Ein Luftwaffenstützpunkt in Trauer
26. August 2019"Ein schlichter Eichensarg verhüllt von einer Bundesdienstflagge, obenauf der Gefechtshelm des verunglückten Piloten." Würdevoll sei die Trauerfeier gewesen, heißt es auf der Homepage der Luftwaffe. Bei der nicht-öffentlichen Trauerfeier verabschiedeten sich rund 500 Soldaten auf dem Fliegerhorst Laage bei Rostock von ihrem verunglückten Kameraden. "Wir können es immer noch nicht fassen…den Tod eines so jungen Kameraden", hatte der oberste Chef der Luftwaffe, Ingo Gerhartz, bei der Trauerfeier am 9. Juli gesagt. Was war passiert?
Tödlicher Übungsflug
Am 24. Juni waren drei Jagdflieger gegen 13:40 Uhr vom Ausbildungsstandort Laage bei Rostock aufgestiegen. Sie sollten den Luftkampf über Mecklenburg-Vorpommern üben. Zwanzig Minuten später stoßen zwei der drei Maschinen zusammen. Die Piloten hatten versucht, sich mit ihren Schleudersitzen zu retten. Einem der Piloten gelingt das. Der andere Pilot kommt ums Leben. Er war ein Oberstleutnant mit rund 400 Stunden Flugerfahrung. Der 27-Jährige hatte gerade seine Grundausbildung in Spanien absolviert. Der andere Pilot ist einer der erfahrensten Fluglehrer der Luftwaffe mit rund 3500 Flugstunden. Er wurde bei der Landung mit dem Schleudersitz schwer verletzt.
Abgeheftete Erinnerungen
Mehr als zwei Monate sind seitdem vergangen. Im Casino der Jagdstaffel mit der selbstgebauten Theke, der Chill-out-Ecke und den grauen Bierkrügen an der Wand liegt ein Hefter. Die Aufschrift: "The Grand Bar-Opening Party, 9. September 2016". Der Hefter ist ein Art Sammelalbum: Fotos von der Eröffnung des Casinos, von Feiern und andere Erinnerungen der Soldaten. Dazu gehört auch der Crash. Wer etwas blättert in dem Hefter, stößt irgendwann auf die Seite mit dem Titel "Flugunfall 24.6.2019". Dort zu finden: Fotos des verunglückten Piloten. Ein fröhlicher junger Mann, spitzbübisch auf einem Schnappschuss und dann ernst im Kreise seiner Kameraden in voller Montur. Crew-Nr.123 P wurde nur 27 Jahre alt.
Auf den folgenden Seiten Beileidsschreiben unter anderen vom Major General, USA Office of the Commander Third Air Force, von Airbus, der Deutschen Flugsicherung, der Lufthansa, Facebook-Nachrichten und ein Beileidsschreiben des Bundestagsabgeordneten Peter Stein, der für die CDU den Landtagswahlkreis Rostock II vertritt: "Wir wissen, ob im Einsatz oder in Übungen und Manövern. Sie alle leisten einen bedeutsamen Dienst am Staat."
"Als würde ein Familienmitglied sterben"
An der Wand des Casinos hängt ein grau lackiertes Wrackteil einer MIG-29. Aufgeklebt ein schwarz-weiß Foto von Harald Leyh: 21.4.1962 bis 6.7.1998. Hauptmann Leyh ist bei einem Einsatz ums Leben gekommen. Vielleicht wird hier bald eine weitere Wrackteil-Gedenktafel aufgehängt; für den verunglückten Kampfjet-Piloten des Luftwaffengeschwaders "Steinhoff".
"Wir sind hier eine Familie und deshalb immer noch in tiefer Trauer", sagt sichtlich ergriffen Pattrick Reich, der drahtige Oberstleutnant, der die Staffel des verunglückten Piloten leitet. "Für uns war es, als würde ein Familienmitglied sterben. Wir müssen das erst mal bewältigen. Hier endete ein Lebenstraum tragisch."
Für Hauptmann Josef Kranawetvogl, der in der aufgeräumten, blitzblanken Eurofighter-Wartungshalle steht, wo gerade acht Flugzeuge für einen Auslandseinsatz vorbereitet werden, ist es schlicht der "Super-Gau". Kameraden hätten direkt nach dem Unfall mitgeholfen, Wrackteile der verunglückten Maschinen zusammenzusammeln: "Viele hier müssen das noch aufarbeiten."
Absturzursache ungeklärt
Die Flugschreiber sind ausgewertet, die Wrackteile aufgelesen, der Bericht des dritten Piloten, der das Geschehen aus seinem Flugzeug heraus beobachten konnte, ist längst aufgenommen. Doch zur Unglücksursache will nicht nur in Laage niemand etwas sagen. Auch der "Chef" der Luftwaffe, Ingo Gerhartz, gibt sich auf Nachfrage der Deutschen Welle schmallippig. Muss er wohl auch, weil nicht er die Ermittlungen führt, sondern die Staatsanwaltschaft und die Flugsicherheit. Ein technischer Defekt sei unwahrscheinlich, berichten mehrere Medien. Die wahrscheinlichste Ursache sei menschliches Versagen, ein Pilotenfehler.
Der Absturz der Eurofighter im Landkreis Mecklenburgischen Seenplatte war der erste Crash mit einem Eurofighter bei der Luftwaffe überhaupt - 15 Jahre nach Einführung des Kampfjets. Das Flugzeug gilt als extrem zuverlässig und leicht steuerbar.
Nur wenige Tage nach dem Unfall, wurden die Flugübungen von Laage aus wieder aufgenommen. Der Flugbetrieb läuft längst wieder ganz normal - nach außen zumindest. Denn in Gedanken sind viele bei dem Verstorbenen.