Die FIFA steckt in der Krise
29. Mai 2011Am kommenden Mittwoch (01.06.2011) steht die Wahl des FIFA-Präsidenten an - und anders als erwartet wird es nicht zu einer Kampfabstimmung im weltgrößten Sportverband kommen. Denn der Katarer Mohamed bin Hammam wird entgegen seinen ursprünglichen Plänen wegen Bestechungsvorwürfen nicht an der Wahl teilnehmen. Das gab der 62 Jahre alte Sport-Funktionär am Sonntag auf seiner Homepage (mohamedbinhammam.com) bekannt. "Die jüngsten Vorfälle haben mich in offizieller und privater Hinsicht verletzt und enttäuscht", heißt es dort in einem Statement Bin Hammams. "Ich kann es nicht zulassen, dass das Ansehen der FIFA mehr und mehr in den Schmutz gezogen wird. Deshalb habe ich beschlossen, meine Kandidatur zurückzuziehen."
Die FIFA-Ethikkommission hatte am Mittwoch ein Verfahren gegen Bin Hamman sowie gegen FIFA-Vizepräsident Jack Warner und zwei Funktionäre des Fußball-Verbandes der Karibik CFU eingeleitet. Am Sonntag suspendierte sie Bin Hamman und Warner. Die beiden sollen sich vor der FIFA-Ethikkommission wegen angeblicher Bestechung beziehungsweise der Kenntnis davon verantworten. Ihnen wird vorgeworfen, dass es im Zuge der Präsidentschaftswahl bei einem von Warner organisierten Treffen der CFU am 10. und 11. Mai in Trinidad zu Bestechungsabsprachen gekommen sei. Bin Hammam und Warner sollen verschiedenen Verbänden 40.000 Dollar (28.000 Euro) geboten haben, falls sie bei der Kampfabstimmung am 1. Juni in Zürich für den Blatter-Herausforderer votieren.
Akklamation statt Wahl
Nach dem überraschenden Schritt von Bin Hammam steht einer vierten Amtszeit Joseph S. Blatters an der Spitze des Fußball-Weltverbandes nichts mehr im Wege. Die Wahl des 75-Jährigen am Mittwoch in der Züricher Messehalle verkomme sogar zur Farce, meint ein Korrespondent der Nachrichtenagentur dpa. Blatter könne als einziger Kandidat per Akklamation bestätigt werden und damit seine vierte und letzte Amtszeit antreten.
Das Ethik-Komitee hat jedenfalls nichts gegen seine Wiederwahl: Am Sonntag entlastete es Blatter vom Vorwurf der Korruption. Ihm war vorgeworfen worden, von den angeblichen Zahlungen an FIFA-Mitglieder aus der Karibik gewusst, aber nichts dagegen unternommen zu haben.
Zwanzigers Kritik
DFB-Präsident Theo Zwanziger kritisierte in einem Zeitungsinterview, dass der Ruf der FIFA sich verschlechtert habe. "Die FIFA hat ein Imageproblem, in der Tat, und alle müssen daran arbeiten, es zu lösen", sagte Zwanziger der "Welt am Sonntag". Der Chef des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) forderte eine externe Untersuchungskommission für die kriselnde FIFA. "Es ist wichtig, dass man bei bestimmten Entscheidungen die Verantwortung auslagern kann. Es braucht eine sichtbare Gewaltenteilung innerhalb der Organisation und, in schweren Fällen, eine unabhängige Kommission außerhalb der FIFA", sagte er.
Zudem kritisierte der DFB-Boss das britische Parlament, das vier FIFA-Mitgliedern in einer Anhörung Bestechlichkeit bei der Vergabe der WM 2022 an Katar unterstellte. "Fußball steht wie keine andere Sportart im Fokus der Öffentlichkeit, und jeder Verdacht wird daher sehr schnell als Wahrheit gehandelt. Ich habe allerdings wenig Verständnis dafür, wenn Anschuldigungen in einem Parlament erhoben werden, ohne dass gleichzeitig Beweise auf den Tisch gelegt werden, sagte der 65-Jährige. "Wenn ich etwas weiß und beweisen kann, gehört es ausgesprochen. Sonst muss ich öffentlich schweigen."
Autor: Martin Schrader (dpa, sid)
Redaktion: Nicole Scherschun / Dirk Eckert