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Deutschland nur Mittelmaß beim Klimaschutz

Andrea Rönsberg, zurzeit Warschau19. November 2013

Deutschlands Klimapolitik sei unambitioniert, sagt die Organisation Germanwatch. Ihr Index, der CO2-Ausstoß und den Ausbau erneuerbarer Energien bewertet, sieht Deutschland nicht unter den "Top Ten".

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Rauch und Dampf steigt am aus den Kühltürmen und Schornsteinen des RWE-Braunkohlekraftwerks Niederaußem bei Bergheim. (Foto: Oliver Berg/dpa).
Bild: picture-alliance/dpa/Oliver Berg

"Mittelmäßig" - das ist die Kategorie, in der sich Deutschland im diesjährigen Klimaschutz-Index wieder findet. Der Index misst verschiedene Indikatoren, die in die Kategorien Emissionen, Energieeffizienz, Erneuerbare Energien und Klimapolitik zusammengefasst werden. Vor allem der Bewertung in letzterer Kategorie hat es Deutschland zu verdanken, dass es im Vergleich zum vergangenen Jahr um elf Plätze herunter ging - auf Platz 19.

"Dieser Absturz liegt daran, dass Deutschland auf der Ebene der Europäischen Union sowohl die Effizienzrichtlinie als auch die Reform des Emissionshandels und die Klimapolitik im Bereich der Autoindustrie blockiert hat", sagt Christoph Bals, der politische Geschäftsführer von Germanwatch.

Infografik zum Klimaschutz-Index 2013, Platzierungen 1-20 (Grafik: DW).

Deutsche Blockade europäischen Klimaschutzes

Mithilfe der Energieeffizienz-Richtlinie, die nach zähem Ringen in den EU-Institutionen im Dezember 2012 in Kraft getreten ist, will die EU ihr Ziel erreichen, den Energieverbrauch bis zum Jahr 2020 um 20 Prozent zu reduzieren. Mit Blick auf die heimische Industrie hatte Deutschland hier immer wieder zahlreiche Ausnahmen geltend gemacht und die politische Einigung erschwert.

Im Bereich der Autoindustrie peilt die EU an, dass bis zum Jahr 2020 Autos nunmehr 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen dürfen. Ein Wert, der nicht für jedes Auto, aber für den Durchschnitt der Flotte jedes einzelnen Autoherstellers gelten soll. Deutschland fürchtet übermäßige Belastungen der heimischen Autobranche, die anders als andere europäische Hersteller größere und schwerere Fahrzeuge auf den Markt bringt. Diese stoßen mehr CO2 aus als kleinere und leichtere Autos. Deshalb hatte sich die deutsche Regierung vor einigen Wochen einer europäischen Einigung widersetzt.

Der Emissionshandel - zentrales Instrument der EU-Klimaschutzpolitik - sieht vor, dass Unternehmen mittels Emissionszertifikaten das Recht erkaufen müssen, Treibhausgase auszustoßen. Allerdings sind so viele Emissionszertifikate auf dem Markt, dass der Preis niedrig ist und der Handel quasi wirkungslos geworden ist.

Anzeichen für konstruktivere Politik?

Erst Anfang November hatten sich die 28 Mitgliedsländer der EU nach jahrelangen Auseinandersetzungen darauf geeinigt, den Emissionshandel zu reformieren. Der Kern der Einigung bestand darin, dass 900 Millionen Zertifikate vorerst aus dem Markt genommen und erst später gehandelt werden sollen. Dadurch werden die auf dem Markt befindlichen Zertifikate teurer.

Der Klimaberater der Bundesregierung Jochen Flasbarth, Präsident des Umweltbundesamtes (Foto: Britta Pedersen/dpa).
Jochen Flasbarth sieht Bewegung im Streit um den EmissionshandelBild: picture-alliance/dpa

Für Jochen Flasbarth, den Chef des Umweltbundesamts, gibt die Einigung Anlass zur Hoffnung, dass Deutschland demnächst eine konstruktivere Rolle in der EU-Klimaschutzpolitik spielen wird. Es mangele aber noch an ausreichenden Signalen, dass Deutschland auch einer endgültigen Herausnahme von Zertifikaten aus dem Handel zustimmen werde.

