Schneeschippen für Hartz IV
22. Februar 2010Wenn Guido Westerwelle eine Debatte über den Sozialstaat anstoßen wollte, dann ist ihm das zumindest teilweise gelungen. Wenigstens bei der Linken freute man sich über seine Äußerungen vom Wochenende zu Arbeitslosen und Hartz IV-Empfängern.
Westerwelle habe mit seinen Forderungen, Hartz IV-Empfänger zu bestrafen, wenn sie angebotene Arbeit ablehnten, zwar wieder die Schwächsten der Gesellschaft ins Visier genommen, sagte Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch. Aber, so fügte er hinzu, es sei begrüßenswert, dass damit eine wichtige Debatte in Gang komme, eine Debatte über die zukünftige Gestaltung des Sozialstaats.
Die Äußerungen des FDP-Parteichefs dienten darüber hinaus auch dazu, den Liberalen die Maske vom Gesicht zu reißen, frohlockte Bartsch. Es habe ihn verwundert, dass bei der letzten Bundestagswahl zehn Prozent der Arbeitslosen FDP gewählt hätten. Er hoffe, dass sie dies in Zukunft nicht mehr täten.
Harte Worte
Westerwelle hatte am vergangenen Wochenende (20./21.02.2010) in Zeitungsinterviews und in einer Stellungnahme vor den Fernsehkameras gefordert, dass Hartz IV-Empfänger bestraft werden sollten, wenn sie zumutbare Arbeiten ablehnten. "Ich finde, wer jung ist, wer gesund ist und wer keine eigenen Angehörigen zu versorgen hat, der sollte für das, was er vom Staat bekommt, auch eine Bereitschaft zur Gegenleistung haben, seien es gemeinnützige Arbeiten, sei es, dass er zurückgeht in angebotene Arbeit," sagte Westerwelle am Sonntagabend.
Der FDP-Chef und Bundesaußenminister präzisierte: So könne man Hartz IV-Empfänger zum Beispiel zum Schneesschippen verpflichten. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm reagierte verhalten auf die Forderung des Vizekanzlers. Ein Blick ins Gesetz zeige, dass es bereits jetzt Sanktionsmöglichkeiten gebe. So führe eine Pflichtverletzung ohne wichtigen Grund zu einer Kürzung des Arbeitslosengeldes II. Bei Erwachsenen könne dies bei wiederholten Pflichtverletzungen sogar zur Kürzung der gesamten Unterstützung führen. Davon ausgenommen seien nur die Ausgaben für die Wohnung, um Obdachlosigkeit zu vermeiden.
Sachlichkeit statt Polemik
Bei der FDP bemüht man sich unterdessen um Versachlichung in der Debatte. Generalsekretär Christian Lindner sagte, seine Partei wolle in Kürze Eckpunkte vorlegen, wie man in Zukunft die Sozialleistungen begrenzen und effektiver gestalten könne. Schon bald wolle man ein Symposium veranstalten, um mit gesellschaftlichen und politischen Gruppen über die Zukunft des Sozialstaats zu diskutieren, sagte Lindner.
Autor: Bettina Marx
Redaktion: Nicole Scherschun