Diskussion um Bundeswehreinsätze
27. Januar 2014Es liege im deutschen und europäischen Interesse, dass es auf dem afrikanischen Nachbarkontinent zu keiner weiteren Destabilisierung komme, sagte die Bundesverteidigungsministerin im ARD-Fernsehen. Sie verwies in diesem Zusammenhang auf die Flüchtlingstragödien im Mittelmeer, bei denen immer wieder Dutzende Afrikaner auf dem Weg nach Europa ertrinken. Daher solle die Bundeswehr dort verstärkt zum Einsatz kommen. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier reagierte zurückhaltend auf den Vorstoß seiner Kabinettskollegin. Er verwies darauf, dass die Pläne für eine Aufstockung der europäischen Truppen im Krisenland Mali noch nicht abgeschlossen seien und auch über ein Engagement in der Zentralafrikanischen Republik noch entschieden werden müsse.
Derzeit sind in Mali 99 Bundeswehrsoldaten stationiert. Das Mandat des Bundestages sieht eine Obergrenze von 180 Soldaten vor. Ende Februar läuft dieses Mandat aus und könnte dann, so Ursula von der Leyen, erneuert und ausgeweitet werden. Auch in der Zentralafrikanischen Republik sollte die Bundeswehr nach dem Willen der CDU-Politikerin zum Einsatz kommen. Dort versuchen derzeit französische Einheiten den Bürgerkrieg zwischen Christen und Muslimen zu ersticken. Ihnen will von der Leyen zu Hilfe eilen. Dabei gehe es nicht um einen Kampfeinsatz, unterstrich sie. Stattdessen könne die Bundeswehr dringend benötigte medizinische Hilfe leisten. Dies gehe aber nur vom Flughafen der Hauptstadt Bangui aus und auch nur, wenn dieser sicher sei.
Europäische Solidarität
"Europa kommt im globalen Spiel der Kräfte nicht voran, wenn die einen sich immer dezent zurückhalten, wenn es um militärische Einsätze geht, und die anderen unabgestimmt nach vorne stürmen", sagte von der Leyen im "Spiegel". Auf diesen Satz verwies ihr Sprecher Christian Dienst in Berlin vor der Bundespressekonferenz. Er sei Ausdruck der Überlegungen, die momentan in der Bundesregierung angestellt würden, die aber noch keine neue Politik einleiteten, betonte er. Es gehe auch nicht darum, wie 1914, zu Beginn des Ersten Weltkriegs, "mit Hurra loszustürmen". Stattdessen müsse man die bisherigen Auslandseinsätze der Bundeswehr evaluieren, die Möglichkeiten eingehend beraten und die Politik zwischen den einzelnen Ressorts abstimmen. Dienst erinnerte in diesem Zusammenhang auch an die Richtlinienkompetenz der Bundeskanzlerin. Sie treffe letztendlich die Entscheidung.
Der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Schäfer, unterstrich, dass es bei den Differenzen zwischen Steinmeier und von der Leyen nicht um Ideologie gehe. "Es geht darum, dass wir uns sehr pragmatisch anschauen, welche Lage diese Bundesregierung in der Welt vorgefunden hat", sagte er. In Mali und in der Zentralafrikanischen Republik handele es sich um ernste humanitäre Notlagen, von denen auch deutsche Interessen berührt seien. Gemeinsam mit den Bündnispartnern werde die Bundesregierung überlegen, wie man dort helfen könne. Dann werde man ein Konzept entwickeln, das dem Bundestag zur Abstimmung vorgelegt werde.
Breite Zustimmung im Bundestag erwartet
Im Bundestag dürfte es nur wenig Widerstand gegen die Pläne der Verteidigungsministerin geben. Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses Hans-Peter Bartels, SPD, sagte der Deutschen Welle, er halte die Ausweitung des Mali-Mandats für einen realistischen Vorschlag. "Wir wollen in der EU die Lasten teilen, wir wollen gemeinsam die Aufgaben in Mali bewältigen. Da wir dort schon vor Ort sind, wissen wir, worauf wir uns einlassen."
Anders sieht man das in der Opposition. Die Grünen-Abgeordnete Agnieszka Brugger verwies darauf, dass ihre Fraktion dem Mali-Einsatz zugestimmt habe. Daher werde man eine Ausweitung des Mandats offen prüfen. Der deutsche Militäreinsatz müsse aber "eingebettet werden in einen politischen Versöhnungsprozess".
Die Linke kündigte an, sie werde auch in Zukunft keinem Auslandseinsatz der Bundeswehr zustimmen. "Von der Leyen verabschiedet sich klar von der Politik der militärischen Zurückhaltung", erklärte Alexander S. Neu, Obmann seiner Fraktion im Verteidigungsausschuss. Die sich zunehmend aggressiver artikulierende Außen- und Sicherheitspolitik der Bundesregierung wecke böse Erinnerungen - gerade im Jahr 2014, einhundert Jahre nach Beginn des ersten Weltkrieges.