Ende der "Bürgerrevolution" in Ecuador?
18. Februar 2017Der Kandidat Lenin Moreno soll nun das politische Erbe des scheidenden Präsidenten antreten. Laut aktuellen Umfragen liegt er vorn. Es ist aber fraglich, ob er es im ersten Wahlgang schafft: Moreno kann derzeit nur mit einem Zuspruch von bis zu 32 Prozent rechnen. Somit ist ein zweiter Wahlgang im April wahrscheinlich.
Wahlanalysten sehen die Ursache für die konstant sinkende Beliebtheit des Kandidaten in Korruptionsskandalen, unter anderem um den staatlichen Ölkonzern Petroecuador und den brasilianischen Bauunternehmer Odebrecht. Dabei hätten gerade auch die zahlreichen Strafanzeigen gegen Regierungsbeamte eine Rolle gespielt, meint Santiago Basabe, Analytiker an der Lateinamerikanischen Fakultät für Sozialwissenschaften. "Es ist schwer einzuschätzen, wie groß ihr Einfluss auf den Wahlkampf und die Kandidatur von Moreno war. Tatsächlich glaube ich aber, dass er dadurch einige Punkte verloren hat, die am Sonntag entscheidend sein könnten."
Wer kann Moreno gefährlich werden?
Für den Regierungskandidaten Lenin Moreno spricht, dass Correas "Bürgerrevolution" dem Land in den letzten zehn Jahren eine bis dahin unbekannte politische Stabilität, institutionelle Fortschritte und soziale Erfolge gebracht haben. Gleichzeitig ist aber Correa nach wie vor so allgegenwärtig, dass er, so die Befürchtung vieler, hinter Moreno weiter die Fäden ziehen könnte. Analysten wie Basabe sprechen davon, dass die Bevölkerung des scheidenden Präsidenten mittlerweile überdrüssig ist.
Dennoch ist noch kein Gegenkandidat in Sicht, der laut Umfragen Lenin Moreno gefährlich werden kann: Der liberal-konservative Guillermo Lasso kann bestenfalls mit knapp 22 Prozent rechnen, die Christdemokratin Cinthia Viteri liegt in den optimistischsten Umfragen bei rund 20 Prozent und der Sozialdemokrat Paco Moncayo bei maximal 12 Prozent.
Auch wenn die Umfragen beim Zuspruch zu den einzelnen Kandidaten um einige Prozentpunkte variieren, so sind sie sich doch einig, dass kurz vor Ende des Wahlkampfes noch ein Drittel der 13 Millionen Wahlberechtigten unentschlossen ist.
Morenos Gegner in der Stichwahl ungewiss
In ihrem Programm unterscheiden sich Guillermo Lasso und Cinthia Viteri kaum. Beide versprechen, die Steuern zu senken und individuelle Freiheiten stärker zu respektieren. Basabe sieht auch außenpolitisch keine Differenzen: "Beide würden sich sicherlich den USA annähern und das Abkommen mit der EU voranbringen. Außerdem würden sie Ecuador als Land sowohl in dem Staatenbund UNASUR, als auch in der UNO neu positionieren wollen." Für Basabe wäre es eine wichtige Wende, sollte einer dieser beiden Kandidaten im zweiten Wahlgang gegen Moreno gewinnen.
Nach Ansicht der Analysten hat der Sozialdemokrat Paco Moncayo, ehemaliger Bürgermeister von Quito und Ex-Militär, einen schwachen Wahlkampf geführt. Er habe es versäumt, die linksorientierte Wählerschaft, die von der "Bürgerrevolution" enttäuscht ist, aber auch nicht rechts wählen will, stärker auf seine Seite zu ziehen. Doch dafür habe sich Moncayo nicht klar genug von Correas Politik distanziert. Die Bevölkerung hätte sich von ihm eine oppositionellere Haltung gewünscht, meint Basabe.
Kopf-an-Kopf-Rennen
Dass in der ersten Wahlrunde einer der Kandidaten die erforderliche Mehrheit bekommt, ist unwahrscheinlich. Beobachter rechnen damit, dass sich die noch unentschlossenen Wähler gleichmäßig auf die Kandidaten verteilen werden. Dass Moreno in eine Stichwahl einzieht, gilt als sicher. Die Frage ist, wer im April gegen ihn antreten wird.
Im Raum steht zudem die Frage nach der Zukunft des scheidenden Präsidenten Rafael Correa. Er hat zwar angekündigt, sich aus der Politik zurückzuziehen. Im Dezember wurde jedoch die Möglichkeit geschaffen, dass er, wenn er eine Amtszeit lang pausiert, danach wieder antreten kann. Deshalb sind sich viele Beobachter sicher, dass Moreno für ihn als "Platzhalter" fungiert und Correa anschließend erneut das Ruder übernehmen will.