Berlin und EU-Partner: Präsident ist Guaidó
4. Februar 2019Gemeinsam mit anderen europäischen Ländern erkennt Deutschland den bisherigen Oppositionsführer Juan Guaidó als Übergangspräsidenten Venezuelas an und erhöht damit den Druck auf den amtierenden Präsidenten Nicolás Maduro. Deutschland hatte zusammen mit weiteren europäischen Staaten Maduro aufgefordert, innerhalb von acht Tagen Wahlen auszurufen. Maduro ließ die Frist am Sonntag verstreichen. Neben Deutschland erklärten daher auch weitere EU-Staaten ihre Anerkennung Guaidós als Interimspräsident: Österreich, Frankreich, Spanien, Großbritannien, Schweden, Dänemark und die Niederlande.
Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte bei ihrem Besuch in Tokio: "Bis gestern ist keine Wahl für eine Präsidentschaft ausgerufen worden." Deshalb sei jetzt Guaidó die Person, "mit der wir darüber reden und von der wir erwarten, dass sie einen Wahlprozess möglichst schnell" einleite. "Wir hoffen, dass sich dieser Prozess möglichst kurz und friedlich gestaltet."
Fünf Millionen Euro Hilfe
Außenminister Heiko Maas betonte in Berlin mit Verweis auf das von europäischer Seite gesetzte Ultimatum, für Deutschland sei Guaidó nun im Einklang mit der venezolanischen Verfassung Übergangspräsident, um freie, faire und demokratische Präsidentschaftswahlen zu organisieren. Nach Angaben von Maas stellt die Bundesregierung zudem Mittel in Höhe von fünf Millionen Euro für humanitäre Hilfe für Venezuela zur Verfügung, sobald dies die politischen Verhältnisse zulassen.
Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez forderte Guaidó auf, schnell Neuwahlen auszurufen. Der französische Präsident Emmanuel Macron kündigte auf Twitter an, sein Land unterstütze in der Übergangsphase die Kontaktgruppe der EU und lateinamerikanischer Staaten. Sie kommt am Donnerstag auf Ministerebene in Montevideo zusammen, um über Unterstützung für die erhoffte Präsidentenwahl zu beraten. Der britische Außenminister Jeremy Hunt erklärte auf Twitter, Guaidó solle so lange im Amt bleiben, "bis glaubwürdige Wahlen abgehalten werden können".
Scharfe Kritik aus Russland
Russland kritisierte dagegen die Entscheidung der EU-Staaten scharf. Die Versuche, "die gesetzeswidrige Machtergreifung" zu legitimieren, seien eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten Venezuelas, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow vor Journalisten in Moskau. Dies sei bei der Suche nach einer "friedlichen, wirksamen und anhaltenden Lösung der Krise" wenig hilfreich. Sollte Maduro die Macht in Venezuela abgeben müssen, würde Russland einen langjährigen Verbündeten in Lateinamerika verlieren. Der seit Jahren amtierende linksnationalistische Staatschef wird neben Russland auch von China, Nordkorea, der Türkei, Mexiko und Kuba unterstützt.
Maduro: EU unterstützt "rechte Verbündete"
Maduro bekräftigte kurz vor Ablauf der Frist um Mitternacht seine Ablehnung einer neuen Abstimmung. Er sagte am Sonntagabend dem spanischen Sender La Sexta mit Blick auf das Ultimatum, er werde nicht mit "Feigheit" auf den "Druck" reagieren. "Sie versuchen uns mit Ultimaten in die Enge zu treiben", sagte er und warnte vor einer "Konfrontation". Die EU verlange neue Präsidentschaftswahlen in Venezuela, weil bei den letzten Wahlen nicht ihre "rechten Verbündeten" gewonnen hätten.
Maduro fügte hinzu, es würden 50.000 bewaffnete Volkseinheiten in Venezuela gebildet, die das Vaterland verteidigen sollten. "Im Fall eines lokalen, regionalen oder nationalen Konfliktes weiß das Volk, wohin es gehört", betonte er. Bisher ist das Militär Maduros größter Machtfaktor. Die Spitze der Streitkräfte hatte sich fast durchweg hinter ihn gestellt. Aus den unteren Rängen erhält jedoch Guaidó zunehmend Rückhalt. Auch am Montag kündigten weitere Militärs sowie ein Polizeichef des Staates Trujillo ihre Unterstützung für die Opposition an, wie die Tageszeitung "El Nacional" berichtet.
Die USA, die EU und die meisten lateinamerikanischen Länder erkennen Maduros Sieg bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2018 nicht an. Der größte Teil der Opposition hatte den Urnengang boykottiert. Am 10. Januar trat der Linksnationalist Maduro offiziell seine zweite Amtszeit an. In der sich zuspitzenden Krise erklärte sich der oppositionelle Parlamentspräsident Guaidó am 23. Januar zum Übergangspräsidenten. Die USA, Kanada, Israel und eine Reihe lateinamerikanischer Staaten erkannten ihn umgehend an. Das Europaparlament folgte bereits am vergangenen Donnerstag ihrem Beispiel.
sti/ww/kle (afp, dpa, epd)