Wort. Sie teilte Papandreous Einschätzung, wonach Athen auf einem guten Weg sei. Sie habe "absoluten Respekt" vor den Sparanstrengungen und der Strukturreform, die dessen Regierung angestoßen habe. Jetzt gehe es vor allem darum, dass Griechenland Vertrauen gewinne. Gleichzeitig erteilte die Kanzlerin der Forderung nach neuen Konjunkturpaketen erneut eine klare Absage: "Die Idee, dass Wachstum immer nur durch mehr Schulden stattfinden kann, ist eine falsche Idee." Erst am Montag hatte der US-Präsident den Europäern eine zu zögerliche Haltung bei der Bekämpfung der Eurokrise vorgeworfen.

Delegation nach Athen

In der kommenden Woche wird Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) mit einer großen Unternehmer-Gruppe nach Griechenland reisen. Als mögliche Felder für künftige deutsche Unternehmensinvestitionen gelten Telekommunikation, Infrastruktur, Erneuerbare Energien, Abfallwirtschaft und das Gesundheitswesen. In diesen Besuch setzen die Griechen große Hoffnungen. Allerdings hat Rösler in den vergangenen Wochen durch seine harte Haltung in Sachen Griechenland-Hilfe einiges an Sympathie-Punkten verspielt. Dem Vernehmen nach vermied Papandreou bei seinem Auftritt in Berlin eine direkte Begegnung mit dem FDP-Chef.

Autor: Henrik Böhme (dpa, dapd, rtr)
Redaktion: Martin Schrader