Ein Großteil des Kongos hatte die Wahl
30. Dezember 2018Die Wahlen in der Demokratischen Republik Kongo wurden noch während der Stimmabgabe von Unregelmäßigkeiten überschattet. Wahlbeobachter der im Land einflussreichen katholischen Kirche berichten, dass 830 Wahllokale erst verspätet geöffnet wurden. Zudem seien 846 Wahllokale an "verbotenen Orten" errichtet worden, darunter waren "Militärcamps, Getränkeausschänken und Privatwohnungen". Ein erster Bericht listete 918 "Zwischenfälle" bei der Eröffnung der Stimmabgabe auf.
Auch sollten die Wahlcomputer in einigen Wahllokalen Probleme bereiten: Kirchliche Beobachter zählten 540 Wahlmaschinen im ganzen Land, die im Laufe des Wahltags den Geist aufgaben. In der südwestlichen Provinz Mai-Ndombe verwüsteten Wähler ein Büro der örtlichen Wahlkommission, nachdem die Wahlmaterialien ausgegangen waren.
Mindestens zwei Tote
Bis zum späten Nachmittag zählten kirchliche Beobachter knapp 200 Fälle von Gewalt. Weitere Proteste werden befürchtet. Zwei Menschen kamen demnach nach einem Streit über einen angeblichen Wahlbetrug ums Leben. Ein Polizeibeamter erschoss in der südlichen Provinz Kivu einen jungen Mann, der in eine Auseinandersetzung verwickelt war. Eine Menschenmenge, die die Tat beobachte, erschlug nach Aussagen von Augenzeugen daraufhin den Polizisten.
Im Bezirk Limete in der Hauptstadt Kinshasa, der als Oppositionshochburg gilt, versammelten sich Wähler zum spontanen Protest, nachdem ein Wahllokal nicht zur vorgesehenen Uhrzeit öffnete. Die Wählerlisten waren noch nicht da - später brachte der Chef der nationalen Wahlkommission Céni, Courneille Nangaa, sie persönlich vorbei.
Insgesamt durften rund 39 Millionen Bürger aus 21 Kandidaten einen neuen Präsidenten wählen. Erste Ergebnisse soll es in einigen Tagen geben. Nicht teilnehmen durften die 1,25 Millionen Wahlberechtigten dreier Provinzen, in denen die Regierung die Stimmabgabe auf März 2019 verlegt hat. Ihre Stimmen haben also keinen Einfluss auf die Vereidigung des neuen Präsidenten, die weiterhin am 18. Januar stattfinden soll. Offizielle Gründe der Verschiebung sind ein Ebola-Ausbruch und Terrorgefahr; Beobachter halten diese Erklärungen jedoch für unglaubwürdig und vermuten ein politisches Ziel hinter der Ausgrenzung der als Oppositionshochburgen geltenden Provinzen.
Ein Gefolgsmann Kabilas
So ging der Kabila-Getreue Emmanuel Ramazani Shadary als Favorit in die Wahl. Der bisherige Staatschef Joseph Kabila darf nach insgesamt 17 Herrschaftsjahren in nur zwei Amtszeiten nicht erneut antreten. Sein aktuelles Mandat endete bereits 2016, die Wahlen wurden aber immer wieder verschoben. Nicht wenige vermuten, dass er seinen früheren Innenminister Shadary nur als Statthalter einsetzen will. Kabila hat nicht ausgeschlossen, 2023 wieder selbst anzutreten. Am Wahltag gab sich Shadary gegenüber der DW siegessicher: "Ich habe bereits gewonnen. Sie haben meinen Wahlkampf gesehen und wie er gelaufen ist. Ich werde gewählt. Ab heute Abend bin ich der Präsident!"
Shadary darf nach diversen Menschenrechtsverletzungen nicht in die EU einreisen. Erst zwei Wochen vor der Wahl hat Brüssel seine Sanktionen um ein Jahr verlängert, Kongo wies darauf entrüstet den EU-Botschafter in Kinshasa aus.
Gute Umfragen für die Opposition
Die Opposition ist zerstritten und konnte sich nicht auf einen Gegenkandidaten einigen. Die besten Chancen werden Martin Fayulu und Felix Tshisekedi eingeräumt. Sie versprechen den Wählern eine Befriedung des Landes und Arbeitsplätze.
Immerhin: In der letzten Umfrage der Congo Research Group an der New York University vom Freitag lag Fayulu mit 47 Prozent vorne, gefolgt von Tshisekedi mit 24 Prozent, Shadary würde demnach 19 Prozent der Stimmen erhalten. Beobachter rechnen jedoch kaum damit, dass sich diese Prozentzahlen auch in einem Endergebnis niederschlagen.
Angst vor Wahlbetrug und Gewalt
Der Wahlkampf war bereits von Protesten gegen die Regierung überschattet, er wurde vielfach von Gewalt begleitet. Diplomaten und Wahlbeobachter rechnen damit, dass sich dies nach dem Urnengang fortsetzen könnte. Die Vereinten Nationen riefen alle Parteien dazu auf, Gewalt zu verhindern.
Lesen Sie dazu hier ein DW-Interview mit Joseph Kabila.
ehl/qu/fab (epd, dpa, afp, rtre)