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Studenten bringen ihre Uni zum Klimaschutz

Katharina Wecker
13. September 2018

Immer mehr Investoren ziehen ihr Geld aus der Kohle-, Gas- und Ölindustrie ab - auch in Deutschland. Der Physik-Student Jondalar Kuß erzählt im DW-Interview, wie er seine Universität vom Divestment überzeugt hat.

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Zwei Studenten werben am Eingang zur Universität Göttingen für ihr Devestment-Projekt "Fossil Free Göttingen" ( Foto: Fossil Free Göttingen)
Bild: Fossil Free Göttingen

Deutsche Welle: Herr Kuß, die Divestment-Bewegung gewinnt an Schwung. Weltweit sind es fast 1000 Körperschaften und Institutionen, die nicht mehr in Unternehmen investieren, die Geschäfte mit fossilen Energien machen. Die Gesamtsumme der Divestments ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Während 2014 etwa 44 Milliarden Euro (52 Milliarden Dollar) aus umwelt- und klimaschädlichen Projekten abgezogen wurde, haben Investoren weltweit mittlerweile zugesagt, 5,37 Billionen Euro (6,24 Billionen Dollar) umzulenken, sagt ein neuer Bericht der Beratungsfirma Arabella Advisors. Auch die Georg-August-Universität Göttingen wird künftig nicht mehr in Kohle-, Öl- oder Gasunternehmen investieren. Wie habt Ihr als Studenten das geschafft?

Jondalar Kuß: Wir sind sehr strategisch vorgegangen. Wir haben zunächst geschaut, welche Akteure und welche Entscheidungsprozesse es an der Uni gibt: Mit wem müssen wir sprechen, damit so ein Divestment-Beschluss Wirklichkeit wird.

Dann haben wir uns Verbündete gesucht, die gleiche oder ähnliche Interessen haben und unsere Kampagne unterstützen möchten. Wir haben mit dem Studierendenparlament gesprochen, mit dem Nachhaltigkeitsbeauftragten, dem Senat und ihnen erklärt, welche Vorteile Divestment für das Klima und für die Universität hat.

Wir hatten Studierende der Wirtschaftswissenschaften mit an Bord, die gezeigt haben, dass grüne Aktienfonds heute viel besser als in der Vergangenheit abschneiden, teilweise sogar besser als normale. So konnten wir manche Skepsis aus dem Weg räumen.

Mehr dazu: Divestment fordert Kohle- und Ölmultis heraus

Drei Studenten werben mit Plakaten für ihr Divestment-Projekt "Fossil Free Göttingen" ( Foto: Fossil Free Göttingen)
Jondalar Kuß, links im Bild, hat zusammen mit Freunden monatelang für Divestment geworbenBild: Fossil Free Göttingen

Das klingt relativ einfach. An der Universität von Cambridge sind Studenten sogar in den Hungerstreik getreten, um Aufmerksamkeit für die Sache zu bekommen. Habt ihr gar keinen Widerstand erfahren?

Gar kein Widerstand würde ich jetzt nicht sagen. Es gab Personen, die nicht von vornherein überzeugt waren. Sie befürchteten, dass Erträge sinken könnten, wenn man die Anlagemöglichkeiten einschränkt. Im Großen und Ganzen waren alle recht offen und spätestens nachdem wir die ersten Kontakte hatten, war es immer möglich, offene Gespräche zu führen. Es gab recht viel Entgegenkommen. Wir waren schon überrascht, dass wir keine Protestformen brauchten. 

Ein weiteres Beispiel aus Deutschland: Münster geht voran beim Umweltschutz

Was genau habt ihr erreicht? 

Die Uni Göttingen ist eine Stiftungsuniversität, die ein Anlagenvermögen von 191 Millionen Euro hat und damit auch Erträge machen will. Unser Ziel war, dass dieses Geld nicht beliebig angelegt wird, sondern nur in Firmen, die ihr Geld nicht damit verdienen, dass sie fossile Treibstoffe abbauen und vertreiben und dadurch den Klimawandel weiter befeuern.

Die Uni hat sich dem öffentlichen Wohl verschrieben und da geht es auch um moralische Verantwortung. Der große Gedanke bei Divestment ist: Wenn es falsch ist, das Klima zu zerstören, dann ist es auch falsch, davon zu profitieren. Die Universität hat sich nun öffentlich dazu bekannt, nicht in klimaschädliche Industrien zu investieren. 

Divestment kann ein relativ trockenes Thema sein. Warum beschäftigst Du Dich mit dieser Form des Klimaschutzes?

Ich finde es sehr interessant, weil man auf diese Art und Weise relativ direkt Einfluss auf die Wirtschaft nehmen kann. Viele Initiativen richten sich an politische Akteure oder an Einzelpersonen. Das ist unglaublich wichtig. Divestment setzt dagegen auf die Verantwortung von Firmen. Generell war es eine spannende und großartige Erfahrung. Wir haben in kleinen Gruppen gearbeitet, hatten viel Entscheidungs-  und Handlungsfreiheit. Ich habe unglaublich viel gelernt.

Was würdest Du anderen Menschen raten, die in der Divestment-Bewegung aktiv werden wollen?

Man sollte sich auf jeden Fall in Gruppen zusammenschließen. Alleine schafft man es nicht. Inzwischen ist die Divestment-Bewegung auch in Deutschland gut aufgestellt. Man kann sich also bei bestehenden Gruppen anschließen oder Rat einholen, wenn sich eine Gruppe neu gründet. Das wollen wir jetzt auch machen: Unsere Erfahrungen weitergeben.

Das Interview führte Katharina Wecker.

Jondalar Kuß, studiert Physik mit dem Ziel Master-Abschluss im zweiten Jahr

Divestment: Münsters Geld tut was für's Klima