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Deutscher China-Handel auf Rekordhoch

Rene Wagner Reuters
8. Februar 2023

China bleibt Deutschlands wichtigster Handelspartner. Gleichzeitig ergibt sich ein Defizit in der bilateralen Handelsbilanz. Bei bestimmten Rohstoffen bleibt die Abhängigkeit groß.

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China | Wirtschaft und Handel
Ein Containerschiff des chinesischen Staatskonzerns Cosco faehrt elbaufwaerts in den Containerhafen HamburgBild: Winfried Rothermel/picture alliance

Der Handel der deutschen Wirtschaft mit China ist im vergangenen Jahr ungeachtet aller politischen Warnungen vor einer zu starken Abhängigkeit auf einen Rekordwert gestiegen. Zwischen beiden Ländern wurden Waren im Wert von rund 298 Milliarden Euro gehandelt. Das ist ein Wachstum von rund 21 Prozent im Vergleich zu 2021, wie aus Reuters am Mittwoch vorliegenden Daten des Statistischen Bundesamtes hervorgeht.

Damit blieb die Volksrepublik das siebte Jahr in Folge der wichtigste deutsche Handelspartner, gefolgt von den USA (rund 248 Milliarden Euro) und den Niederlanden (knapp 234 Milliarden Euro). "Handelsströme ändern sich nicht über Nacht", kommentierte der Chefvolkswirt des Mercator Institute for China Studies (Merics), Max Zenglein, die Entwicklung. "Das Land wird noch eine ganze Weile unser wichtigster Handelspartner bleiben."

Das Ende der Fahnenstange

2022 wurden Waren im Wert von gut 191 Milliarden Euro aus der Volksrepublik eingeführt und damit gut ein Drittel mehr als 2021. Deutschland kauft vor allem Elektronik und Elektrotechnik in China, aber auch Textilien/Bekleidung, Maschinen und chemische Produkte. Die Exporte von Waren "Made in Germany" nach China legten dagegen nur um 3,1 Prozent auf rund 107 Milliarden Euro zu.

In der Handelsbilanz mit der Volksrepublik weist Deutschland damit ein Defizit von rund 84 Milliarden Euro aus. "China ist wichtig als Exportmarkt, aber weit weniger wichtig als es in der öffentlichen Wahrnehmung erscheint. Die USA sind hier wesentlich bedeutender für die deutsche Wirtschaft", sagte Zenglein. "Die Exporte nach China sind ausgereizt, da sind keine großen Sprünge mehr zu erwarten. Wir haben hier das Plateau erreicht."

China Frachtcontainer
Waren werden nicht nur per Schiff geliefert, sondern auch per Bahn und über die Innere MongoleiBild: Tang Zhe/Costfoto/picture alliance

Gefährliche Abhängigkeit

Politik und Wissenschaft sind angesichts der starken Verflechtung in einigen Bereichen dennoch alarmiert. "Problematisch ist vor allem die Abhängigkeit von kritischen Rohstoffen, auf deren Import wir wegen der Energie- und Verkehrswende angewiesen sind", sagte der Leiter der Abteilung Weltwirtschaft im Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Lukas Menkhoff, zu Reuters. Deutschland importiert etwa zwei Drittel der Seltenen Erden aus China. Die Metalle sind etwa in Akkus, Halbleitern oder Magneten in Elektroautos unverzichtbar

"Russlands Krieg gegen die Ukraine hat uns drastisch vor Augen geführt, wie die Rohstoffabhängigkeit von autokratischen Regimen als politisches Druckmittel benutzt werden kann", sagte der Forscher. Bei vielen kritischen Rohstoffen gebe es keine kurzfristige Ausweichmöglichkeit. "Sollte China Taiwan angreifen, kann die deutsche Wirtschaft in Versorgungsprobleme geraten", warnte Menkhoff. Die USA hätten sich schon systematischer auf ernsthafte Handelskonflikte vorbereitet. "Zum Beispiel fördern sie nun wieder selbst Seltene Erden", sagte der DIW-Experte. "Sie sind da weiter als Deutschland und Europa."

Suche nach neuen Märkten

China wird auch innerhalb der Bundesregierung zunehmend als Rivale gesehen. Das Wirtschaftsministerium plant umfangreiche Auflagen für deutsche Firmen im China-Geschäft und den Ausschluss von Anbietern aus autoritären Staaten von der kritischen Infrastruktur. In Ende 2022 bekannt gewordenen "Internen chinapolitischen Leitlinien" wird eine deutliche Reduzierung der Abhängigkeiten von China gefordert, eine völlige Entkoppelung vom größten deutschen Handelspartner aber abgelehnt.

"China ist wichtig für die deutsche Wirtschaft. Aber das sollte nicht davon abhalten, eigene Interessen gegenüber Peking durchzusetzen", sagte Merics-Chefvolkswirt Zenglein. "Japan und Taiwan sind weit stärker mit der Volksrepublik verflochten und haben weit weniger Hemmungen, dort selbstbewusst wirtschaftliche und sicherheitspolitische Interessen einzufordern." Zur Strategie müsse auch gehören, sich neue Märkte außerhalb Chinas zu erschließen - gerade in Asien. Dadurch ließen sich Abhängigkeiten verringern.