DFB-Team: Deutschland auf gutem Weg in der Nations League
11. September 2024Was hat gut funktioniert?
Hier ist in erster Linie die Offensive zu nennen. Um das Trio Florian Wirtz, Jamal Musiala und Kai Havertz können viele andere Teams die deutsche Fußball-Nationalmannschaft nur beneiden. Mit viel Tempo, hohen technischen Fertigkeiten und großem läuferischem Einsatz reißen die drei Angreifer die gegnerische Defensive immer wieder auseinander, erspielen sich Chancen und gewinnen viele zweite Bälle.
Hinzu kommen mit Niclas Füllkrug und Deniz Undav zwei echte Stoßstürmer, die immer in der Lage sind, ein Tor zu schießen.
Zudem ist die Mentalität der Mannschaft positiv. Als man gegen die Niederlande früh in Rückstand geriet, ließen sich die Spieler davon nicht beeindrucken oder entmutigen. Das war zuvor unter Hansi Flick und in der letzten Phase unter Joachim Löw oft der Fall.
"Die Mannschaft glaubt an sich, und das ist der Schlüssel", lobte auch Bundestrainer Julian Nagelsmann. "Wir sind auf einem sehr guten Weg. Es waren sehr gute Tage als gesamte Gruppe. Es ist eine angenehme Mannschaft, die sehr viel Leidenschaft versprüht. Es macht Spaß, mit ihnen zu arbeiten."
Wo sind noch Baustellen?
Während die Abwehr gegen harmlose Ungarn nicht vor viele schwierige Aufgaben gestellt wurde, gab es gegen die stärkeren Niederländer einige Situationen, die besser hätten gelöst werden müssen. Bei der Stellung zum Ball, der Kontrolle des direkten Gegenspielers, dem Zweikampfverhalten insgesamt und bei der Entscheidungsfindung (Löse ich die Situation spielerisch oder ist ein Befreiungsschlag angebracht?) gab es Luft nach oben.
Mit Vizekapitän Antonio Rüdiger war eine Stammkraft nicht dabei. Der Innenverteidiger von Real Madrid hatte eine Regenerationspause bekommen.
Die hätten unter Umständen auch Jonathan Tah und Robert Andrich vom deutschen Double-Sieger Bayer 04 Leverkusen nötig gehabt. Beiden war - vor allem beim 2:2 in Amsterdam - anzumerken, dass nach der äußerst erfolgreichen aber auch anstrengenden Vorsaison und der EURO noch ein wenig die körperliche und mentale Frische fehlt.
Wie wurden die Rücktritte von Manuel Neuer und Co. aufgefangen?
Auch wenn es den zurückgetretenen Toni Kroos, Manuel Neuer, Thomas Müller und Ilkay Gündogan nicht unbedingt schmeichelt, so waren im Grunde kein Qualitätsverlust oder eine Leistungsdelle zu spüren.
Marc-André ter Stegen blieb als neue Nummer eins ohne Fehler und strahlte Ruhe aus. Gleiches galt für den neuen Kapitän Joshua Kimmich, der auf der rechten Abwehrseite viel arbeitete, immer wieder Akzente nach vorne setzte und sich in Amsterdam sogar in die Torschützenliste eintrug.
Im defensiven Mittelfeld scheint sich Pascal Groß zur neuen zentralen Figur zu entwickeln, dem dann wahlweise der rustikale Abräumer Andrich oder Aleksandar Pavlovic als etwas offensivere Variante zugeordnet wird. Müller hatte auf dem Platz zuletzt keine tragende Rolle mehr gespielt, sondern war eher für das Binnenklima und die gute Stimmung im Team zuständig. Um die muss man sich aber wohl keine Sorgen machen. Alle Spieler kommen gerne zur Nationalmannschaft.
"Es sind viele positive Sachen, die wir rausnehmen können", zog Jamal Musiala nach den beiden Länderspielen Bilanz. Zwar seien vier Legenden aus der Mannschaft gegangen, aber der angestoßene Prozess laufe in die richtige Richtung. "Die Stimmung in der Mannschaft ist richtig gut", so Musiala. "Wir spielen guten Fußball und es macht Spaß."
Wie ist der weitere Fahrplan?
Am 11. und 14. Oktober stehen mit den Nations-League-Partien in Zenica gegen Bosnien-Herzegowina und gegen die Niederlande in München die nächsten beiden Pflichtspiele an.
In der Zwischenzeit sind in der Fußball-Bundesliga vier Spieltage zu absolvieren, hinzu kommen die ersten beiden Runden der Champions League, bzw. Europa und Conference League.
Was könnte sich personell dann ändern?
Mit Leroy Sané und Serge Gnabry stehen zwei Nationalspieler des FC Bayern in den Startlöchern. Sané wird bei den Münchenern nach einer Leisten-Operation demnächst auf den Platz zurückkehren. Gnabry machte zu Saisonbeginn mit guten Leistungen auf sich aufmerksam, wurde aber von Nagelsmann vorerst nicht nominiert.
Karim Adeyemi von Borussia Dortmund hat ebenfalls Argumente für ein Comeback in der Nationalmannschaft gesammelt. Der 22-Jährige war in der Länderspielpause für die deutsche U21 in der EM-Qualifikation aktiv und erzielte beim 5:1 im ungarischen Györ gegen Israel und dem 10:1-Kantersieg in Estland insgesamt fünf Tore. "Das sollte mein Standard sein", sagte Adeyemi anschließend. "Genau das wollte ich hier erreichen: Erstmal der Mannschaft helfen, natürlich gewinnen, aber auch für mich selber ein bisschen Selbstbewusstsein tanken, Tore oder Assists machen."
Außerdem wird ein spannender Aspekt der Kader-Nominierung Nagelsmanns für die Spiele in Bosnien-Herzegowina und gegen die Niederlande sein, ob Paul Wanner mit dabei ist. Der 18-Jährige ist derzeit vom FC Bayern an den 1. FC Heidenheim ausgeliehen und sorgt dort für Furore. In den ersten vier Pflichtspielen der Saison schoss er vier Tore und legte zwei weitere Treffer auf. Wanner steht auf dem Zettel des Bundestrainers.
Seine Nominierung hätte gleich zwei positive Effekte: Zum einen würde der Youngster erste Luft im Kreise der Nationalmannschaft schnuppern. Zum anderen könnte man ihn mit einem Kurzeinsatz für das deutsche Team sichern. Wanners Mutter kommt aus Österreich. Er wäre daher auch für den österreichischen Verband (ÖFB) spielberechtigt und wird von dessen Trainer Ralf Rangnick umworben. Laut Medienberichten soll sich Wanner für eine DFB- und gegen eine ÖFB-Karriere entschieden haben, aber definitiv ist das erst, wenn er für die deutsche Elf in einem Pflichtspiel auf dem Platz gestanden hat.