Ohnehin kann Deutschland nicht damit rechnen, im nächsten Jahr wieder zu den Top Ten der Klimaschützer im Index von Germanwatch zu gehören. Schließlich spielt auch der CO2-Ausstoß eine Rolle bei der Platzierung. Der aber ist in Deutschland - nachdem die Werte über zwei Jahrzehnte lang gesunken sind - in diesem und im vergangenen Jahr gestiegen.

Hoffnungsschimmer China

Global befinden sich die CO2-Emissionen auf einem Rekordhoch. Und ausgerechnet das Land, das weltweit am meisten CO2 ausstößt, gibt aber laut Christoph Bals Anlass zu Hoffnung: China. Zwar listet der Index China immer noch unter den Ländern, die schlecht abschneiden, aber immerhin schafft China es auf Platz 46 und steht damit besser da als beispielsweise Griechenland.

Das hat die Volksrepublik zwei Entwicklungen zu verdanken. Zum einen ist der starke Anstieg von Emissionen gebremst worden: "Wenn man die vorläufigen Zahlen für 2012 anschaut sieht man, dass für Gesamtchina das Emissionswachstum um zwei Drittel langsamer ausfällt, als in allen Jahren dieses Jahrhunderts zuvor", erläutert Bals.

Positive Entwicklungen sieht Bals auch im Feld der chinesischen Klimaschutzpolitik. "Für die ersten großen Provinzen führt China eine Politik der Kohlebegrenzung ein, sodass eine jährliche Reduktion des Kohleeinsatzes um sechs Prozent vorgeschrieben wird", sagt Bals. Das mache Hoffnung, dass die Emissionen bald nicht mehr steigen, sondern auf einem - wenn auch hohen - Niveau stabil bleiben würden.

"Entscheidungen aus Peking werden nicht sofort umgesetzt"

Ganz so optimistisch ist Lina Li von der chinesischen Umweltschutzorganisation "Greenovation Hub" allerdings nicht. Sicherlich gebe es diese politischen Entwicklungen auf nationaler Ebene, sagt sie. Aber es sei ein Irrtum zu glauben, dass alles, was in Peking entschieden würde, sofort auf lokaler Ebene umgesetzt würde.

"Die Beziehungen zwischen nationaler Regierung und den örtlichen Verwaltungen sind etwas kompliziert", sagt sie. "Die lokalen Behörden spielen aber eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, die nationale Politik um- und durchzusetzen. Wenn Klimaschutzpolitik vor Ort nur als ein Befehl von oben gesehen wird und nicht als etwas, das im Interesse der Behörden vor Ort, dann wird es keine wirkliche Veränderung geben."

Auseinandersetzung zwischen EU und China

Was den Ausbau erneuerbarer Energien angeht, sieht Germanwatch ebenfalls Fortschritte bei China – auch wenn diese im diesjährigen Index noch nicht berücksichtigt sind. Für Lina Li sind diese Fortschritte die positiven Effekte der Auseinandersetzung zwischen China und der EU über die Solar-Paneele, die China nach Ansicht der EU zu billig ins Ausland verkauft. "Jetzt ist die Regierung gezwungen, die Solar-Paneele nicht nur zu produzieren, sondern auch auf den heimischen Markt zu bringen", sagt Li. Deshalb habe sich die Regierung jetzt das Ziel gesetzt, den Anteil der Solarenergie bis 2015 fast zu verzehnfachen. Beim Ausbau der Windenergie gebe es aber sowohl politische als auch technische Hindernisse.

Solarfeld in China (Foto: CC/Wing).
China setzt die Solarzellen nun auch zu Hause einBild: CC/Wing

Mangelndes Bewusstsein in der Bevölkerung

Das größte Hindernis auf Chinas Weg zum Vorreiter in der Klimaschutzpolitik sieht Li aber auf einer anderen Ebene. Die breite Bevölkerung habe zwar Druck ausgeübt, die Energiegewinnung aus Kohle zurückzufahren und so die Luftqualität zu verbessern. Im Großen und Ganzen aber sei Klimaschutz für die Öffentlichkeit kein großes Problem.

"Wir waren noch nicht in der Lage, der Bevölkerung deutlich zu machen, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen dem Klimawandel und den dringenden Problemen, die die Leute betreffen", sagt sie. "Selbst bei so großen Dürren, wie wir sie diesen Sommer wieder hatten, die sich ja auch auf die Wasser- und Nahrungsmittelversorgung auswirken - selbst bei solchen Ereignissen stellen die Leute den Zusammenhang nicht her und fordern deshalb auch keine entschlossenere Politik."

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