Wie die Attentäter von Paris zuschlugen
14. November 2015Die Selbstmordattentäter ziehen am Freitagabend mit Sprengstoffgürteln los und schlagen fast zeitgleich an mindestens sechs Orten zu. Neben den mehr als 120 Toten zählen die Ermittler mehr als 200 Verletzte, darunter 80 Schwerverletzte. Nach Angaben von Ermittlern sterben acht Attentäter - sieben von ihnen töten sich selbst. Befürchtet wird, dass weitere Angreifer oder Komplizen auf der Flucht sind.
Konzertsaal Bataclan: Mindestens hundert Tote
Die beliebte Konzerthalle mit etwa 1500 Plätzen ist für ein Konzert der US-Band "Eagles of Death Metal" ausverkauft. Mindestens vier schwer bewaffnete, unmaskierte Männer stürmen in das Gebäude und eröffnen das Feuer. Dabei schreien sie "Allah Akbar" (Gott ist groß). Es folgt eine fast dreistündige Geiselnahme in dem Konzertsaal am Boulevard Voltaire.
"Ich habe sie ganz klar zu den Geiseln sagen hören 'Hollande ist Schuld, euer Präsident ist Schuld, er hat nicht in Syrien einzugreifen.' Sie haben auch über den Irak gesprochen", berichtet der 35-jährige Augenzeuge Pierre Janaszak später. Ein anderer sagt: "Die Typen sind gekommen, sie haben am Eingang begonnen zu schießen." Mehrere Angreifer sprengen sich später selbst in die Luft.
Der Journalist Julien Pearce vom Radiosender Europe 1, der selbst im Saal war, berichtet: "Das hat 10, 15 Minuten gedauert. Das war von extremer Gewalt. Es gab Panik. Alle sind Richtung Bühne gerannt. Die Attentäter hatten Zeit, mindestens drei Mal nachzuladen. Sie waren nicht maskiert. Sie traten sehr beherrscht auf. Sie waren sehr jung."
Die Polizei stürmt den Konzertsaal kurz vor 0.30 Uhr, der Einsatz ist gegen 01.00 Uhr beendet. Hundert Menschen sind tot, darunter vier Angreifer. Drei von ihnen haben sich mit einem Sprengstoffgürtel selbst in die Luft gesprengt. Der vierte, der auch einen solchen Gürtel trägt, wird von Polizeikugeln getroffen und beim Fallen explodiert auch sein Sprengstoff.
Das Bataclan liegt nur etwa 200 Meter von der früheren Redaktion der Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" entfernt, die im Januar von Islamisten angegriffen worden war.
Fußballstadion Stade de France: Mindestens vier Tote
Fast zeitgleich zum Angriff auf den Konzertsaal ereignet sich um 21.20 Uhr in der Umgebung des Stadions im Norden von Paris eine erste Explosion. Dort soll nächstes Jahr im Juli das Finale der Fußball-Europameisterschaft stattfinden und nicht weit davon, in Bourget, soll am 30. November die große, internationale Klimakonferenz abgehalten werden. Es folgen weitere Explosionen, eine in der Nähe eines McDonald's-Restaurants.
Präsident François Hollande, der bei dem Fußballspiel Frankreich-Deutschland am Freitagabend ebenso anwesend war wie Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, wird sofort in Sicherheit gebracht. Die Zuschauer werden aus drei Ausgängen geleitet, nachdem zuvor hunderte Menschen voller Angst auf dem Spielfeld ausgeharrt hatten. Die Ein- und Ausgänge zum Stadion werden abgeriegelt.
Vier Menschen werden bei der Detonation getötet, darunter drei Angreifer, die wie im Bataclan Sprengstoffgürtel zünden.
Rue de la Fontaine au Roi: Mindestens fünf Tote
Wenige hundert Meter vom Bataclan entfernt ist die Terrasse der Pizzeria "La Casa Nostra" das Ziel eines Anschlags. Fünf Menschen werden durch Schüsse aus einer automatischen Waffe getötet, wie der 35-jährige Augenzeuge Mathieu berichtet. "Es waren mindestens fünf Tote um mich herum, andere auf der Straße, überall Blut." Ein anderer Zeuge sieht "einen schwarzen Ford Focus", aus dem geschossen wird.
Boulevard Voltaire: Ein Toter
Nach Angaben aus Justizkreisen gibt es auch dort einen Angriff mit einem Toten. Unklar ist aber, wie weit dieser Ort vom Bataclan entfernt ist. Später heißt es, ein Attentäter habe auf dem Boulevard Voltaire seinen Sprengstoffgürtel zur Explosion gebracht und sei tot.
Rue Alibert/Rue Bichat: 14 Tote
Etwas weiter nördlich kommt es an der Ecke der Straßen Bichat und Alibert zu Schüssen auf der Terrasse des Restaurants "Le Petit Cambodge". Dort werden 14 Menschen getötet. "Es war surreal, alle lagen am Boden, niemand bewegte sich", erzählt eine Augenzeugin.
Rue de Charonne: 18 Tote
Ähnliche Szenen spielen sich in der Rue de Charonne im 11. Arrondissement im Osten der Stadt ab, wo nahe der Bar La Belle Équipe 18 Menschen getötet werden. Ein Mann berichtet, er habe "zwei, drei Minuten" lang Schüsse gehört. Nach seinen Angaben waren ein Café und ein japanisches Restaurant das Ziel der Schüsse.
stu/SC (afp, dpa)