Deutschland gewinnt dank Deniz Undav in Bosnien-Herzegowina
11. Oktober 2024Lange hielt es Bundestrainer Julian Nagelsmann nicht auf der Trainerbank. In den ersten Minuten des Spiels der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gegen Bosnien-Herzegowina in der UEFA Nations League sorgte die DFB-Elf für viel Unzufriedenheit beim 37 Jahre alten Coach. Immer wieder gestikulierte er und gab lautstarke Anweisungen an seine Mannschaft weiter.
Die hochmotivierten Gastgeber ließen das deutsche Team nicht ins Spiel kommen. Die 13.500 Fans auf den Rängen des ausverkauften, kleinen "Bilino Polje" Stadions in Zenica machten ordentlich Lärm und witterten die Chance auf eine Überraschung.
Doppelpack von Deniz Undav
Doch dann erhöhten die Gäste das Tempo. Und nach einem wunderbaren Pass von Robert Andrich auf seinen Teamkollegen vom Deutschen Meister Bayer Leverkusen, Florian Wirtz, der clever auf den freistehenden Deniz Undav ablegte, verstummte das Stadion plötzlich. Denn der Angreifer des VfB Stuttgart zeigte keine Nerven und versenkte den Ball eiskalt im Tor (29. Minute).
Wenige Minuten später war es erneut der Nationalstürmer, der seinen zweiten Treffer erzielen konnte (36.). Deutschland hätte deutlicher führen können, doch Treffer von Debütant Tim Kleindienst (32.), erneut Undav (58.) und Serge Gnabry (68.) zählten wegen Abseits nicht.
So konnte Edin Dzeko in der 70. Minute mit seinem Anschlusstreffer noch einmal für Spannung sorgen, doch am Ende freute sich Deutschland über einen knappen 2:1 (2:0)-Erfolg. Und Undav zudem noch über seine Treffer zwei und drei in seinem insgesamt fünften Länderspiel.
Deniz Undav: "Habe nie daran geglaubt"
Dass der Angreifer überhaupt einmal Tore im Nationalmannschaftstrikot erzielen würde, schien vor gut einem Jahr noch völlig unrealistisch. Denn erst kurz vor der EURO 2024 in Deutschland wurde der heute 28 Jahre alte Undav von Bundestrainer Nagelsmann in die Nationalelf berufen. Für den Stürmer eine große Überraschung, denn bis zu seinem 22. Lebensjahr war an eine Karriere als Profi-Fußball nicht zu denken.
Bei seinem Heimatverein TSV Achim begann er im Bundesland Niedersachsen seine Fußball-Laufbahn, ehe er in die Jugendabteilung von Werder Bremen wechselte. Doch dort wurde er nach fünf Jahren aufgrund seiner zu geringen Körpergröße aussortiert. Mit 19 Jahren kickte er beim Regionalligisten TSV Havelse und begann nebenbei eine Ausbildung zum Maschinenführer.
Seine Karriere schien bereits beendet, ehe sie überhaupt begonnen hatte. "Ich habe nie wirklich dran geglaubt, denn ich bin in jungen Jahren immer wieder enttäuscht worden und hatte das Glück nie auf meiner Seite", erklärte Undav im DW-Interview.
Über Umwege in die Nationalmannschaft
Doch Undav kämpfte sich zurück. Erst spielte er in der 2. belgischen Liga bei Union Saint-Gilloise, ehe er zum Premiere-League-Klub Brighton & Hove Albion wechselte. Wegen seiner hohen Trefferquote wurden andere Vereine auf den Fußballer aufmerksam und so landete er im Sommer 2023 als Leihspieler beim VfB Stuttgart.
In der Bundesliga schaffte Undav seinen endgültigen Durchbruch und war mit 29 Torbeteiligungen in 32 Bundesligaspielen maßgeblich an der erfolgreichen vergangenen Saison, die Stuttgart als Vizemeister abschließen konnte, beteiligt. Sein bisheriger Höhepunkt folgt in diesem Sommer - Undav ist Teil der DFB-Auswahl, die bei der Fußball-Europameisterschaft für Begeisterung sorgte.
Lob des Vaters erst als Nationalspieler
"Ich konnte den Stolz meiner Eltern im Gesicht ablesen", sagte Undav vor der EM. "Mein Vater wollte immer, dass ich Fußballer werde und meine Mutter wollte, das sich einfach arbeiten gehe." Undavs Vater setzte sich schließlich durch und gemeinsam mit seiner Frau unterstützten sie ihren Sohn wo immer es ging. Trotz guter Leistungen bei seinen Vereinen, echtes Lob bekam Undav von seinem Vater nie. Doch die ersten Länderspiele des Stürmers änderten das.
"Damals habe ich von meinem Vater nicht gehört: 'Du hast das gut gemacht'", erinnerte sich Undav. "Doch dann habe er nach einem Länderspiel eine positive Nachricht mit einem Lob von seinem Vater bekommen. "Das hat mir gezeigt, dass sich irgendetwas richtig mache. Das bedeutet mit sehr viel. Im Endeffekt spiele ich Fußball für meine Familie."
Mit Lockerheit zum Erfolg
Mit seinem Doppelpack gegen Bosnien-Herzegowina hat Undav nun auch im DFB-Team bewiesen, dass er ein wichtiger Baustein sein kann. "Deniz ist schon ein kleiner Torjäger", lobte Nagelsmann seinen 1,79 Meter großen Angreifer nach dem Spiel im Fernsehinterview, schob aber direkt nach: "Klein nur wegen der Körpergröße." Für den Bundestrainer, der seit einigen Wochen auf den Niclas Füllkrug und aktuell auch auf Kai Havertz verzichten muss, kommt Undavs Treffsicherheit zum richtigen Zeitpunkt.
Und der 28-Jährige will nicht nur auf dem Platz vorangehen, Undav will mit seiner Art andere inspirieren und Vorbild sein. "Wenn ich nur einen mit meiner Art anstecken kann, dann habe ich schon viel erreicht. Ich will zeigen, dass man auch in hohen Druck-Situationen locker umgehen kann." Wenn du zu viel verkrampfst, können man nicht gut spiele, so der Angreifer.
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Bosnien-Herzegowina - Deutschland 1:2 (0:2)
Tore: 0:1 Undav (30.), 0:2 Undav (36.), 1:2 Dzeko (70.)
Zuschauer in Zenica: 13.500 (ausverkauft)