1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Ecuadors Lotse geht von Bord

18. Februar 2017

Rafael Correa tritt ab. Er war der einzige Präsident Ecuadors, der auch in Deutschland bekannt war. Egal, wer die Wahlen am Sonntag gewinnt: Es ist das Ende einer Epoche, meint Astrid Prange de Oliveira.

https://p.dw.com/p/2XohW
Kolumbien | Iberoamerica-Gipfel in Cartagena
Bild: imago/Agencia EFE

Er ist Ecuadors Comandante. Aber auch außerhalb seines Landes bestimmt er gerne mal die politischen Debatten. So riet er bei seinem Besuch in Berlin 2013 Bundeskanzlerin Angela Merkel, in Europa weniger auf Sparprogramme zu setzen und Abstand zum Internationalen Währungsfonds (IWF) zu halten.

Ecuadors Präsident Rafael Correa provoziert, polarisiert und polemisiert. Und er stieg in seiner Heimat zum Helden auf. Seit dem 15. Januar 2007 regiert er das kleine südamerikanische Land, zweimal - 2009 und 2013 - wurde er mit absoluter Mehrheit wiedergewählt. Bei den Wahlen am 19. Februar tritt der 53-jährige Wirtschaftswissenschaftler nicht mehr an. Der Grund ist nicht ganz klar - möglicherweise rechnet Correa damit, nur mäßig abzuschneiden. Eines aber ist klar: Damit geht eine politische Ära zu Ende.

Auch in Europa hinterlässt Correa politische Spuren - was für einen Präsidenten aus Ecuador eher ungewöhnlich ist. Beim Streit um den Erhalt des Yasuni-Nationalparks im ecuadorianischen Amazonasgebiet forderte er das umweltpolitische Gewissen Deutschlands heraus.

Niemand zahlt für Erdöl, das im Boden bleibt

Zur Erinnerung: Correa hatte sich 2007 bereit erklärt, die Erdölreserven im Yasuni-Nationalpark unter der Erde zu lassen, wenn die internationale Gemeinschaft Ecuador für die ausgebliebenen Einnahmen entschädige. Für das weltweit einmalige Klimaschutzprojekt sollten die Industrieländer 3,6 Milliarden Dollar in einen Fonds einzahlen.

Prange de Oliveira Astrid Kommentarbild App
DW-Redakteurin Astrid Prange de Oliveira

Doch das Geld kam nicht zusammen. Nach schwierigen Verhandlungen stoppte der damalige Entwicklungsminister Dirk Niebel 2009 die Zahlungen zur Vorbereitung des Pilotprojektes. Beide Seiten schoben sich gegenseitig die Schuld für das Scheitern zu.

Correa fühlte sich durch den Streit in seinem kapitalismuskritischen Kurs bestätigt, wonach der Klimaschutz reicher Industriestaaten nicht mehr als ein Lippenbekenntnis ist. Die Bundesregierung hingegen misstraute dem Versprechen der ecuadorianischen Regierung, kein Erdöl zu fördern.

Mehr Öl, weniger Geld

Seit September 2016 wird das Erdöl im Yasuni-Nationalpark mit Hilfe chinesischer Konzerne abgebaut. Ecuadors Ölquellen sprudeln also weiter. Die Einnahmen hingegen nicht. Seit dem Verfall des Ölpreises gingen die Exporterlöse um 40 Prozent zurück. Weil die Hälfte aller Staatseinnahmen aus dem Erdölexport stammt, ist dies für das Land eine wirtschaftliche Existenzfrage.

Damit nicht genug. Im April 2016 erschütterte ein Erdbeben Ecuador. Das Beben legte das Land in Schutt und Asche, Waren und Güter im Wert von zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes wurden vernichtet. 2016 schrumpfte die Wirtschaftsleistung um 1,7 Prozent. Um den Wiederaufbau zu finanzieren, führte Correa eine Vermögenssteuer ein.

Bittere Bilanz

Erdölkrise und Erdbeben haben Ecuadors jahrelangen Aufschwung gestoppt. Und sie bedrohen Correas politisches Vermächtnis, die erfolgreiche Bekämpfung der Armut im Land. Sie sank zwischen 2007 und 2014 von 37 Prozent auf 22 Prozent - dank staatlicher Sozialprogramme.

Doch von der "Bürgerrevolution" und dem "Konzept des Guten Lebens", Buen Vivir, redet kaum noch jemand im Wahlkampf. Dafür umso mehr über Korruption. Nach Presseberichten soll Correas Bruder behauptet haben, der Wahlkampf 2006 sei mit Spenden des brasilianischen Bauunternehmens Odebrecht finanziert worden.

Correa verlässt den Regierungspalast nicht mehr als Held, sondern als Präsident mit Schattenseiten. Auf seinen Nachfolger, der wahrscheinlich erst nach einer Stichwahl im April feststeht, kommt die schwierige Aufgabe zu, die sozialen Errungenschaften der "Bürgerrevolution" inmitten von Wirtschaftskrise und Rezession zu verteidigen. Vielleicht muss das nächste Staatsoberhaupt entgegen aller Ratschläge Correas ja doch wieder mit dem IWF zusammenarbeiten.

Sie können unterhalb dieses Artikels einen Kommentar abgeben. Wir freuen uns auf Ihre Meinungsäußerung!