Löw muss gegen die Niederlande umbauen
5. September 2019So langsam werden Länderspiele, in denen es tatsächlich um etwas geht, gegen die Niederlande für das DFB-Team und seinen Bundestrainer zur Gewohnheit: zweimal in der Nations League im vergangenen Herbst, vor fünfeinhalb Monaten in der EM-Qualifikation, jetzt schon wieder. "Wir haben in den vergangenen Monaten dreimal gegen die Niederlande gespielt, mit allen Höhen und Tiefen, die es so gibt. Eines war immer klar zu sehen: Eine sehr hohe Intensität und ein sehr hohes Tempo", sagte Löw und stellte in der Nachbetrachtung der drei Partien, die erst eine bittere Niederlage (0:3), dann ein unglückliches Remis (2:2) und schließlich einen überraschenden Sieg (3:2) einbrachten, eine positive Entwicklung fest.
"In den letzten zwei, drei Monaten hat man aber auch gesehen, dass wir den Umbruch ganz gut hinbekommen haben", sagte der Bundestrainer. "Jetzt haben wir langsam gespürt, dass die Automatismen besser greifen und das Zusammenspiel besser wird."
Löw: "Serge Gnabry spielt bei mir immer"
Bei einer so jungen Mannschaft, wie Löw sie derzeit hat, sei es dabei von besonderer Bedeutung, dass man möglichst oft in gleicher Besetzung antrete - und da fangen im Hinblick auf das am Freitagabend anstehende EM-Qualifikationsspiel gegen die Niederlande (Anstoß 20:45 Uhr MESZ, ab 20:30 Uhr im DW-Audio-Livestream) die Probleme an. Neben Manchester Citys Flügelflitzer Leroy Sané und PSG-Profi Thilo Kehrer, die verletzt fehlen, fällt kurzfristig auch Bayern-Mittelfeldspieler Leon Goretzka wegen einer "kleinen Einblutung" im linken Oberschenkel aus.
Besonders der Verlust von Sané schmerzt. "Leroy hat sich nach der WM zu einem sehr wichtigen Spieler bei uns entwickelt, jetzt ist er leider verletzt", sagte Löw und dachte laut über mögliche Alternativen nach. "Julian Brandt macht im Training einen guten Eindruck, auch bei Dortmund. Und Timo Werner hat gerade fünf Bundesliga-Tore in drei Spielen erzielt, von daher habe ich mehrere Möglichkeiten."
Ob Brandt oder Werner von Anfang an spielt, will Löw erst nach dem Abschlusstraining entscheiden. Bei einem anderen Offensivspieler legte er sich dagegen schon fest: "Serge Gnabry spielt", sagte Löw und bekräftigte: "Serge Gnabry spielt bei mir immer!" Danach musste er über seine ungewohnt forsche Aussage selbst lachen, schließlich lässt er sich sonst im Vorfeld nur ungern Details zur Mannschaftsaufstellung entlocken.
Kroos: "Sind auf einem guten Weg"
Ebenfalls definitiv wieder dabei sein wird Toni Kroos. Der Mittelfeldspieler hatte sich nach einer enttäuschenden und kräftezehrenden Saison mit Real Madrid für die beiden letzten Länderspiele im Juni gegen Weißrussland und Estland eine Auszeit erbeten. "Manchmal ist man müder nach negativen Phasen", erklärte Kroos seinen Verzicht. "Im Sommer war es eine sehr gute Gelegenheit, nicht zu spielen. Jetzt mit dem Beginn des EM-Jahres will und muss ich voll konstant dabei sein."
Anders als die Aussortierten Mats Hummels, Thomas Müller und Jérôme Boateng, ist Kroos einer der wenigen Spieler aus der älteren Generation, die auch nach WM-Pleite und daraus resultierendem Umbruch noch in tragender Rolle dabei sind. Die Entwicklung der Mannschaft sieht auch er positiv. "Wir werden auch noch Rückschläge erleben, aber wir haben uns verbessert im Vergleich zur WM. Das war zwar nicht so schwer, aber ich sehe uns auf einem sehr guten Weg", sagte Kroos. "Für so viel Veränderung waren die letzten Spiele schon sehr gut."
Ein gutes Spiel soll bzw. muss es auch gegen die Niederlande geben. "Grundsätzlich erwarte ich ein interessantes Spiel", sagte Kroos. und lobte den Gegner: "Holland hat sich in den letzten zwei Jahren extrem verbessert, sie haben auf sehr hohem Niveau gespielt."
Noch nicht am Limit
Vor fünfeinhalb Monaten hatte das DFB-Team in den Niederlanden zum Auftakt der EM-Qualifikation noch überraschend gewonnen. Ob diese Heimniederlage gegen den großen Nachbarn das Oranje-Team beim erneuten Aufeinandertreffen besonders motiviert und anstachelt? "Zweimal verlieren wollen die auch nicht", hatte Julian Brandt am Rande des Trainings zum Rivalitätsgedanken mit Oranje gesagt. "Die Niederländer sind flexibel, variabel, schnell und abgezockt vor dem Tor. Da müssen wir aufpassen und hellwach sein. Es wird ein Duell auf Augenhöhe, das wir hoffentlich für uns entscheiden werden", betonte Kapitän Manuel Neuer.
Etwas forscher formulierte es nun Toni Kroos: "Wir sind noch nicht am Limit", kündigte er an. Beweisen müssen der Mittelfeldspieler und seine Teamkollegen das dann am Freitagabend auf dem Rasen.
Sie können das EM-Qualifikationsspiel der DFB-Mannschaft gegen die Niederlande im DW-Audio-Livestream in voller Länge mitverfolgen. Der Audio-Livestream startet am 6. September um 20:30 Uhr MESZ.