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Ein bekloppter Abend

Andrea Krüger31. Mai 2015

"Es fühlt sich bekloppt an", sagt Wolfsburgs Trainer Hecking nach dem DFB-Pokalfinale und meint: Der Kollege hätte es auch verdient. Mit Jürgen Klopp sagt ein ganz Großer des Fußballs tschüs. Aus Berlin Andrea Krüger.

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DFB-Pokal Finale Borussia Dortmund gegen VFL Wolfsburg Juergen Klopp
Bild: Getty Images/AFP/T.Schwarz

Er weiß nicht so recht, ob der Witz gut ist. Und ob er bei den Journalisten ankommt. Ein bisschen fragend guckt Dieter Hecking so kurz nach dem Pokalsieg in die Runde. Die Freude über den ersten Titel mit seinen Wölfen ist mit Händen zu greifen, der Stolz auf den ersten Titel mit 50, auf seine Mannschaft und das tolle Team hinter seinen Spielern. Aber auch ein wenig die Verwunderung, den Gegner so klar bezwungen zu haben und ein ganz klein wenig das Bedauern, Jürgen Klopp den Abschied vermiest zu haben.

Deshalb setzt der Wolfsburger Trainer nach, "Jürgen" werde bestimmt bald wiederkommen und er freue sich schon darauf, wenn er wieder da sei und vielleicht bald wieder neben ihm am Spielfeld stehe. Und dann ergänzt er noch: Der ganze Rummel sei Jürgen Klopp am Ende zu viel gewesen. Man sollte mal wieder Normalmaß gelten lassen.

Wolfsburg-Trainer Dieter Hecking mit DFB-Pokal (Foto: picture alliance/dpa)
Wolfsburg-Trainer Dieter Hecking mit dem soeben gewonnenen DFB-PokalBild: picture-alliance/dpa

Der, um den es geht, hat zu dieser Zeit längst das Berliner Olympiastadion verlassen - nicht zur Pokalfeier, sondern nun eben zur Abschiedsfeier, wie Klopp beim Gehen bemerkt. Keine Frage, natürlich will er dabei sein.

Schwerer Abschied

Sein letztes Spiel als BVB-Trainer hat sich Jürgen Klopp anders vorgestellt. Er träumte laut von der Fahrt im LKW um den Borsigplatz in Dortmund nach dem Pokalsieg gemeinsam mit seinen Spielern und den vielen treuen BVB-Fans. Er hat sich weit aus dem Fenster gelehnt und immer wieder betont, wie er sich darauf freue. Es hat nicht geklappt. Drei gegnerische Tore in 15 Minuten machten trotz der frühen Führung in der fünften Minute den Dortmundern den Garaus. Daran änderten auch die Chancen danach nichts mehr.

Klopp war im gesamten Spiel kaum eine Regung anzusehen: Der charismatische Trainer ruderte nicht mit den Armen, sprang nicht im Dreieck, schimpfte nicht, brüllte nicht. Ganz ruhig stand er in seinem Viereck am Spielfeldrand. In den letzten zehn Minuten, als sich die Niederlage immer klarer abzeichnete, schob er seine Hände noch tiefer in seine Hosentaschen und trabte an der Trainerbank entlang. Hin und wieder zurück, viele Runden, das gelbe BVB-Cape tief ins Gesicht gezogen. Er war nicht mehr so richtig dabei, irgendwie entrückt, mit den Gedanken scheinbar schon weit weg. Oder einfach nur unendlich enttäuscht.

Viel Gefühl

Und so mussten die BVB-Fans im Stadion ihre Stimmen nach dem Schlusspfiff erst zu einem Orkan erheben, bis der Trainer seinen Namen hörte und langsam, ganz langsam in die Fankurve lief und applaudierte. Mehr nicht. In diesem Moment wollte er wohl nur für sich allein sein. Denn jetzt war der Abschied wirklich da. Unwiderruflich. Gefühle können grausam sein. Es war auch kein Trost, seinen Namen zu hören. "Abschiedsschmerz tut sehr weh", sagte ein sichtlich ergriffener Trainer - und fand bereits auch einen positiven Effekt der Pokalniederlage. Nun könne man die Latte nicht so hoch legen.

Fan mit Buchstaben BVB im Haar beim DFB-Pokalfinale (Foto: picture alliance/dpa)
Klopp konnte sich der Begeisterung der BVB-Fans bis zuletzt sicher seinBild: picture-alliance/dpa

Gemeint ist die Zeit mit seinem Nachfolger, dem neuen Trainer Thomas Tuchel. Bereits im Vorfeld hatte Jürgen Klopp immer wieder vor einem Vergleich gewarnt. Dadurch würden die großartigen Erinnerungen geschmälert und eine großartige Zukunft erschwert. Dass der BVB die hat, daran glaubt Klopp dank der guten Basis, der besonderen Fans, der Mannschaft, des Teams im Hintergrund und des neuen Trainers.

Quo vadis?

Und Klopp selbst? Viele gute Ratschläge hat er inzwischen bekommen, wie er die nächste Zeit verbringen sollte. Doch er wäre nicht Jürgen Klopp, wenn er nicht seinen ureigenen Weg gehen würde. Und daran lässt er im Moment niemanden teilhaben. Setzt er eine gewisse Zeit aus, um sich zu erholen? Kann das ein Mann, der nicht nur mit seiner Frau, sondern auch mit dem Fußball verheiratet ist, überhaupt? Oder taucht er demnächst vielleicht in England auf?

Klopp hat nicht nur national, sondern auch international einen guten Ruf. In seinen sieben Dortmunder Jahren hat er sich zu einem ganz großen Trainer entwickelt. Manchmal laut, manchmal zu frech - aber immer ein Kumpel. Einer, der sich gut zu verkaufen weiß. Lassen wir ihm ein wenig Ruhe und warten, wo und wann er wieder aufschlägt. Es wird nur eine Frage der Zeit sein.