1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Die Gewinner der Bobs Awards

Daniela Späth2. Mai 2016

Die Gewinner der Bobs Awards für Online-Aktivismus stehen fest: Mit dem Preis der Deutschen Welle werden dieses Jahr eine Dokumentation, eine App, ein Künstlerkollektiv und ein Projekt für Frauenrechte geehrt.

https://p.dw.com/p/1Ig35
Das Logo der Bobs Awards (Copyright: DW)
Bild: DW

Keine leichte Aufgabe für die internationale 14-köpfige Jury: Aus mehr als 2300 Vorschlägen stimmte sie über die vier Gewinner der diesjährigen Bobs Awards - Best of Online Activism ab. Das Repertoire der eingereichten Projekte von Internetnutzern aus aller Welt reichte von Websites, über Instagram-Accounts, bis hin zu Smartphone-Apps und Facebook-Seiten. Die vielen verschiedenen Formen des Internets spiegelten sich in diesem Jahr besonders in den nominierten Beiträgen wider und zeigten, wie facettenreich Online-Aktivismus sein kann. Was alle Beiträge gemeinsam haben: Sie setzen sich im Internet für freie Meinungsäußerung und Menschenrechte ein.

Citizen Journalism

Das Rennen in der Kategorie "Citizen Journalism" machte der Dokumentarfilm "Razor's Edge" aus Bangladesch. Der Film weist auf die gefährliche Situation von regimekritischen Bloggern und Schriftstellern in Bangladesch hin. Nach Angaben von "Reporter ohne Grenzen" starben 2015 in dem mehrheitlich muslimisch geprägten Land vier säkulare Blogger nach Attacken. Viele liberale Blogger, Verleger und Intellektuelle wurden aktuell von radikal-islamistischen Gruppen angegriffen: Diesen April wurden der Aktivist und Herausgeber eines Homosexuellen-Magazins, Xulhaz Mannan, und sein Freund, der Englisch-Professor Rezaul Karim Siddique und der Online-Aktivist Nazimuddin Samad ermordet.

Hinter der 17-minütigen Dokumentation über die Presse- und Meinungsfreiheit in Bangladesch steckt ein Blogger aus Bangladesch, der sich "Nastiker Dharmakatha" nennt. Der im Exil lebende Aktivist hat "Razor's Edge" auf die Videoplattform YouTube gestellt, um zu zeigen, wie sehr selbst hochrangige Politiker in Bangladesch in die Planung von solchen Angriffen verwickelt sind.

Wenn sich in einem Land eine Kultur von Straflosigkeit seitens der Regierung breit mache, sei es die Aufgabe der Bürger, dagegen zu kämpfen und Gerechtigkeit einzufordern, betonte Jurymitglied Rafida Ahmed. "Die Dokumentation ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie man auf die schockierende Situation im Land aufmerksam machen kann", begründete Rafida Ahmed die Entscheidung der Jury in der Kategorie "Citizen Journalism".

Tech For Good

Die persische Smartphone-App "Gershad" wurde in der Kategorie "Tech For Good" gewürdigt. Im Iran gibt es strenge Kleidervorschriften, insbesondere für Frauen: Im öffentlichen Raum müssen sie den islamischen Schleier, einen Hijab, tragen und Haare und Körper verhüllen. Kontrollen auf Straßen und öffentlichen Plätzen sind an der Tagesordnung, Verstöße werden geahndet. Die Entwickler der Anwendung haben eine Art mobiles Frühwarnsystem vor diesen offiziellen Sittenwächtern im Iran entwickelt. Die App funktioniert nach dem Crowd-Sourcing-Prinzip: Die Nutzer warnen sich gegenseitig in Echtzeit, wo die Sittenwächter gerade gesichtet worden sind. Die gesammelten Informationen landen auf einer für alle verfügbaren Karte: Der Ort jeder Meldung wird auf der App mit dem Symbol eines kleinen Männchens dargestellt. Liegt die Meldung länger zurück und wurde nicht aktualisiert, verblasst das Männchen allmählich.

