DVD-Tipps zum Festival in Cannes
24. Mai 2015Ende August ist es soweit, die Welt des Films wird sich vor einem ihrer größten Stars verneigen. Ingrid Bergman wurde am 29. August 1915 geboren. Die Filmfestspiele in Cannes haben das Lächeln der Bergman in diesem Jahr auf ihrem Festivalplakat verewigt. Eine ihrer interessantesten Rollen war 1955 der Auftritt als Flüchtling in dem Film "Stromboli". Roberto Rossellinis auf der italienischen Vulkaninsel gedrehtes Melodrama ist soeben in der Reihe "Masterpieces of Cinema" auf DVD erschienen.
"Stromboli" erzählt die Geschichte der jungen Litauerin Karin (Ingrid Bergman), die kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs in einem Flüchtlingslager strandet. Um dem Lager zu entfliehen, fasst sie den Entschluss zu heiraten. Die Wahl fällt auf Antonio, einen Fischer aus Stromboli. Die beiden ziehen auf die winzige Vulkaninsel.
Die Bergman bewunderte Rossellinis Filme
Was folgt, ist ein aufwühlendes Melodrama. Bergman, Mitte der 1950er Jahre ein Star in Hollywood, war mit der Wahl der Rolle ein großes Wagnis eingegangen. Die Schwedin bewunderte Roberto Rossellinis Nachkriegsfilme ("Rom, offene Stadt", "Paisà"), mit der der Italiener den Neorealismus begründete. Sie bot ihm an, in einem seiner nächsten Projekte mitzuspielen.
Während der Dreharbeiten verliebten sie sich ineinander. Da beide zu dem Zeitpunkt verheiratet waren, führte die Liaison am Set zu einem Skandal in der Welt des Films. Hollywood und das prüde Amerika zeigten sich empört und machten Stimmung gegen "Stromboli" und entzogen dem "Casablanca"-Star die Gunst. Ingrid Bergman orientierte sich um und drehte mit Rossellini, den sie später auch heiratete, sieben Filme. "Stromboli" ist auch heute noch einer bemerkenswertesten aus dieser Zeit.
Naturphänomene bestimmen die Handlung
Ist es in "Stromboli" der eindrucksvoll von den Kameras festgehaltene Vulkanausbruch, der zu einer Wende in der Filmhandlung führt, so ist es auch im Film "Höhere Gewalt" ein Naturereignis, das die Handlung entschieden vorantreibt. "Höhere Gewalt" wurde 2014 von Bergmans Landsmann Ruben Östlund inszeniert und feierte im vergangenen Jahr in Cannes Welturaufführung. Am Ende des Festivals bekam "Höhere Gewalt" den Jury-Preis in der Sektion "Un Certain Regard". Auch dieser Film liegt nun auf DVD vor.
Östlund stellt dem Zuschauer eine Art Bilderbuchfamilie vor, die auf eine harte Probe gestellt wird. Als die Familie während eines Skiurlaubs in den französischen Alpen von den Schneemassen einer Lawine bedroht wird, flüchtet der Mann panikartig. Frau und Kinder lässt er dabei im Stich. Das hat Folgen. Regisseur Östlund hat aus dieser Ausgangkonstellation einen eindrucksvollen Film entwickelt.
Vergleich mit Michael Haneke
Wohl selten hat man in den vergangenen Jahren ein derart dichtes und packendes Familienmelodrama auf der Leinwand gesehen. Östlunds vierter Spielfilm wurde mehrfach mit den Werken des vielfach ausgezeichneten Österreichers Michael Haneke verglichen. Zu Recht. Doch Östlunds Ästhetik ist nicht ganz so unterkühlt und abweisend. Sie lädt den Zuschauer ein, die psychologischen Vorgänge der Protagonisten nachzuvollziehen. "Höhere Gewalt", im vergangenen Jahr in Cannes entdeckt, ist großes europäisches Autorenkino.
Roberto Rossellinis Film "Stromboli" ist beim Anbieter "Koch Media" erschienen, "Höhere Gewalt" von Ruben Östlund liegt bei "Alamode-Film" vor.