DFB-Elf: Alles wieder auf Anfang
20. Juni 2018Plötzlich ging der Rasensprenger an. Wasser spritze und verteilte sich auf dem Trainingsplatz in Sotschi. Bei knapp 30 Grad sicher keine schlechte Idee. In diesem Moment aber schon. Doch Bundestrainer Joachim Löw schaffte es ohne viel Aufwand mit zwei, drei Schritten dem drohenden Nass auszuweichen - die Leichtigkeit scheint beim Weltmeister zurück zu sein. Die Reise an die russische "Riviera des Schwarzen Meeres" könnte sich also auszahlen und den Mexiko-Kater endgültig verdrängen.
"Licht und Wärme spielen eine gewisse Rolle. Es war schön, hierher zu kommen und ein guter Break", erklärte Oliver Bierhoff, machte mit Blick auf das deutsche WM-Quartier in Watutinki aber auch noch einmal klar: "Ich bleibe aber dabei, dass Moskau die richtige Wahl ist. Das Wetter darf einfach keine Rolle spielen." Für den gut gelaunten Thomas Müller, der ebenfalls auf der Pressekonferenz war, könnte der beim Mannschaftshotel in Sotschi gebuchte Meerblick durchaus einen Einfluss auf das Ergebnis haben: "Wir haben in Watutinki ein gutes Quartier, aber natürlich keine Strandoptik wie hier", sagte der Offensivspieler: "Ich hoffe, dass uns der Blick aufs Meer zu Höchstleistungen und zu den gewünschten Ergebnissen führen wird."
Bierhoff: "Wir müssen einen guten Mix finden"
Erste Anzeichen dafür bot das Auftakttraining in Sotschi am Vormittag. Vor einer etwas unwirklich anmutenden "Freizeitpark-Kulisse" hatte der Bundestrainer zur ersten Einheit geladen. Zumindest in der ersten, für Medien offenen Viertelstunde, wurde deutlich, dass der von Bierhoff benannte "Break" nötig gewesen war. Der Weltmeister wirkte entspannt, gut gelaunt, aber dennoch sehr konzentriert bei der Arbeit. "Wir müssen einen guten Mix zwischen Fokussierung und Angespanntheit finden. Ruhe heißt aber nicht Gelassenheit, sondern eine Gewissheit in die eigene Stärke", sagte Bierhoff.
Überraschende Qualität am Esstisch
Dass Thomas Müller klar definierte Stärken auf dem Platz hat, dürfte jedem Beobachter bekannt sein: offensiv stark, ein guter Torriecher und immer wieder eine - meist unkonventionelle - überraschende Aktion in der Hinterhand. Neu dürften dagegen Müllers Fähigkeiten am Esstisch sein.
Als der 28-Jährige auf die mögliche "Grüppchenbildung" innerhalb der Mannschaft angesprochen wurde, verriet dieser eine weitere, bisher völlig unbekannte Stärke. "Wir haben natürlich mehrere Tische. Da sitzen immer wieder Spieler, die privat was miteinander zu tun haben, zusammen", berichtete Müller: "Auch dort bin ich variabel einsetzbar. Grundsätzlich sind wir da flexibel."
Mehr Stabilität in der Abwehr
Mehr Flexibilität muss die Mannschaft auch beim Spiel am Samstag gegen Schweden zeigen. Mit Jonas Hector, der nach seiner Erkältung zurück im Training ist, kehrt ein wichtiger Spieler ins Team zurück, der die Automatismen kennt und offensiv wie defensiv seine Stärken hat. "Egal wer am Samstag spielt. Es ist wichtig, dass jeder seine Aufgaben erfüllt", sagte Müller. "Wir sind jetzt dabei, die Aufgaben noch klarer zu definieren. Wenn die Offensivspieler diese erfüllen, ist jeder in der Lage Tore zu schießen oder vorzubereiten." Die Nationalmannschaft startet in Sotschi noch einmal von vorne, alles auf Anfang also - der Ort bietet dafür sehr gute Möglichkeiten. Die Hoffnung ist also groß, dass Joachim Löw nicht nur dem Rasensprenger, sondern auch dem WM-Aus erfolgreich ausweichen kann.