Deutschlands Wirtschaft: Bereit für härtere Sanktionen
25. Juli 2014Schon jetzt, so Eckhard Cordes, Vorsitzender des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, seien die Folgen des Ukraine-Konflikts in Deutschland zu spüren. Alleine in diesem Jahr dürften die deutschen Exporte nach Russland und in die Ukraine um über sechs Milliarden Euro sinken.
25.000 Arbeitsplätze stünden damit auf dem Spiel. Das Erstaunliche: Cordes versucht nicht, weitere und härtere Sanktionen aufzuhalten. Gegenüber dem Handelsblatt sagte er, wenn die Bundesregierung und die Europäische Union harte Sanktionen umsetzen würden, dann würde man dies "zu hundert Prozent" mittragen. Für die deutsche Wirtschaft sei das zwar schmerzhaft, aber - so Cordes im Handelsblatt - "wenn der Preis bezahlt werden muss, werden wir ihn zahlen". Ein Richtungswechsel der deutschen Wirtschaft - oder eine Kapitulation vor anstehenden Entscheidungen, die ohnehin nicht verhindert werden können?
Kein Kurswechsel, sondern eine Notwendigkeit
Professor Michael Hüther, Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) sieht in den Äußerungen Cordes gar keinen Kurswechsel. "Es ist immer, beispielsweise auch vom Präsidenten des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Ulrich Grillo, gesagt worden, dass die deutsche Wirtschaft hinter den politischen Notwendigkeiten steht."
Im Fall von Russland müsse die Politik auf solche Dinge wie Sanktionen zurückgreifen, so Hüther, da auf russischer Seite nicht erkennbar sei, dass man zu einer Politik der Kooperation zurückkehre. "Auf lange Sicht kann Politik das nicht akzeptieren und es würde auch die Wirtschaft schädigen."
Für die deutsche Wirtschaft könnten härtere, europäische Sanktionen sogar Vorteile bringen, auch wenn das auf den ersten Blick absurd erscheint. Die Unternehmen kämen dadurch aber aus einer Klemme heraus, in der sie sich derzeit befinden, weil die USA bereits härtere Sanktionen gegen Russland ausgesprochen haben.
Vorteile durch mehr Sanktionen?
US-amerikanische Handelspartner, die auch mit Russland Geschäfte machen, so Konrad Walter von der Hamburger Kanzlei CMS Hasche Sigle, würden von deutschen Unternehmen häufig verlangen, dass diese sich nach US-Recht richten - also ebenfalls die strengeren US-Sanktionen einhalten.
Das bringt die deutschen Unternehmen allerdings in echte Schwierigkeiten: "Wenn deutsche Unternehmer eine Erklärung abgeben, sich an die US-Sanktionen zu halten, dann wäre das eine verbotene Boykotterklärung", so Walter. Eine solche Erklärung könnte ein Bußgeld bis zu 500.000 Euro zur Folge haben. Werden die Sanktionen auch auf europäischer Seite verschärft und den US-Sanktionen angepasst, wären die deutschen Unternehmen in dieser Hinsicht aus dem Schneider.
Auch bisherige Sanktionen zeigen Wirkung
Und so beibt – sowohl in der Politik wie auch in der Wirtschaft – die Hoffnung, den Ukraine-Konflikt durch den höheren, wirtschaftlichen Druck schneller lösen zu können. Dass die bisherigen, noch recht schwachen Maßnahmen ihre Wirkung nicht verfehlen, zeigen aktuelle Zahlen.
Nach Berechnungen des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) hat die Krise bereits jetzt dazu geführt, dass Kapital massiv aus Russland abgezogen wurde; alleine im ersten Quartal 2014 seien das rund 51 Milliarden US-Dollar gewesen. Die russische Währung, der Rubel, geriet dadurch massiv unter Druck. Ein Druck, den die russische Zentralbank nur durch eine kräftige Zinserhöhung und ein massives Eingreifen mit der eigenen Währungsreserve ausgleichen konnte. Wird jetzt noch die Lieferung von Maschinen und anderen Industrieprodukten durch die Sanktionen eingeschränkt, dürfte das auch andere Wirtschaftsbereiche im Land unter Druck setzen.
Blufft Russland nur?
Könnte Russland seinerseits mit wirtschaftlichem Druck reagieren und die Energie-Lieferungen Richtung Westen einschränken? Professor Michael Hüther sieht das nicht als konkrete Gefahr: "Man darf nicht verkennen, dass Russland mit seiner hohen Abhängigkeit von den Erdöl- und Erdgasexporten damit auch von den Auslandsmärkten abhängig ist", so Hüther.
"Selbst im kalten Krieg haben sie ja diese Lieferungen immer aufrecht erhalten." Solange das Land nicht einmal eine eigene Industrie habe, um Maschinen für die Erdöl- und Erdgasförderung zu bauen, sondern auch diese im Westen kaufen müsse, bestehe keine echte Gefahr. "Das ,was man so aus Russland hört, ist am Ende nichts anders als 'dicke Backen'", so Hüther.