Endlich Frieden?
5. Dezember 2002In Sri Lanka ruhen die Waffen schon seit über einem Jahr, der offizielle Friedensschluss ist nun die Basis für eine langfristige Lösung. Die Aufbruchstimmung im Gebiet der Tamilen ist unverkennbar. Straßen und Wassertanks werden repariert, brach liegende Felder neu bestellt und die Ruinen der zerstörten Dörfer verwandeln sich langsam in neue Behausungen.
Der Bürgerkrieg begann in den frühen 1980er Jahren, als die buddhistischen Singhalesen versuchten, ihre Kultur, Sprache und Religion im gesamten Land durchzusetzen. Die an den Rand gedrängten hinduistischen Tamilen radikalisierten sich und kämpfen seitdem um einen eigenen Staat im Norden der Insel, wo sie die Mehrheit stellen.
Mindestens 70.000 Menschen - überwiegend tamilische Zivilisten - sind den Kämpfen zum Opfer gefallen. Zeitweilig waren über eine Million Menschen auf der Flucht.
Föderalismus heißt das Zauberwort
Tamilen und Singhalesen haben sich auf den einzig realistischen Kompromiss geeinigt: Die staatliche Einheit bleibt erhalten, während die LTTE im Norden die Verwaltung übernimmt. Die Regierung von Ministerpräsident Ranil Wickremesinghe hat sich in dem Punkt sehr viel konzessionsbereiter gezeigt als alle ihre Vorgänger. Zudem benötigt die LTTE ihre Unterstützung, denn allein kann sie den Anforderungen, die der Wiederaufbau stellt, nicht gerecht werden. Das haben ihre Vertreter schon während der Verhandlungen signalisiert. Zu diesem Zeitpunkt hatten sie allerdings noch eine vollständige Unabhängigkeit für die Tamilengebiete gefordert.
Ramu Sinnapa, stellvertretender Verwaltungschef der LTTE, hatte noch vor wenigen Wochen erklärt: "Wenn die Regierung zu einer Aussöhnung bereit ist und den Wiederaufbau übernimmt, dann sind wir bereit, diese Bemühungen zu unterstützen. Aber ich sehe diesbezüglich wenig Anstrengungen seitens der Regierung. Was wir jetzt benötigen ist die Unabhängigkeit. Darin sind sich alle Gemeinden einig. Allerdings können wir noch nicht einmal die wesentlichsten Dinge wie den Schulunterricht selbst organisieren, weil wir kein Geld dafür haben. Deshalb akzeptieren wir die Regierung im Bereich der Erziehung oder der medizinischen Versorgung. Sobald wir selbst über die nötigen Mittel verfügen, werden wir auch diese Bereiche übernehmen."
Der Friedensschluss ist eine Sache, die konkrete Umsetzung eine andere. Zweifel sind angebracht, ob die LTTE ernsthaft an einer Zivilgesellschaft interessiert ist. In einer demokratischen Gemeinschaft müßte sie nämlich ihren Anspruch aufgeben, allein für alle Tamilen zu sprechen. Solange der Krieg mit all seiner Brutalität geherrscht hat, standen die Tamilen hinter ihren Tigern - einer äußerst disziplinierten, kampfstarken, aber auch brutalen und hierarchischen Guerilla. Kritik an dem Kurs ihres Führers Vellupillai Prabakan war und ist lebensgefährlich.
Zivile Tugenden sind gefragt
Die Macht muss geteilt und Demokratie geübt werden. Damit tun sich die Tiger schwer. Prabakan macht aus seiner Vorliebe für ein Ein-Parteien-System keinen Hehl. Auch die Behauptung von Ramu Sinnapa, alle Gemeinden forderten die Unabhängigkeit, spiegelt die eigene Ideologie, nicht jedoch die Stimmung in vielen Dörfern wider.
Vielmehr entspricht die jetzige Regelung dem, was viele Tamilen seit langem erstrebt haben. Der katholische Priester Jelayaban Croos, selbst Tamile und mutiger Kritiker der Regierung, brachte es schon vor Wochen auf den Punk: "Persönlich würde ich eine vollständige Autonomie innerhalb eines Landes vorziehen. Wenn alle Probleme der Tamilen im Rahmen einer solchen Vereinbarung gelöst werden könnten, dann wäre das eine tragfähige Lösung. Eine Unabhängigkeit ist meines Erachtens sehr schmerzhaft für das tamilische Volk."