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Deutscher Adel: Titel ja, Privilegien nein

Torsten Landsberg mit dpa
8. September 2022

Mit dem Inkrafttreten der Weimarer Verfassung im Jahr 1919 verlor der deutsche Adel seine Privilegien. Trotzdem ist in Deutschland bis heute von Adel und Adligen die Rede - dank der Klatschpresse und Lobbyarbeit.

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Spielkarte Herzkönig
Bild: Harald Richter/Bildagentur-online/McPHOTO/picture alliance

Am 6. Februar 1919 war die Nationalversammlung in Weimar zusammengekommen, um eine demokratische Verfassung zu entwickeln, die ein halbes Jahr später, am 31. Juli, als Verfassung des Deutschen Reichs verabschiedet wurde und am 14. August 1919 in Kraft trat. Die sogenannte Weimarer Verfassung führte die Gewaltenteilung ein und sicherte den Bürgerinnen und Bürgern Grundrechte zu, darunter das Recht auf freie Meinungsäußerung, die Gleichberechtigung von Mann und Frau, das Frauenwahlrecht, die Trennung von Kirche und Staat sowie die Religions- und Pressefreiheit.

Für die Idee von Volkssouveränität und parlamentarischer Demokratie wurden zudem die Standesunterschiede abgeschafft. Entsprechend erklärte die neue Verfassung die Gleichheit aller Deutschen vor dem Gesetz. Es sollten auch keine Adelstitel mehr verliehen werden. Bis dahin war der Adel in Deutschland ein eigener Stand mit Titeln und Privilegien. Zu ganzen Berufszweigen hatten Menschen keinen Zugang, sofern sie nicht dem Adel angehörten.

Ernst August Prinz von Hannover (2009)
Bei Ernst August Prinz von Hannover taucht der Titel erst im Nachnamen und damit zu spät auf, um adlig zu seinBild: Jochen Lübke/dpa/picture alliance

Der eine ist Prinz, der andere nicht

Die früheren Adligen und ihre Nachkommen sind seitdem Bürgerliche, allerdings ließ ihnen die Nationalversammlung das Recht, ihre Titel als Bestandteile ihrer bürgerlichen Namen zu behalten. Ein Blick nach England zeigt den Unterschied: Dort tragen Adlige wie Prinz Charles ihre Titel vor dem Vornamen. Bei den deutschen Nachfahren des Adelsgeschlechts taucht der frühere Titel erst im Nachnamen auf, wie bei Ernst August Prinz von Hannover. Charles ist ein Prinz, Ernst August heißt nur so.

Warum der frühere Adel von den alten Namen nicht lassen will, lässt sich am Beispiel des Oberhaupts des ehemaligen deutschen Fürstenhauses Thurn und Taxis erklären, dem 1983 geborenen Albert von Thurn und Taxis, dessen monarchische Anrede sich laut des "Genealogischen Handbuchs des Adels" durchaus klangvoll liest: Seine Durchlaucht der 12. Fürst von Thurn und Taxis, Fürst zu Buchau und Fürst von Krotoszyn, Herzog zu Wörth und Donaustauf, gefürsteter Graf zu Friedberg-Scheer, Graf zu Valle-Sássina, auch zu Marchtal, Neresheim usw., Erbgeneralpostmeister. Sogar das "usw." ist Teil des Titels.

Albert von Thurn und Taxis steht lächelnd neben einem Rennwagen
Seine Durchlaucht, der 12. Fürst von Thurn und Taxis, liebt AutorennenBild: Gregory Lenormand/DPPI Media/picture alliance

1990 einer der jüngsten Milliardäre der Welt

Ob Albert ein echter Prinz ist oder nicht, spielt für die Boulevardpresse keine Rolle. So ist etwa der Beziehungsstatus des 39-jährigen unverheirateten "Adligen" ein beliebtes Thema der Klatschblätter. Sein Vermögen trägt daran sicher einen nicht zu unterschätzenden Anteil: Als sein Vater 1990 starb, landete Albert von Thurn und Taxis als einer der jüngsten Milliardäre der Welt auf der "Forbes"-Liste. Seine Familie ist unter anderem der größte private Waldbesitzer in Deutschland.

Obwohl Adelstitel in Deutschland also keine Adelsprivilegien mit sich bringen, sind sie durchaus beliebt und werden durch Heirat, Adoption oder sogar den käuflichen Erwerb weitergegeben. Und während sich Jungpolitiker der SPD für die Abschaffung von ehemals adligen Namenszusätzen einsetzen, orientiert sich die Vereinigung der Deutschen Adelsverbände (VdDA) mit immerhin 80.000 Mitgliedern am Adelsrecht von 1918.

Mehr Inhalte über Deutsche und ihre Eigenarten, deutsche Alltagskultur und Sprache finden Sie auf YouTube und unserer Seite www.dw.com/meetthegermans_de.

Dies ist die aktualisierte Fassung eines Artikels aus dem Jahr 2019.