Das war nur der erste Schritt
16. Juli 2015Es klingt wie ein Lob für Griechenland. "Wir sind einen Schritt weiter", sagte Wolfgang Schäuble zur Entscheidung des Parlaments in Athen, das vergangene Nacht den Weg für ein drittes Hilfspaket geebnet hatte. Der Bundesfinanzminister schob im Deutschlandfunk aber sogleich nach: "Es sind schwierige Debatten in Griechenland". Schließlich habe die Bevölkerung in einem Referendum für das genaue Gegenteil von dem gestimmt, was das Parlament nun beschloss.
Und auch von einer alten Idee will Schäuble nicht lassen: Ein möglicherweise befristeter Grexit sei vielleicht der bessere Weg für das Land, sagte der CDU-Politiker und verwies auf den stetig steigenden Finanzbedarf des Landes, der in wenigen Wochen von 10 auf 80 Milliarden Euro gestiegen sei. "Niemand weiß, wie es ohne einen Schuldenschnitt gehen soll. Das ist die Situation."
In einer Telefonkonferenz berät die Eurogruppe nun über die nächsten Schritte. Mit Spannung wird zudem die Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) erwartet, ob sie die Nothilfen für Griechenland aufstockt, denn die Griechen können nur noch begrenzt an Bargeld kommen. Und in Helsinki hat der zuständige Parlamentsausschuss der finnischen Regierung ein Mandat für die künftigen Verhandlungen mit Griechenland erteilt. Finanzminister Alexander Stubb will sich noch nicht auf ein neues Rettungspaket festlegen. Besonders die Rechtspopulisten in der Regierung pochen auf eine harte Linie im Umgang mit Griechenland.
Wie geht es weiter mit Tsipras?
Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras steht trotz – oder gerade wegen – der erfolgreichen Abstimmung im Athener Parlament unter erheblich gestiegenem Druck. Die von den Gläubigern verlangten ersten Reformen und Einsparungen hatte er nur mit Hilfe der Opposition durchs Parlament bringen können. Seine Regierungsmehrheit ist damit verloren.
Die angenommenen Gesetze sehen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer vor, Zusatzabgaben für Freiberufler sowie für Besitzer von Luxusautos, Häusern und Jachten sowie einen nahezu vollständigen Stopp aller Frühverrentungen. Tausende Menschen hatten vor dem Parlament gegen die Maßnahmen demonstriert. Einige Radikale sorgten für Ausschreitungen.
229 von 300 Abgeordneten im Parlament stimmten für die Maßnahmen, 64 Parlamentarier votierten dagegen, sechs enthielten sich. 32 Abgeordnete der linken Regierungspartei Syriza votierten gegen das Gesetzespaket. Tsipras hatte unmittelbar vor der Abstimmung damit gedroht, sollte dies geschehen, werde er zurücktreten. Der Anführer des linken Flügels der Partei, Energieminister Panagiotis Lafazanis, der die Spargesetze bislang scharf kritisiert hatte, sagte Tsipras dennoch Unterstützung zu. "Wir werden gemeinsam weitermachen. Wir stützen die Regierung, sind aber gegen die Sparprogramme."
Die Zeit drängt – wie stets in dieser Krise
Der Chef des ESM-Rettungsschirms, Klaus Regling, rechnete im ARD-Fernsehen vor, dass der ESM von den insgesamt vorgesehenen bis zu 86 Milliarden Euro an Griechenland-Hilfen etwa 50 Milliarden übernehmen wird. Er verwies darauf, dass auch der Internationale Währungsfonds (IWF) sich daran beteiligen werde.
Bis Mitte August benötigt Griechenland rund zwölf Milliarden Euro, um laufende Rechnungen zu begleichen und fällige Kredite abzulösen. Schon am Montag muss Athen 3,5 Milliarden Euro an die EZB zahlen, beim IWF ist die Regierung ohnehin im Zahlungsrückstand.
rb/jj (deutschlandfunk, afp, ap, dpa, rtr)