Deutschland ist erschüttert
14. November 2015Wie aus dem Auswärtigem Amt zu erfahren war, tagte um 12 Uhr der Krisenstab der Bundesregierung unter Leitung des Staatssekretärs des Auswärtigen Amts, Stephan Steinlein. Die deutschen Sicherheitsbehörden stellten das aktuelle Lagebild dar. Im Anschluss beriet der Krisenstab über nächste Schritte, auch im Hinblick auf die weitere Zusammenarbeit mit den französischen Stellen.
Kanzlerin Angela Merkel hatte am Samstagmorgen in einem Statement im Kanzleramt angekündigt, sie wolle sich "im Laufe des Tages mit den zuständigen Ministern" treffen, um "die Lage in Frankreich und die damit verbundenen Fragen zu erörtern".
Im Laufe des Nachmittags soll es von Bundesinnneminister Thomas de Maiziere weitere Informationen geben.
"Wir weinen mit Ihnen"
Sichtlich bewegt sprach Merkel in ihrem Statement von einer der "schrecklichsten Nächte", die Europa erlebt habe. Die Menschen in Paris "müssen einen Albtraum von Gewalt, Terror und Angst durchleiden". Ihre Worte der Anteilnahme verband sie mit deutlichen Worten, diesem Terror den Kampf ansagen zu wollen. Die Deutschen fühlten sich ihren französischen Freunden, den Opfern, Trauernden und Familien so nah, "wir weinen mit Ihnen", sagte Merkel. "Der Angriff auf die Freiheit meint uns alle, trifft uns alle und deswegen werden wir alle gemeinsam eine Antwort geben", so Merkel. Deutschland werde den Franzosen jedwede Unterstützung der Sicherheitskräfte für die Jagd auf die Mörder geben.
Aber auch als Bürger werde man eine Antwort geben. "Das freie Leben ist stärker als jeder Terror", so Merkel. "Wir werden unsere Werte in Europa selbstbewusst leben, jetzt mehr denn je."
Steinmeier: "Inferno der Terrors"
Bereits in der Nacht hatte Merkel in einer schriftlichen Erklärung ihre Anteilnahme und Solidarität bekundet. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier nannte - ebenfalls schriftlich - die Anschläge ein "Inferno des Terrors". Die "Dimension des Grauens" der Anschläge übersteige die Vorstellungskraft eines jeden, so Steinmeier weiter. Er werde bei den Syrien-Gesprächen, die am Wochenende in Wien stattfinden, mit seinem französischen Kollegen Laurent Fabius zusammenkommen und "ihm die Anteilnahme des deutschen Volkes und der Bundesregierung versichern". Über mögliche deutsche Opfer unter den Getöteten war noch nichts zu erfahren.
Kurz vor 11 Uhr Ortszeit ordnete der Bundesinnenminister für den heutigen Tag Trauerbeflaggung für die Bundesbehörden an. Nur wenige Minuten später setzte auch der Bundestag die Flaggen auf dem Reichstagsgebäude auf Halbmast.
Bundespräsident fordert entschlossenes Handeln
Gegen Mittag trat Bundespräsident Joachim Gauck vor die Presse und bezeugte sein Mitgefühl gegenüber Frankreich. "Wir trauern mit Frankreich." Zugleich müsse aus dem Zorn gegenüber den Mördern nun Entschlossenheit und Verteidigungsbereitschaft folgen, regte Gauck an. "Auch dabei stehen wir an der Seite der Franzosen", so Gauck weiter.
Europa sei ein "Bollwerk der Demokratie und Menschenrechte". Die Terroristen dürften nicht das letzte Wort haben. Mit Verstand, Herz und Entschlossenheit gelte es nun zu verteidigen, was die "französischen Freunde einst ins politische Leben gerufen haben: Liberté, Égalité, Fraternité".
Die beiden großen Kirchen in Deutschland haben sich in einer gemeinsamen Erklärung entsetzt gezeigt. "Wir sind tief erschüttert über die hasserfüllte Welle der Gewalt in Paris", erklärten der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, und der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx. Die Anschläge von Paris seien letztlich "ein Anschlag auf alle Menschen und auf Europa".
Derzeit keine Auswirkungen auf den Reiseverkehr
Die Berliner Polizei hat die Sicherheitsvorkehrungen vor französischen Einrichtungen noch in der Nacht erhöht. Die französische Botschaft am Pariser Platz wurde abgesperrt. Die Flaggen wurden auf Halbmast gesetzt. Berliner und Touristen haben erste Blumen vor der Botschaft als Zeichen ihrer Anteilnahme abgelegt.
Auswirkungen auf den Bahnverkehr von und nach Frankreich gebe es nicht, sagte eine Sprecherin der Deutschen Bahn. Das Gleiche gilt offenbar auch für Flugverbindungen. Eine Sprecherin des Innenministeriums sagte, die Gefährdungslage in Deutschland sei hoch. Deutschland stehe unverändert im Fadenkreuz des internationalen Terrorismus.