Flugzeuge von morgen
9. September 2013Wer sich heute auf irgendeinem Flughafen der Welt umschaut, stellt fest: Fast alle Flugzeuge sehen ähnlich aus. Unter dem röhrenförmigen Rumpf sitzen die Flügel, unter den Flügeln die Triebwerke und am Heck befindet sich ein Leitwerk, eine Konstruktion, die das Flugzeug stabilisiert und lenkbar macht.
Flügel und Rumpf verschmelzen
Flugzeuge wurden über Jahrzehnte auf Wirtschaftlichkeit optimiert. Dennoch könnten sie noch weniger Kraftstoff verbrauchen als heute. "Natürlich brauche ich für eine hohe Wirtschaftlichkeit auch ein kraftstoffsparendes Flugzeug", meint Dieter Scholz, Professor an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg. "Aber um wirtschaftlich zu sein, muss das Flugzeug vergleichsweise schnell fliegen. Denn nur dann kann es pro Tag gesehen auch viel Geld verdienen."
Wird aber der Kraftstoff teurer, könnten sich kraftstoffsparende Flugzeuge mehr lohnen als heute.
Eine Idee ist es, auf den Rumpf des Flugzeugs zu verzichten. Das Flugzeug besteht dann nur noch aus einem riesigen Flügel. Nur-Flügler nennt sich das.
"Im Vergleich dazu hat das konventionelle Flugzeug noch zusätzliche Oberflächen am Rumpf und den Leitwerken", erklärt Scholz. "Jede umspülte Oberfläche erzeugt jedoch Widerstand. Wenn man Oberflächen vermeidet, kann man Widerstand sparen."
Irgendwo müssen aber noch die Passagiere sitzen. So kamen Konstrukteure auf den "Blended-Wing-Body": Ein breiterer Rumpf geht gleitend in die Flügel über.
Vorbild Segelflugzeug
Die Aerodynamik eines Flugzeugs ließe sich auch durch längere und schmalere Flügel verbessern - ähnlich wie bei einem Segelflugzeug.
Aber längere Flügel müssen viel stärker gebaut werden - dadurch werden sie schwerer, und das geht zu Kosten der Spritersparnis. Außerdem haben Flughäfen derzeit gar keine Parkplätze für Flugzeuge mit so langen Flügeln.
Eine Lösung wäre ein Boxwing, also ein Doppeldecker, der die beiden Flügelenden oben und unten miteinander verbindet. "Oder man könnte die Spannweite ansteigen lassen und dann die Flügelspitzen nach der Landung hochklappen, um nur den verfügbaren Platz am Gate zu benutzen," schlägt Scholz vor.
Riesige Propeller
Auch neuartige Triebwerke könnten Flugzeuge wirtschaftlicher machen, zum Beispiel durch sogenannte offene Rotoren. "Die Triebwerke würden dann ganz anders aussehen als heute: Sie hätten riesige Propeller, mehrere Meter im Durchmesser", erklärt Reinhard Mönig, Direktor des Instituts für Antriebstechnik beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln.
Diese Propeller müssen gegenläufig sein: Zwei Propeller drehen sich gegeneinander. "Nur so sind sie bei den hohen Fluggeschwindigkeiten hocheffizient", sagt Mönig, "und das erfordert ganz neue Flugzeuge."
Solche neuartigen Flugzeuge könnten gut zwanzig Prozent an Treibstoff einsparen, sind dafür aber auch etwa zehn Prozent langsamer als moderne Jets. Deshalb kämen sie vor allem für Kurz- und Mittelstreckenflüge in Frage - dann ist der Zeitverlust nicht so groß. Offene Rotoren sind allerdings viel lauter als moderne Jet-Triebwerke.
Entwickler basteln auch ständig daran, die heute üblichen Triebwerke noch weiter zu verbessern - zum Beispiel durch höhere Verbrennungstemperaturen. "Das steht und fällt mit neuen Werkstoffen" erklärt Mönig. Man denke heute über Triebwerke aus keramischen Werkstoffen nach. "Das könnte ein Schritt sein, mit dem wir noch deutlich an Effizient zulegen können."
Kerosin aus Pflanzen oder Sonnenkraft
Mit besserer Aerodynamik und besseren Turbinen lässt sich der CO2-Ausstoß nur bis zu einem bestimmten Punkt verringern. Um fossile Rohstoffe einzusparen, eignen sich aber auch neue Treibstoffe, zum Beispiel Biosprit aus Pflanzen. "Wir sind schon mit 50 Prozent Biosprit-Anteil geflogen", so Mönig. Brennstoffe ließen sich so erzeugen, dass sie vergleichbare Verbrennungseigenschaften haben wie Kerosin.
Elektrisch abheben?
Askin Isikveren, Leiter des Forschungsbereichs Visionäre Flugzeugkonzepte im Bauhaus Luftfahrt, einer Münchener Ideenschmiede für den Luftverkehr, würde am liebsten gleich Ökostrom einsetzen. Seine Idee: Ein Elektroflugzeug für Kurz- und Mittelstrecken. Dort entstehen immerhin 38 Prozent der weltweiten Luftfahrt-Emissionen.
Zwar sei die Batterietechnik heute noch nicht so weit, weil Batterien noch zu schwer sind, das könne sich aber bald ändern, meint Isikveren. "Wir haben den Eindruck, dass Batterietechnologie sich so weit verbessern könnte, dass Kurzstreckenflüge damit möglich sind."
Dazu bräuchte man einen hocheffizienten und gleichzeitig leichten Elektromotor aus supraleitenden Materialien. Damit sie die hohen Ströme verlustfrei übertragen können, müsste der Motor bis auf minus 190 Grad Celsius heruntergekühlt werden.
Alternativ könnte sich Isikveren auch ein Hybrid-Flugzeug vorstellen, das ähnlich einem Hybrid-Auto zwei Antriebsarten miteinander verbindet: Eine kerosingetriebene Turbine mit einem Elektromotor. Das wäre dann auch für längere Strecken geeignet.
Isikveren hofft, dass sein visionäres Elektroflugzeug schon bis zum Jahr 2050 abheben könnte. Wer allerdings dann ein Flugticket kauft, wird wohl wieder in einen Flieger steigen, der in seinen Grundzügen den heutigen ähnelt: Eine Röhre mit Flügeln unten, Triebwerken darunter und einem Leitwerk hinten.