Screenshot von der Seite www.gershad.com (Quelle: https://www.gershad.com)
Die App "Gershad": ein Frühwarnsystem vor SittenwächternBild: https://www.gershad.com

Die Entscheidung der Jury fiel auf diese App, weil sie einer sehr große Anzahl an Menschen helfe, erklärte Jurymitglied Golnaz Esfandiari. Millionen von Frauen seien von den Sittenwächtern betroffen und würden schikaniert oder festgenommen. "Die App ist wichtig, weil sie einerseits einen praktischen Nutzen hat und andererseits gleichzeitig die Aufmerksamkeit auf die repressiven Maßnahmen der iranischen Regierung lenkt, die Frauen zu schikanieren und das Tragen des Hijab durchzusetzen versucht", ergänzte Golnaz Esfandiari.

Arts and Culture

In der Kategorie "Arts and Culture" überzeugte das "Zentrum für Politische Schönheit" die Jury. Das Künstlerkollektiv initiiert und organisiert Kampagnen an der Schnittstelle von Politik und Kunst. Es macht unter anderem mit provokativen und ungewöhnlichen Formen des Protests zur europäischen Flüchtlingspolitik und dem deutschen Waffenexport nach Saudi-Arabien während des Arabischen Frühlings auf sich aufmerksam.

Mit einer Beerdigung einer im Mittelmeer ertrunkenen Syrerin in Berlin protestierte das "Zentrum für Politische Schönheit" am 16.06.2015 gegen die EU-Flüchtlingspolitik (Foto: Gregor Fischer/dpa)
Mit einer Beerdigung einer im Mittelmeer ertrunkenen Syrerin in Berlin protestierte das "Zentrum für Politische Schönheit" am 16.06.2015 gegen die EU-FlüchtlingspolitikBild: picture-alliance/dpa/G. Fischer

Vor allem für Menschen aus dem arabischen Raum oder anderen Ländern, die von Waffenexporten aus Deutschland betroffen seien, sei es schön zu sehen, dass sich Widerstand nicht nur vor Ort gegen Krieg und Gewalt formiere, sondern auch in den Ländern, die Waffen in diese Konfliktregionen exportierten, erläuterte Jurymitglied Katharina Nocun die Entscheidung der Jury. Die Auszeichnung "ist aber auch ein Appell, um über den Tellerrand zu schauen. Das heißt, zu verstehen, wie globale Probleme zusammenhängen", betonte die Politikerin und Netzaktivistin.

Social Change

Die indische Website "Stop Acid Attacks" hat die Jury in der Kategorie "Social Change" überzeugt. Das Projekt richtet seinen Fokus auf das Tabuthema der Opfer von Säureangriffen in Indien. Die Betreiber der Plattform wollen eine Brücke zwischen den Betroffenen und der Gesellschaft schlagen - einer Gesellschaft, die Opfer von Säureangriffen oft vernachlässigt und stigmatisiert. Mithilfe der Kampagne wurde das Café "Sheroes Hangout" ins Leben gerufen. Dort haben Opfer von Säureangriffen einen Ort gefunden, an dem sie unabhängig arbeiten und leben können, ohne von der Gesellschaft geächtet zu werden.

Opfer von Säureangriffen in Indien (Foto: DW/S.Waheed)
Opfer von Säureangriffen in IndienBild: DW/S. Waheed

"In Ländern wie Indien, in denen die soziale Herkunft und das Geschlecht einen so starken Einfluss auf die Stellung in der Gesellschaft haben und das Patriarchat im Alltag verankert ist, kommt diesem Projekt eine besondere Bedeutung zu. Die Initiatoren inspirieren mit ihrer Arbeit viele andere und tragen so zum gesellschaftlichen Wandel bei." So habe die Initiative bereits einige Gesetzesänderungen bewirkt, erklärte Jurymitglied Abhinandan Sekhri den Grund der Auszeichnung für "Stop Acid Attacks".

Parallel zu den vier von der Jury ausgewählten Preisträgern hatten Internetnutzer in den vergangenen Wochen die Möglichkeit, ihre eigenen Favoriten zu wählen. Wer die 18 Publikumspreise gewonnen hat, die unter anderem in den Sprachen Arabisch, Bangladeschisch, Chinesisch, Deutsch, Englisch, Französisch, Hindi, Indonesisch, Persisch, Portugiesisch, Russisch, Spanisch, Türkisch, und Ukrainisch ausgeschrieben wurden, ist auf der Seite der Bobs Awards zu lesen.

Die Preisverleihung an die vier Gewinner der Jury-Awards findet im Rahmen des Deutsche Welle Global Media Forums in Bonn (13. - 15. Juni 2016) statt.