Deutschland nimmt schwule Tschetschenen auf
8. Juni 2017Angesichts der Verfolgung und Drangsalierung Homosexueller in seiner Heimat hat die Bundesregierung einem schwulen Tschetschenen ein "humanitäres Visum" ausgestellt. Somit wird ihm die Einreise ermöglicht. Der Mann halte sich bereits seit Dienstag in der Bundesrepublik auf, hieß es aus dem Auswärtigen Amt in Berlin. Weitere Homosexuelle können demnach auf "humanitäre Visa" hoffen. "Wir sind froh, dass wir in besonders schwierigen Fällen helfen können", so das Außenministerium.
Über den Sachverhalt hatte zuerst die Berliner Zeitung "Tagesspiegel" berichtet. Insgesamt seien an die deutsche Botschaft in Moskau fünf Fälle von Betroffenen herangetragen worden. "Die Bundesregierung prüft in allen Fällen, welche Unterstützung im Sinne und Interesse der Betroffenen jeweils geleistet werden kann." Neben dem bereits eingereisten Tschetschenen seien vier weitere bereits in der Botschaft angehört worden.
Die regierungskritische russische Zeitung "Nowaja Gaseta" hatte im März von einer gezielten Verfolgungskampagne gegen Schwule in der Kaukasusrepublik berichtet und damit auch international Aufmerksamkeit für diese Menschenrechtsverletzungen geschaffen. Seit Februar wurden demnach mehr als hundert tatsächlich oder vermeintlich homosexuelle Männer von Milizen des tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow verschleppt und inhaftiert. Mindestens zwei von ihnen sollen an Folgen von Misshandlungen gestorben sein.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatten bei jüngsten Treffen mit Kremlchef Wladimir Putin auf die Lage von Schwulen und Lesben in Tschetschenien hingewiesen. Putin sagte nach dem Vorstoß Merkels zu, persönlich beim Generalstaatsanwalt und beim Innenminister zu intervenieren.
Die russische Regierung versprach inzwischen auf Drängen des Europarats, den Vorwürfen nachzugehen.
SC/uh (afp, APE, epd)